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Murray, Paul

Murray, Paul

Titel: Murray, Paul Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Skippy stirbt (Teil 3)
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eine Geschichte von beiden
Seiten zu betrachten? Uns der Wahrheit anzunähern?«
    »Es ist Ihre Pflicht, das zu lehren, wofür man Sie
bezahlt! Und wenn es die Geschichte von >Vier gewinnt< ist, wenn es im
Lehrplan steht, dann bringen Sie es den Jungs bei, und zwar so, dass ihnen mit
viel Glück ein winziger Bruchteil davon im Hinterkopf bleibt, den sie bei den
Abschlussprüfungen zutage fördern und wiedergeben können!«
    »Ich verstehe, demnach spielt es also keine Rolle, ob ich
Lügen am Leben erhalte. Es spielt keine Rolle, dass Ihr Lehrplan vierzigtausend
Gefallene übergeht, darunter Ehemalige eben dieser Schule. Das ist für Sie eine
akzeptable Version der Geschichte, und eine Vertuschung ist passendes
Lehrmaterial für die Jungen -«
    »Eine Vertuschung?«, wiederholt der Automator ungläubig
und versprüht Speicheltröpfchen. »Eine Vertuschung?«
    »Ja, eine Vertuschung, etwas, über das immer noch niemand
sprechen will, obwohl es neunzig Jahre her ist -«
    »Herrgott noch mal, Howard.« Der Automator fährt sich mit
der Hand durchs Haar. »Es handelt sich hier nicht um eine gigantische
Verschwörung! Mich rufen doch keine Eltern an, weil sie sich Sorgen machen,
dass Sie der Wahrheit auf der Spur sind! Sie rufen mich an, weil einem
wirrköpfigen Lehrer die Sicherung durchgebrannt ist und er mit ihren Kindern
Reißaus genommen hat! Darüber machen sich die Leute Gedanken, Howard! Über die
Realität! Begreifen Sie das nicht? Warum hat mein Sohn keine besseren Noten?
Soll ich die neue Küche in Buche oder in gebeizter Kiefer bestellen? Wie sind
um diese Jahreszeit die Bedingungen fürs Golfen an der Algarve? Das hier - das
ist Vergangenheit, Howard.
Der Erste Weltkrieg, der Osteraufstand, ein Haufen Verrückter, die um sich
schießen und große Reden schwingen und Flaggen schwenken, das ist Vergangenheit! Und kein Mensch interessiert sich
dafür! Dass niemand darüber spricht, liegt daran, dass sich niemand dafür
interessiert!«
    »Man muss ihnen eben beibringen, sich dafür zu interessieren«,
murmelt Howard, dem Slatterys Satz wieder einfällt.
    »Ihnen beibringen, sich dafür zu interessieren?«,
wiederholt der Automator, als hätte er nicht richtig gehört. »Ihnen beibringen,
sich - Moment, meinen Sie etwa, mit uns verhält es sich so ähnlich wie im Club der toten Dichter! Meinen Sie, hier ist es auch so
wie bei den Toten Dichtern, wir sind
die böse, tyrannische Schule, und Sie sind, ach verflixt, der Typ, der Mork
vom Ork war, und der sich als Kindermädchen verkleidet hat -«
»Robin
Williams?«
    »Richtig, Sie sind dann also Robin Williams? Ist es so, Howard?
Denn wenn es so ist, dann möchte ich Sie etwas fragen: In wessen Interesse
handeln Sie, wenn Sie sechs Wochen auf etwas verwenden, das hier im Lehrbuch
genau eine Seite einnimmt? Tun Sie das wirklich für die Jungs? Oder für sich
selbst?«
    Diese Frage trifft Howard in seiner rechtschaffenen,
flammenden Empörung unvorbereitet.
    »Vielleicht haben Sie ja recht«, fährt der Automator fort,
»vielleicht wird in dem Buch tatsächlich ein Haufen Zeug ausgelassen. Und
vielleicht gräbt es irgendwann wer aus und macht einen Dokumentarfilm fürs
Fernsehen daraus, und dann gibt es Ausstellungen und Sonderbeilagen in den
Zeitungen, und landauf, landab wird darüber geredet. Aber wenn die Leute genug
darüber geredet haben, Howard, dann kehren sie zurück zu ihren Küchen oder
ihrem Golfurlaub, oder womit sonst sie vorher beschäftigt waren. Die
>Wahrheit<, wie Sie es genannt haben, ändert keinen Fitz. Aber das wissen
Sie, Sie sind ja nicht blöd. Eigentlich geht es Ihnen gar nicht um dieses
Geschichtsdingsbums. Nein, Sie wollen auf gewisse Weise Rache für die Sache
mit Juster nehmen, das ist es. Sie kreuzen hier auf und machen Anstalten, unser
geregeltes Leben in Seabrook aus dem Takt zu bringen, versuchen meinen Jungs
Flöhe ins Ohr zu setzen, verderblichen Einfluss auf ihre Gemüter auszuüben, aus
Schuldbewusstsein wegen dem, was Sie getan haben. Was Sie getan haben, Howard; Sie haben diesen Vertrag
unterschrieben, niemand hat Ihnen eine Pistole an die Schläfe gehalten. Ich
will Ihnen mal ein paar Dinge sagen, mein Guter.
    Ein paar Fakten, an denen nicht zu rütteln ist. Fakt
Nummer eins: Sie werden scheitern. Sie werden scheitern, Howard. Sie glauben
vielleicht, mit dem, was Sie wissen, hätten Sie uns in der Hand. Sie glauben,
Sie könnten Seabrook zu Fall bringen. Aber dem ist nicht so, denn wenn Sie auch
nur irgendetwas von Geschichte

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