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Murray,Paul

Murray,Paul

Titel: Murray,Paul Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Skippy stirbt (Teil 2)
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Herz
dringen. Aber in dem Geheimfach der Erinnerung, in dem das Frisbeemädchen
wartet, ist alles unverändert. Ihre Hände, ihr Haar, ihre Augen, ihre Stimme,
die ihr geheimes Lied singt - der Moment hebt dich hoch und wirbelt dich
hinein; du verlierst dich wieder in ihren liegenden Achten, und alles Reale
verblasst zu einem Traum.
     
    Die
Ferienwoche ist die längste, die Howard je erlebt hat. Noch nie ist ihm das
Haus so klein vorgekommen, so beengend - wie ein unterirdischer Bunker, in dem
ein Querschläger von den Wänden abprallt, Tag und Nacht, Stunde um Stunde.
Seine Zähne schmerzen vom leeren Lächeln, seine Muskeln pulsieren von der
Anstrengung, die sorgfältig arrangierte Lümmelhaltung auf dem Sofa
beizubehalten. Alltägliche Gespräche sind wie Feuerjonglieren, simpelste
Fragen von Halley - Ist keine Milch mehr da? - aktivieren ein mentales
Pandämonium; die panische Angst, keine Antwort zustande zu bringen, bevor die
Verzögerung allzu offensichtlich wird, lässt seine sämtlichen Synapsen glühen.
Am zweiten Tag spielt er mit dem Gedanken, sich ihr zu Füßen zu werfen und
alles zu beichten, nur um diesem strapaziösen Sturmangriff auf seine Nerven ein
Ende zu machen.
    Da tut
sich ein Fluchtweg auf. In der Absicht, den Automator tunlichst nicht noch
weiter zu verärgern, geht er am Montagmorgen in die Schulbibliothek und leiht
sich zwei Bücher über die Geschichte Seabrooks aus, zu Recherchezwecken für
seinen Beitrag zum Konzertprogramm. Beide stammen aus der Feder desselben
stilistisch minderbemittelten Paters und sind geradezu atemberaubend
langweilig, aber solange er darin liest, lässt Halley ihn in Ruhe. Zwei Tage
lang versinkt er glückselig in öden Details aus der Vergangenheit Seabrooks,
und als er damit durch ist, geht er erneut in die Bibliothek und fragt den für
sie zuständigen, von Schuppenflechte geplagten Pater, ob er noch mehr über die
Schule hat. Hat er nicht. Einen Moment lang ist Howard ratlos, dann kommt ihm
ein Geistesblitz. »Und über den Ersten Weltkrieg?«, fragt er.
    Siebzehn
Bücher sind über den Ersten Weltkrieg da. Howard leiht sie alle aus. Zu Hause
stapelt er sie um sich herum auf dem Wohnzimmertisch und liest darin mit
konzentrierter Bitte-nicht-stören-Miene. Er legt sich sogar eine Schachtel Kerzen
bereit, für den Fall, dass bei den Bauarbeiten am Technologiepark wieder ein
Stromkabel gekappt wird.
    »Du hängst
dich da ja richtig rein«, sagt Halley und betrachtet die Bücherstapel, die
düsteren Katastrophenumschläge.
    »Was tut
man nicht alles für die Kids«, antwortet er geistesabwesend, beugt sich über
die Seite und bringt eine imaginäre Unterstreichung an.
    Den Rest
der Woche verbringt er ausschließlich mit Lesen. Fachbücher und Räuberpistolen,
Elegisches und Unterhaltendes, Augenzeugenberichte und verstaubte
Gelehrtenabhandlungen - er liest alles, und auf jeder Seite sieht er dasselbe:
Aurelies vor ihm hingebreiteten Körper, ihren Mund, der seinem entgegenstrebt,
den entrückten Blick ihrer halb geschlossenen Augen.
    Er sehnt
sich danach, mit ihr zu reden. Es bringt ihn schier um, dass sie nicht da ist,
dass er sie nicht erreichen kann. Eines Abends erzählt er Farley schließlich,
was passiert ist, nur um ihren Namen aussprechen zu können, und selbst sein
karger telefonischer Bericht setzt ihn von Neuem unter Strom, mit einer seltsamen
Mischung aus Scham, Stolz und Scham über diesen Stolz. Doch Farley sieht die
Sache anders. Er klingt so ernst, als hätte Howard ihn von einer tödlichen
Krankheit in Kenntnis gesetzt.
    »Und was
willst du jetzt machen?«, fragt er.
    »Ich weiß
es nicht.«
    »Was ist
mit Halley?«
    »Ich weiß
es nicht.« Howard vermeidet es tunlichst, sich diese Fragen zu stellen. Warum
stellt Farley sie? »Ich glaube, ich bin in Aurelie verliebt.« Das wird ihm erst
bewusst, als er es ausspricht.
    »Das bist
du nicht, Howard. Du kennst sie doch kaum.«
    »Das
spielt doch keine Rolle.«
    »Das
spielt sehr wohl eine Rolle. Du bist seit dreieinhalb Jahren mit Halley
zusammen. Wenn du jetzt Mist baust, wirst du's später bereuen, das garantier
ich dir.«
    »Und was
soll ich deiner Meinung nach machen? So tun, als wär nichts gewesen? Meine
Gefühle einfach begraben? Ja?«
    »Ich sag
doch nur, was du sowieso schon weißt, nämlich dass die Sache mit Aurelie ein
Hirngespinst ist. Ein Hirngespinst, und das weißt du auch. Du hast deinen Spaß
gehabt, und jetzt solltest du's lassen. Du hast es Halley doch nicht

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