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Murray,Paul

Murray,Paul

Titel: Murray,Paul Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Skippy stirbt (Teil 2)
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erzählt,
oder?«
    »Nein.«
    »Okay,
dann tu's auch nicht. Nach meiner Erfahrung ist Ehrlichkeit in solchen Dingen
keineswegs die beste Strategie. Warte einfach ab, bis du klarer siehst. Und
wenn sie fragt, leugne alles.«
    Howard
wird wütend. Wie viele Hirngespinste hat er sich im Lauf der Jahre von Farley
angehört? Wie oft hat Farley ihm die Ohren vollgequatscht von der neuen
Bedienung im Schnellimbiss, der neuen Apothekenhelferin, dem Mädchen mit dem
Wahnsinnsbusen im Internetcafe - alle, ob erobert oder (meist) nicht, zwei
Wochen später komplett vergessen. Wie kommt er dazu, ihm Moralpredigten zu
halten? Wie kommt er dazu, hier zu bestimmen, was real ist und was nicht? Ihm,
Howard, zu erzählen, was er empfindet und was nicht? Nur weil er gern Freunde
hat, die ein geordnetes Leben fuhren, weil er sich gern in einem schönen Haus
aufhält, wo er ein schönes Essen vorgesetzt bekommt und seine wilden
Geschichten erzählen kann, wo er einen Abend lang Stabilität und Regelmäßigkeit
genießen kann, ohne sich je selbst der damit verbundenen Plackerei aussetzen zu
müssen, den zahllosen Einschränkungen -
    Später
aber, als die erste Wut verraucht ist, muss Howard sich eingestehen, dass
Farley vielleicht nicht ganz unrecht hat. Ja, Miss Mclntyre ist eine Schönheit,
ja, was im Geografieraum passiert ist, war berauschend. Aber hat es denn
irgendetwas bedeutet?
    Er sitzt
wieder mit seinen Büchern auf dem Sofa; am anderen Ende des Zimmers tippt
Halley in ihren Computer, die Schulter in Zigarettenrauch gehüllt - eine
geisterhafte Vertraute.
    Menschen
machen verrückte Dinge, das hat Aurelie selbst gesagt. Sie handeln
willkürlich, um ihre Grenzen zu erproben, um sich frei zu fühlen. Doch solche
Momente tragen ihren Sinn ausschließlich in sich selbst. Sie haben im Grunde
nichts damit zu tun, wer man ist; sie sind nicht das Leben. Leben ist, wenn man nichts
Willkürliches tut, um sich frei zu fühlen. Das hier ist Leben, dieses Wohnzimmer, die
Möbel und das ganze Drumherum, das sie ausgesucht und mit langen Arbeitsstunden
bezahlt haben, die kleinen Extravaganzen, die ihr Budget ihnen erlaubt.
    »Du siehst
aus, als seist du tief in Gedanken versunken«, sagt Halley an ihrem
Schreibtisch.
    »Ich muss
da nur was klarkriegen.«
    Sie steht
auf. »Ich mach mir einen Smoothie, willst du auch einen?«
    »Ja, war super,
danke.«
    Ein Leben
und ein Ort, an dem man es leben kann, auf der einen Seite, eine kurz
auflodernde Leidenschaft auf der anderen - einem erwachsenen Mann sollte da die
Wahl nicht schwerfallen. Howard ist überzeugt, jetzt auf dem richtigen Weg zu
sein, und um sich das zweifelsfrei zu beweisen, geht er die Sache mathematisch
an und stellt im Kopf eine komplizierte Gleichung auf. Auf die eine Seite kommt
seine Beziehung zu Halley unter Berücksichtigung so vieler Faktoren wie
möglich: sein einsames Leben, bevor er sie kennengelernt hat, die Opfer, die
sie für ihn gebracht hat, der Umstand, dass sie miteinander einigermaßen
glücklich sind, sowie abstraktere Dinge wie Loyalität, Ehrlichkeit, Vertrauen,
was es heißt, ein guter Mensch zu sein. Auf die andere Seite -
    Auf die
andere Seite kommen Miss Mclntyres Mund, ihre Augen, ihre Fingernägel in
seinem Rücken.
    Halley
ruft ihm aus der Küche eine Frage zu. »Bitte?«, ruft er heiser zurück.
    »Bist du
in Heidelbeerstimmung oder eher in Ananasstimmung?«
    »Ach -
mach's, wie du möchtest.« Seine Stimme, gezwungen hoch und jugendlich, mischt
sich mit dem Heulen des Mixers.
    Wie sie
lasziv an der Tür des Geografieraums lehnte und sagte: Sich zu langweilen, das ist wirklich ein Verbrechen.
    Howard
langweilt sich so.
    Howard
langweilt sich mit sich selbst und mit allem, was zu ihm dazugehört. Halley
macht er nicht dafür verantwortlich; Langeweile ist Feiglingen angeboren wie
dünnes Blut der russischen Zarenfamilie. Tatsache ist aber, dass er sich im
Geografieraum nicht gelangweilt hat. Im Geografieraum, als er dort im Dunkeln
lag, war ihm, als würde er aus einem unendlich langen Schlaf erwachen.
    »Hier,
bitte.« Halley reicht ihm ein großes kaltes Glas und fährt ihm durchs Haar, ehe
sie an ihren Computer zurückkehrt.
    »Ah -
danke ...« Vielleicht ist es das Beste, er wartet erst einmal ab. Bis die
Schule wieder anfängt und er die Lage sondieren kann, sollte er vielleicht
Farleys Rat befolgen. Kein Risiko eingehen und Halley - verstohlen,
unmerklich, mittels eines kunstvollen Gewebes aus Missverständnissen und
falsch gewählten Zeitpunkten -

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