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Murray,Paul

Murray,Paul

Titel: Murray,Paul Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Skippy stirbt (Teil 2)
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Schülern zu. »Zum Osteraufstand kommen wir zu
gegebener Zeit«, sagt er. »Der Lehrplan ist kein ehernes Gesetz. Und außerdem,
Muiris, ist der Krieg auch irische Geschichte. Mal abgesehen davon, dass der
Aufstand eine Folge des Ersten Weltkrieges war, haben auch viele Iren
aufseiten der Alliierten gekämpft, an der Westfront und anderswo.«
    »Äh, laut Lehrbuch nicht, Sir«, sagt Jeekers. Sein
sorgfältig laminiertes Buch liegt bei der Seite mit der Aufstellung der
Gefallenen aufgeschlagen vor ihm.
    »In dem Fall irrt das Buch«, erwidert Howard.
    »Ja. Mein Urgroßvater war als Soldat im Krieg«, sagt
Daniel Juster.
    »Na bitte.« Howard wendet sich wieder Muiris zu.
»Bestimmt haben viele von euch Verwandte, die als Soldaten im Krieg waren, ihr
wisst nur nichts davon. Und die anderen waren auch davon betroffen. Der Krieg
hat alles verändert; es lohnt sich also, etwas mehr Zeit darauf zu verwenden.«
Und außerdem - das sagt er Muiris natürlich nicht, und er gesteht es sich auch
selbst kaum ein - ist es, als würde der Krieg, wenn er und die Klasse sich intensiv
damit befassen, eine Verbindung zu Miss Mclntyre aufrechterhalten.
    Nach dem Unterricht passen ihn Ruprecht Van Doren und
Geoff Sproke ab.
    »Ja, meine Herren?«
    Die beiden verständigen sich mit einem kurzen Blick
darauf, wer reden soll, dann sagt Ruprecht vorsichtig: »Wir wollten Sie mal
fragen, ob Sie was über die Geschichte von Seabrook wissen - die ältere
Geschichte.«
    »Die graue Vorzeit«, schaltet sich Geoff Sproke ein.
    »Kommt drauf an«, antwortet Howard. »Was genau meint
ihr mit grauer Vorzeit?«
    Ruprecht überlegt einen Moment, dann sagt er, wieder
etwas zögernd: »Die Zeit, als so eine Art Göttin die Welt regiert hat.«
    »Und diese Grabhügel entstanden sind«, platzt Geoff
heraus, bevor ihn ein Blick von Ruprecht zum Schweigen bringt.
    »Hmm.« Howard streicht sich übers Kinn. »Das klingt
nach vorchristlichen Zeiten. Nicht direkt mein Gebiet, Jungs, tut mir leid.
Aber worum geht's denn eigentlich?«
    »Ach, war nur so«, sagt Ruprecht vage.
    »Es hätte uns bloß interessiert, mehr über den Ort zu
erfahren, auf dem unsere Schule erbaut worden ist«, fügt Geoff in einem
Geistesblitz an.
    »Ich höre mich um«, sagt Howard. »Und wenn ich etwas herausfinde,
lasse ich es euch wissen.«
    »Danke, Mr. Fallon.« Sie entfernen sich eilig und
stecken die Köpfe zusammen. Die nebulösen Gedankengänge von Vierzehnjährigen -
Howard lächelt vor sich hin und geht weiter.
    Als er die Tür zum Lehrerzimmer öffnet, schlägt ihm ein
ungewöhnlicher Tumult entgegen. Kollegen stehen dicht gedrängt in der Mitte
des Raums, alle reden wild durcheinander und scheinen, höchst untypisch, in
Hochstimmung zu sein. Vom Rand der Schar dreht sich Miss Noakes, die
Schulsekretärin, zu Howard um. »Er ist wieder da!«, sagt sie und strahlt ihn
an, als stünde sie unter dem Einfluss einer Wunderdroge. Was ihre Worte
bedeuten sollen, ist Howard nicht klar, aber ihm wird mulmig. Sein Lächeln
welkt dahin wie eine vernachlässigte Topfpflanze; er quetscht sich durch den
Wust von Leibern und entdeckt im Zentrum des Geschehens, auf dem Sofa
thronend, Finian Ö Dälaigh, den Geografielehrer.
    »Nicht zu fest!«, ruft er scherzhaft den Kollegen zu,
die ihm auf die Schulter klopfen. »Ich hab noch Fäden drin!« In der Hand hält
er ein Schraubglas mit einem annähernd runden, grauen Gegenstand etwa von der
Größe eines Golfballs darin, bei dem es sich, wie Howard von einem Hintermann
erfährt, um Finians Gallenstein handelt.
    »Howard!« O Dälaigh hat ihn entdeckt; er tritt vor und
pappt sich hastig das Lächeln wieder ins Gesicht. »Was halten Sie davon,
Howard?« Ö Dälaigh wedelt ihm mit dem Glas vor der Nase herum. »Der Arzt hat
gesagt, so ein Riesending hätte er noch nie gesehen.«
    »Tatsächlich ...«, haucht Howard kraftlos.
    »Ja, und der Gallenstein war auch ganz schön groß, hat
er noch gesagt!« Die versammelte Mannschaft lacht pflichtschuldig, obwohl das
Witzchen hier nun schon zum vierten oder fünften Mal zu Gehör kommt.
    »Fantastisch«, sagt Howard durch zusammengebissene
Zähne und eine immer dichter werdende Watteschicht hindurch. »Also ... heißt
das, wir dürfen Sie bald wieder in unserem Kreis zurückerwarten? Mit welcher
Zeitspanne rechnen Sie bis zu Ihrer endgültigen Genesung?«
    »Genesung, papperlapapp«, verkündet Ö Dälaigh mit einem
dumpfen Schlag auf seinen Brustkorb. »Ich gehe vor Langeweile ein, wenn ich
noch

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