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Murray,Paul

Murray,Paul

Titel: Murray,Paul Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Skippy stirbt (Teil 2)
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mit
hundertprozentiger Entschlossenheit und in unerschütterlichem Glauben an sich
selbst. Deshalb wählen die Tiere Jahr um Jahr, wenn sie sich versammeln, um
ihren König zu krönen, immer den Löwen. Weil es diese Werte sind, die einen
Anführer auszeichnen, nicht die Frage, wie gut jemand Mark aus einem Baumstumpf
saugen oder sich nachts per Echoortung fortbewegen kann. Desmond Furlong war
eben solch ein Löwe.« Er schweigt einen Moment. »Was meinen Sie, Howard? Zu
dick aufgetragen?«
    Trotz größter Anstrengungen bringt Howard nur ein
stieres Glotzen zustande, wie ein Mann in einer Glasglocke.
    »Recht haben Sie - Trudy, streich den Teil mit dem
Löwen, das ist zu viel.« Trudy macht sich pflichteifrig mit einem roten Stift
über den Ausdruck auf ihrem Schreibtisch her. »Aber eins sage ich Ihnen, Howard,
was auch noch geschehen mag, das Gedenkkonzert für Pater Desmond Furlong wird
haargenau die Verabschiedung sein, die der alte Herr verdient hat. Das Casting
ist für übermorgen angesetzt, aber die meisten Programmpunkte haben wir
natürlich schon bei der Vorauswahl festgelegt.«
    Howard ist verwirrt. »Ist das ein anderes Konzert als
das zum hundertvierzigsten ...?«
    »Nein, Howard, ein und dasselbe, nur dass es jetzt
insofern doppeltes Gewicht hat, als es nicht nur ein bedeutsames Jubiläum in
der Geschichte unserer Schule hervorhebt, sondern auch anlässlich von Furlongs
Ableben an eine ihrer führenden Persönlichkeiten erinnert. Gedenkkonzert für
Pater Desmond Furlong, das klingt doch nach was, oder? Verleiht dem Ganzen das
zusätzliche Gran Würde.«
    »Aber er ist ja eigentlich noch nicht tot«, wendet
Howard so subtil wie möglich ein.
    »Nein, ist er nicht. Ha, ich sag's Ihnen, die Arzte
sind gewaltig auf dem Holzweg, wenn sie glauben, sie hätten es hier mit einem
Mimöschen zu tun.«
    »Das heißt, wenn der Termin für das Konzert gekommen
ist... könnte es sein, dass er dann noch ...«
    »Tja, in dem Fall hätten wir umso mehr Grund zum
Feiern, oder? Bedauerlicherweise sieht es aber absolut nicht danach aus,
Howard, ganz und gar nicht, leider, wenn man den jüngsten Prognosen Glauben
schenken will. Armer Kerl, in dem Stadium kann ihn nur noch ein Wunder retten.
Da fällt mir ein, wie weit sind Sie denn mit den Beiträgen zum Programmheft?
Des Guten fast zu viel, was man da in den Schuldokumenten alles findet, hm?«
    »Oh - allerdings«, sagt Howard im Gedanken an das leere
Notizheft unter seinen Bibliotheksbüchern zu Hause. »Ja, es nimmt zunehmend
Gestalt an ...«
    »Hervorragend, Howard, wusste doch, dass ich auf Sie
zählen kann. Nun aber, wollten Sie nicht eigentlich etwas fragen?«
    »Oh, ja ... ich hatte mir überlegt, mit meinen
Achtklässlern ins Museum zu gehen ...«
    »Ach so?« Der Automator wendet sich wieder dem Fenster
zu und schiebt die Lamellen der Jalousie auseinander. »Ein Klassenausflug,
wie?«
    »Ja, wir nehmen im Augenblick den Ersten Weltkrieg
durch, und ich denke schon seit geraumer Zeit, es wäre nicht schlecht, wenn die
Jungs mal ein paar von den Uniformen und Gewehren und so weiter zu Gesicht
bekämen. Im Lehrbuch kommt das alles praktisch nicht vor, verstehen Sie, und so
könnte man es ein bisschen anschaulicher gestalten, statt immer nur tote
Fakten auf Papier ...«
    »Es kommt im Lehrbuch nicht vor?«
    »So gut wie gar nicht, nein. Schwer zu glauben, ich
weiß, aber Tatsache ist, der ganze Krieg wird dort auf einer halben Seite abgehandelt
und Irlands Beteiligung mit keinem Wort erwähnt. Mit so einer Exkursion könnte
man die Jungs auf einer persönlichen Ebene ansprechen, ihnen vor Augen fuhren,
was ihre Altersgenossen vor neunzig Jahren erlebt haben - ich bin mir ziemlich
sicher, dass auch Schüler aus Seabrook an der Front waren, wir könnten
vielleicht sog-«
    »Jajaja«, fährt der Automator mit leicht abschätzigem
Unterton dazwischen. »Ich muss sagen, Howard, bei Abweichungen vom Lehrbuch läuten
unweigerlich die Alarmglocken in meinem Kopf. Die toten Fakten auf Papier, wie Sie sie nennen, sind exakt das, was Ihre Schüler im
kommenden Jahr bei der Prüfung wiedergeben müssen. Die Jungs auf einer
persönlichen Ebene anzusprechen ist schön und gut, aber Ihre vorrangige
Aufgabe lautet, ihnen um jeden Preis die Fakten vom Papier weg ins Hirn einzutrichtern.
Und sie nicht mit einem Haufen neuer Fakten in heillose Verwirrung zu
stürzen.«
    »Meinem Gefühl nach könnten sie davon enorm
profitieren, Greg -«
    »Natürlich, völlig verständlich, aber wo

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