Murray,Paul
lange kann denn das dauern, sich den Eiter aus den
Ohren ziehen zu lassen?«
»Er müsste in ein paar Tagen wieder da sein, Greg«,
sagt Trudy.
»Sobald er auftaucht, soll er sich zuallererst Juster
vornehmen.« Er dreht sich zu seinem Untergebenen um, starrt düster in das Dämmerlicht
und klopft ihm auf die Schulter. »Tut mir leid, Howard. Sehe da keine Chance.
Trotzdem, ich weiß Ihre Initiative zu schätzen. Vielleicht findet sich ja beim
nächsten Mal eine Möglichkeit. Aber unterdessen wollen wir nicht weiter am
Lehrbuch herumkritteln, ja? Das Lehrbuch ist auf Ihrer Seite. Es ist wie eine
Landkarte. Weichen Sie davon ab, nehmen Sie eine falsche Abzweigung, und schon
fallen Sie den Rothäuten in die Hände. Die Jungs wittern das auf der Stelle
und machen Sie fertig, Howard. Sie machen Sie fertig.« Er versetzt ihm zur
Aufmunterung einen kräftigen Klaps auf den Arm. »Na, nun aber ab nach Hause mit
Ihnen, hm? Das kleine Frauchen fragt sich bestimmt schon, wo Sie bleiben.«
Howard ist dermaßen demoralisiert, dass er um ein Haar
gegangen wäre, ohne die Frage zu stellen, deretwegen er eigentlich gekommen
ist. Erst in der Tür fällt es ihm ein. »Finian Ö Dälaigh ist wieder da«, sagt
er, um einen nonchalanten Tonfall bemüht.
Der Automator wendet sich von dem immer noch hellen
Fenster ab. »Allerdings. Haben Sie den Wackerstein gesehen, den sie aus ihm
rausgeholt haben? Der Arzt hat gesagt, er hätte noch nie so ein Riesending
gesehen. Aber ich sag Ihnen was. Nicht mal eine Kanonenkugel im Bauch würde
Finian Ö Dälaigh von der Tafel fernhalten. Er ist durch und durch ein
Seabrook-Mann.«
Howard wiegt in stummer Bewunderung den Kopf und sagt
dann, als sei ihm der Gedanke gerade erst gekommen: »Dann wird Aurelie Mclntyre
wohl noch vor Weihnachten wiederkommen, oder ...?«
»Hab bisher nicht mit ihr darüber gesprochen, Howard,
sie ist immer noch in Urlaub, soviel ich weiß. Die Geschichte bei der
Tanzveranstaltung scheint sie reichlich mitgenommen zu haben. Sie hat mich
gebeten, ihre Ferien verlängern zu dürfen. Ich habe eingewilligt. War bloß
froh, dass sie uns nicht wegen Traumatisierung verklagt hat.«
»Sie ist also noch immer verreist?« Howard stürzt sich
förmlich auf diesen unerwarteten Rettungsanker.
»Denke schon, ja. Offenbar hat ihr Verlobter sie überraschend
auf eine Kreuzfahrt entführt. Als sie mich anrief, liefen sie gerade die
Seychellen an.«
Lautlos zerbröselt das Universum rings um Howard. »Ihr
Verlobter?«, wiederholt er so leise, dass er es selbst kaum hören kann.
»Ja, er hatte ihr erst am Abend zuvor die große Frage
gestellt. Klingt ganz schön dramatisch. Bei so einer Frau macht man sich besser
drauf gefasst, ordentlich was springen zu lassen.« Er gluckst vor sich hin.
»Nicht dass ihm das schwerfallen würde, was man so hört. Sie kennen ihn,
Howard? War in Clongowes auf dem College, hat damals in ihrem Cupteam
mitgespielt. Arbeitet als Unternehmensberater bei Accenture, ist recht
erfolgreich, ein, zwei Jahre jünger als Sie?«
»Nein, ich bin ihm noch nicht begegnet.« Howards zu
Staub zerfallene Träume wirbeln um ihn her, verstopfen ihm die Kehle.
»Na jedenfalls, wo jetzt Finian wieder da ist, wird sie
hier eigentlich nicht mehr gebraucht«, fährt der Automator irgendwo in weiter
Ferne fort. »Möglich, dass sie trotzdem wiederkommt, hier und da ein paar
Stunden aushilft, Wahlkurse, Umweltprojekte, so was. Wahrscheinlicher ist, dass
sie ins Bankgeschäft zurückgeht, darauf würde ich setzen. Darauf setzen wohl
die meisten, nicht wahr?« Er schüttelt den Kopf. »Aber Mannomann. Was für ein
Gallenstein. Versuchen Sie mal zu unterrichten, wenn so was in Ihrem Bauch
herumrattert, Howard. Aber er hat eisern weiter Dienst getan. Ich musste ihn
praktisch fesseln, um ihn ins Krankenhaus zu kriegen ...«
Howard verlässt das Büro mit kleinen, gequälten
Schritten, als sei er derjenige, der frisch aus der Intensivstation kommt, mit
einer tiefen Wunde in der Seite.
»Und, was ist so geplant für euer Date, Skippy?«
»Ich weiß nicht... vielleicht eine Zeit lang Frisbee
spielen, bevor es dunkel wird? Und dann eine DVD gucken oder so?«
»Das ist die falsche Antwort«, sagt Mario streng. »Es
gibt nur einen Grund, warum du in das Haus da gehst, und zwar vollen Sex mit
einem Mädchen. Glaubst du vielleicht, die italienische Nationalmannschaft hätte
sich 1982 auf ihrem Weg zum WM-Sieg damit aufgehalten, Frisbee zu spielen? Meinst
du, Einstein hätte
Weitere Kostenlose Bücher