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Murray,Paul

Murray,Paul

Titel: Murray,Paul Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Skippy stirbt (Teil 2)
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führt das hin?
Wimmelt doch bloß so von Fakten um uns her, Howard, Geschichtliches ohne
Ende. Wollte man das alles in einem Buch unterbringen, hätte es das Format von
einer Lagerhalle, und man brauchte tausend Jahre, um es zu lesen, wobei bis
dahin natürlich weitere tausend Jahre Geschichte zu berücksichtigen wären.
Solange die Wissenschaftler nicht zuallererst mal einen Supercomputer erfinden,
der das Ganze auf einen einzigen Chip pressen und die Informationen irgendwie
direkt in unser Hirn runterladen kann, müssen wir uns notwendigerweise auf
bestimmte Bereiche konzentrieren, verstehen Sie, worauf ich abziele?«
    »Es wäre ja keine ganztägige Exkursion«, gibt Howard zu
bedenken. »Wenn wir um die Mittagszeit aufbrechen, sind wir bis vier wieder
da.«
    »Zwischen zwölf und vier kann Einiges passieren«,
verkündet der Automator finster. »Wenn ich nur an das letzte Mal denke, als ich
Ihnen die alleinige Aufsicht über eine Schar Achtklässler überlassen habe.
Eine derartige Szene sähe ich ungern eins zu eins auf den Straßen unserer
Hauptstadt.«
    Obwohl er die Exkursion nur vorgeschoben hat, um sich
beim Automator nach dem Verbleib von Aurelie zu erkundigen, schwillt Howard der
Kamm. »Ich glaube, Sie sind da nicht ganz fair, Greg«, würgt er um einen
letzten Rest von Höflichkeit bemüht heraus. »Das war ein Ausrutscher. An den
Jungs ist nichts auszusetzen, und ich habe grundsätzlich ein gutes Verhältnis
zu ihnen.«
    »Mhm.« Die nächste Frage wird in die Dämmerung hinein
gestellt. »Dieser Slippy, oder wie das Bürschchen heißt, der ist bei Ihnen in
der Achten, oder?«
    »Daniel Juster?«
    »Ja genau - wie macht er sich denn so in letzter Zeit?«
    »Mustergültig. Ich habe nicht die geringsten Probleme
mit ihm.«
    »Das denke ich mir«, sagt der Automator mit samtweicher
Stimme und späht durch die Jalousie wie ein Raubtier in Erwartung der Beute,
die ihm in die Falle geht.
    »Im Ernst, ich glaube, Sie haben einen völlig falschen
Eindruck von ihm, Greg. Er ist sehr, sehr helle. Ein bisschen schüchtern
vielleicht, mehr nicht.«
    »Mm.« Der Automator klingt nicht überzeugt. »Howard,
kommen Sie mal kurz her? Würde Ihnen gern was zeigen.«
    Howard erhebt sich folgsam von seinem Stuhl, und Trudy
springt beiseite, damit er sich neben seinen kommissarischen Direktor ans
Fenster stellen kann. Der schmale Spalt zwischen den beiden Lamellen bietet
Ausblick auf den Hof, der im Dämmerlicht liegt, verlassen bis auf ein paar
Autos und, wie Howard bei genauerem Hinsehen feststellt, eine einzelne,
schmächtige Gestalt, einen Jungen, der mutterseelenallein im Schatten steht,
Pulli und Hose im gleichen Grau, das ihn fast mit dem einförmigen Hintergrund
verschmelzen lässt; doch nun dreht er, vor Howards Augen, den Oberkörper zur
Seite, lässt ihn dann wie eine Sprungfeder vorschnellen und zugleich etwas aus
seiner Hand in die Luft fliegen, was alsbald eiernd zu Boden geht und mit einem
hässlichen Schrappen zum Stillstand kommt - ein Geräusch, das Howard
unterbewusst schon eine ganze Weile wahrgenommen hat, wie ihm erst jetzt klar
wird.
    »Wissen Sie, wer das ist, Howard?«
    »Schwer zu sagen«, weicht Howard aus.
    »Das ist Juster, Howard. Er ist schon seit einer halben
Stunde da draußen.« Sie sehen zu, wie der Junge dorthin trottet, wo der
Gegenstand gelandet ist, und ihn in die Richtung zurückwirft, aus der er
gekommen ist. Diesmal ergeht es dem Ding noch schlechter, es dreht nach rechts
ab und rollt in die Büsche, was der einsamen Figur auf dem Hof einen
vernehmlichen Schreckenslaut entlockt.
    »Irgendeine Ahnung, was er da tut?«
    »Sieht aus, als spiele er Frisbee.«
    »Er spielt Frisbee mit sich selbst, Howard. Er spielt Frisbee mit sich selbst, im Dunkeln. Haben Sie jemals
im Dunkeln mit sich selbst Frisbee gespielt?«
    »Es sieht ganz danach aus, als brauchte er Übung.«
    »Howard, Ihnen kommt das vielleicht wie ein großer Witz
vor. Aber, Herrgott noch mal, Sie können doch nicht hier aus dem Fenster gucken
und mir erzählen, das sei normales Verhalten. Ich kriege ja schon beim
Zuschauen Gänsehaut. Und da sagen Sie, Sie wollen ihn frei in der Stadt
herumlaufen lassen? Großer Gott, wer weiß, was er da Verrücktes anstellt.« Er
wendet sich wieder zum Fenster. »Sehen Sie sich das an, Howard. Er hat
irgendwas vor. Aber was? Was geht in diesem Kopf vor?« Bei dem Stichwort fällt
ihm etwas ein - »Trudy, sollte Al Foley das Bürschchen nicht psychologisch
durchleuchten? Verdammt, wie

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