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Museumsschiff (Gaugamela Trilogie) (German Edition)

Museumsschiff (Gaugamela Trilogie) (German Edition)

Titel: Museumsschiff (Gaugamela Trilogie) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias Falke
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Während sie an der Stelle unserer Nachtwache stehen blieb, zog es mich noch ein paar Schritte weiter ins Freie. Ich wollte mir einen Überblick verschaffen. Gleichzeitig war das Verlangen, ein paar Atemzüge frische Luft zu bekommen, übermächtig.
    »Was machst du denn?«, zischte Jennifer hinter mir.
    Ich schob mich millimeterweise nach vorne. Einzelne Steine, die ich lostrat, rollten prasselnd in die Tiefe. Ich stand an einem steilen, geröllübersäten Abhang, der vor meinen Füßen steil in die Ebene abfiel. Wie ein Süchtiger den Rauch seiner Qat-Zigarette inhalierte ich die eisige Nachtluft. Der Kopfschmerz und die Benommenheit verflogen. Zu meiner Bestürzung dauerte das Dröhnen jedoch an. Ich dachte an ein Erdbeben und sah mich irritiert um, konnte aber weder in der blauen Landschaft noch am kalt glitzernden Himmel etwas entdecken.
    »Da ist ja gar nichts«, flüsterte ich.
    Jennifer stand im Höhleneingang. Ein silberschimmernder langgliedriger Geist. Sie gestikulierte wild und winkte mich in den Schutz der Höhle zurück. »Schscht!«
    Ich zog mich zurück, während ein Frösteln mich überkam. Irgendetwas ging vor. Eine gewaltige Macht baute sich auf. Im Osten zeichnete sich ein perlmuttfarbener Lichtschein ab. Jennifer packte mich am Arm und zog mich in das Dunkel zurück.
    »Bist du wahnsinnig?«
    Ich legte den Finger auf die Lippen und lauschte. Inzwischen war ich sicher, dass das tiefe Grollen nicht aus dem Planeteninneren, sondern aus dem Himmel kam. Aber es war nichts zu sehen. Und dann, gewaltiger und furchteinflößender als alles, was ich jemals gesehen hatte, ließ der Feind die Schleier fallen.
    Das Schiff zog direkt über uns hinweg. Der Berg ragte noch einige hundert Meter über der Höhlenöffnung auf. Unmittelbar darüber, seinen felsigen Gipfel schrammend, schwebte der sinesische Kreuzer. Quälend langsam, Meter für Meter, glitt er weiter über die Ebene hinaus. Der Rückstrahl seiner Steuerdüsen ließ das Gebirge erzittern. Mit blubberndem Geräusch schob sich der fliegende Koloss durch die kochende Luft. Sektor für Sektor wurde die narbige, mit Triebwerken, Stelzen, Sensoren und Geschützen besetzte Bauchseite des Kreuzers über uns sichtbar. Sie schien die ganze Ebene zu überdecken, und immer noch tauchten scharf über uns neue Elemente auf. Suchscheinwerfer tasteten wie weiße Spinnenbeine über die Landschaft. Instrumente streuten ihre roten und grünen Strahlenbündel aus. Korrekturdüsen zündeten fauchend, und tonnenschwere Gyroskope sprachen an. Eine kilometerlange stählerne Plattform schob sich über uns hinweg. Knisternde Entladungen des Generatorfeldes züngelten wie Wetterleuchten um die Spitze des Berges, während die Abstrahlung der gewaltigen Reaktoren die Felsen über unseren Köpfen verdampfte. Staub und Geröll löste sich aus der Wölbung der Höhle und polterte auf uns herab. Zwischen unseren Füßen sprangen Risse auf, wo die bebende Erde knirschend auseinander klaffte. Noch nie hatte ich ein Schiff dieser Masse aus solcher Nähe und unter atmosphärischen Bedingungen operieren gesehen. Es war eine Demonstration unüberwindbarer Macht.
    Endlich tauchte das Heck des Zerstörers über uns auf. Die Haupttriebwerke waren abgeschaltet. Ihr Rückstrahl hätte das Massiv, in dem wir uns verborgen hielten, verbrannt. Dennoch flackerte der Sternenhimmel in den Wirbeln der Hitze, die von den stillgelegten Motoren ausging. Das Schiff zog über die Ebene hinweg. Es drehte bei, verharrte auf der Stelle und begann dann zu sinken. Indem es uns seine wuchtige Breitseite zeigte, setzte es in Explosionen von Staub und schmelzendem Gestein auf.
    »Sollen wir abhauen?«, fragte Jennifer leise.
    »Warte noch«, flüsterte ich. »Ich will sehen, was sie machen.«
    Das Schiff hatte aufgesetzt. Wie ein brunftendes Urtier, das sich behaglich grunzend in den Schlamm sinken lässt, erloschen die Hilfstriebwerke mit lautem Stöhnen. Ein tiefes Ächzen und Knirschen hallte in der nächtlichen Landschaft wider, deren jahrmillionenaltes Schweigen durch einen jähen Einbruch gestört wurde. Wir konnten die gewaltigen Generatoren hören, die heulend ausliefen. Irgendwo keuchten noch hydraulische Kraftanstrengungen, als der Zerstörer es sich umständlich in seinem staubigen Bett bequem machte. Dann breitete sich eine Stille aus, die nach dem Tumult wie das Schweigen am Anbeginn der Welt war.
    Das Schiff war jetzt leblos, seine Reaktoren heruntergefahren. Wenn wir jetzt gestartet wären,

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