Museumsschiff (Gaugamela Trilogie) (German Edition)
plötzlichen Krachen meldete sich Jennifer, aber ihre Stimme schien von rückwärts an mein Ohr zu dringen, obwohl sie sich unmittelbar vor mir befand.
»Wir haben nur noch wenige Stunden zu leben«, sagte sie. »Und der Herr verschläft sie.«
Langsam kehrte ich in die Gegenwart zurück, obwohl mir das meiste davon nicht sonderlich gefiel. Jennifer sah mich forschend an.
»Okay?«, fragte sie, als ich mich mühsam aufrichtete.
Ich blinzelte und dehnte meine Glieder, die in dem schmierigen Anzug steckten. Mein Gesicht fühlte sich schweißig an. Meine Wimpern waren zusammengeklebt. Was hätte ich dafür gegeben, mir Hände und Augen mit kaltem Wasser waschen und mir den Mund ausspülen zu können.
»Stell die Kommunikation ab, wenn du das nächste Nickerchen hältst«, sagte sie noch und schmunzelte. »Schwer zu sagen, was schlimmer war: dein Schnarchen oder deine Schreie. Wir mussten eine Weile offline gehen.«
Ich sah auf die Uhr. Obwohl ich nur wenige Minuten geschlafen hatte, fühlte ich mich zerschlagen wie nach einer langen Nacht voller Albträume.
»Das Gemisch«, stammelte ich. Meine Stimme knallte auf meine Ohren, als spreche ich in eine Blechtonne hinein. »Ich habe den Sauerstoffanteil reduziert, um Oxygen zu sparen.«
Jennifer half mir, aufzustehen und das Gemisch zu prüfen, dessen Anreicherung sie wieder erhöhte. »Was hast du davon«, sagte sie, »wenn du eine halbe Stunde länger lebst, sie aber verschläfst?«
Da hatte sie recht. Ich blickte mich um. In einiger Entfernung kauerte Lambert, die mitfühlend zu mir herübersah. Sie war blass, ihre Stirne glänzte fiebrig. Ihre Augen schienen noch größer und starrer geworden zu sein. Taylor war über sein MasterBoard gebeugt, auf dem er seit mehr als zwei Tagen ununterbrochen herumtippte. Da die Spracheingabe sich nicht von der lokalen Kommunikation trennen ließ und da seine abgehackten Befehle uns in den Wahnsinn getrieben hatten, war er zu manueller Bedienung zurückgekehrt. Mit einem Graphit-Pointer deutete er in die flimmernden Graphiken, schob Symbole hin und her und berührte sensorielle Felder, die dann komplexe Programmroutinen auslösten. Ich hatte Respekt vor seiner Energie, an der man die Zähigkeit des Emporkömmlings erkannte. Zugleich kam mir sein Eifer unsagbar absurd vor.
Als er unser kurzes Gespräch hörte, wandte er sich um und sah mich forschend an. »Sir?«, sagte er.
Ich brummte etwas, das er als Aufforderung zu empfinden schien.
»Ich habe das Feld analysiert«, erklärte er.
Ich ging ein paar Schritte, aber mein Kreislauf kam nur langsam wieder in Schwung. Obwohl mir davor graute, musste ich die Automatik meines sensoriellen Anzugs anweisen, mir Blutzucker und Adrenalin zu injizieren. Allerdings besserte das alles nicht meine Laune.
»Und?«, machte ich mürrisch.
»Das Feld, das der Sarkopharg erzeugt«, führte er aus. »Es ist ein Warpreaktor von einer Leistungsfähigkeit, die jedem uns bekannten Feldgenerator weit überlegen ist.«
Ich gab auf seine Worte kaum acht. Die Injektion linderte das Hungergefühl und die Zerschlagenheit. Aber mit zunehmender Wachheit kehrte auch das Bewusstsein zurück. Unsere Situation war verzweifelt. Außerdem brachte mich das Eingesperrtsein in dem kratzenden Anzug beinahe zur Raserei. Das sensorielle Gewebe war eine feine Sache, aber es verhielt sich zu einem wirklichen Bad und frischen Sachen wie eine Bauchfellinjektion zu einem blutigen Steak, einem knackigen Salat und einem kühlen Bier. Alles, was über sechsunddreißig Stunden hinausging, war eine Zumutung.
Ich seufzte. »Davon überzeugt uns der Blick aus dem Fenster«, gab ich zurück und wies zu den rot umrandeten Ovalen. In den durchscheinenden, mehr als zimmergroßen Bullaugen sah man noch immer Galaxien und Nebel vorüberziehen. In gleichbleibender Entfernung und Geschwindigkeit glitten wir an ihnen vorbei wie an den Inseln eines tropischen Archipels. Erstaunlich auch, wie rasch man sich daran gewöhnte. Relativ zu den Sternhaufen und Spiralnebeln bewegten wir uns mit tausenden von Lichtjahren pro Stunde. Und das ohne die bei Warpflügen üblichen Phänomene, wie das Unsichtbarwerden der Sterne oder die kleinen Schwankungen des Zeitkontinuums. Vollkommen ruhig glitten wir dahin. Man hätte sich wirklich wie auf einer Kreuzfahrt fühlen können, wenn wir nicht Gefangene gewesen wären. Und so brachte ich der überlegenen Technologie, deren Opfer wir waren, nur wenig Bewunderung entgegen.
»Gewiss, Sir«, beeilte
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