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Music from Big Pink: Roman (German Edition)

Music from Big Pink: Roman (German Edition)

Titel: Music from Big Pink: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Niven
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getrieben?«, fragte er mich, als wir die Küche betraten. Auf dem Boden lag ein Mädchen, offensichtlich bewusstlos.
    »Ich war zu Hause. Meine Mutter ist gestorben.«
    »Kacke, Mann«, sagte Dave, als hätte ich ihm gerade mitgeteilt, dass mein Auto zugeparkt war, und öffnete den Kühlschrank. »Ah, so ein Mist!«, brüllte er plötzlich wutentbrannt. »Mallory! MALLORY, DU DUMME SCHLAMPE! «, schrie er das Mädchen an. Sie lag bloß leblos da. Eine verdammte Leiche. Dave zerrte ihren Kopf an den Haaren in die Höhe, ein dünner Speichelfaden verband ihren Mund mit dem schmutzigen Linoleum, und brüllte ihr ins Ohr: » WER HAT DAS GANZE HEINEKEN GESOFFEN? WER HAT ALL MEIN BESCHISSENES BIER AUSGESOFFEN, DU KAPUTTE JUNKIE-SCHLAMPE?! « Nichts. Nicht mal ein Zucken. Die Musik von nebenan schwoll zu einer einzigen irren Kakophonie an, es klang wie im Tollhaus – eine alles unter sich begrabende Fläche aus mahlendem Lärm und irrem Rauschen, durchschnitten vom sägenden Sound einer Gitarre, die sich anhörte, als wäre sie in der Mitte durchgebrochen. Dave ließ den Kopf des Mädchens los, der, begleitet von einem leisen Stöhnen, auf den harten Boden knallte.
    »Sorry, Mann.« Er drückte mir eine Dose Bud in die Hand. »Diese beschissenen Junkies saufen mir ständig mein Zeug weg.«
    »Bitte?«
    » ICH SAGTE … «
    » DAVE! MACH DIESEN KRANKEN SCHEISS ENDLICH LEISER! «
    »Schhhh, Alter!« Er hob einen Finger an die Lippen und schob die Tür zu. »Lou ist da drin. Wir haben seit Tagen nicht gepennt. Das ist die erste Pressung seiner neuen Platte!« O Gott, nicht dieser Wichser. Den brauchte ich gerade so nötig wie ein zweites Arschloch. »Gefällt’s dir nicht?«, fragte Dave.
    »Nein, Mann. Das ist …« Ich lauschte einen Moment. Jetzt schmiss jemand ein Schlagzeug die Treppe runter, während eine körperlose Stimme wieder und wieder dieselben Worte nölte. »… total kaputter Scheiß, Dave.« Ich musste lachen.
    »Ach, weißt du, man gewöhnt sich dran«, lautete seine lakonische Antwort.
    Klar, so wie an Herpes. »Hör mal, Dave, tut mir leid, aber ich bin schon spät dran. Wir wollen gleich noch zu Dylan, in die Carnegie Hall …«
    »Ach wirklich, das ist heute Abend? Kannst du mich reinschleusen?«
    »Ja, vielleicht. Ja klar. Ich … ich ruf dich nachher an, okay?«
    »Okay. Danke, Mann. Hey Lou, das ist Greg«, stellte er mich vor, als Reed mit Panorama-Sonnenbrille auf der Nase hereingeschlendert kam. Selbst bei dieser Kälte schwitzte er in seinem schwarzen Lederjackett.
    »Wir sind uns schon begegnet. Hi, Lou. Klingt super«, sagte ich, ein falsches Lächeln auf den Lippen und mit dem Daumen in Richtung der diabolischen Folterklänge deutend. Ohne zu reagieren, ging er zum Kühlschrank.
    »Greg geht heute Abend zum Dylan-Konzert«, fuhr Dave fort, »zu diesem Woody-Guthrie-Ding, das in der Carnegie Hall steigt.«
    »Ach ja?, knurrte Lou, miesepetrig wie eh und je. »Ich scheiß auf Dylan. Ich scheiß auf Woody Guthrie. Und du kannst mich auch am Arsch lecken.« Er kramte eine Flasche irgendwas hervor und schlurfte zurück ins Schlafzimmer, zurück zu seiner grauenhaft beschissenen Musik.
    »Tut mir leid, Alter«, entschuldigte sich Dave. »Er hat gerade ziemlichen Stress mit John.«
    »Schon klar. Könnten wir jetzt zur Sache kommen?«, sagte ich und fächerte gähnend mit einem Bündel Fünfziger.
    Als sie durch »Grand Coulee Dam« preschten, den letzten Song des Sets, johlten und sangen große Teile des Publikums lauthals mit. Skye, Jeannie und einige andere Mädchen waren aufgestanden, um zwischen den Sitzreihen zu tanzen. Nicht ein Buhruf war mehr zu hören, obwohl ein paar der alten Folkies neben uns – früh vergreiste Spaßbremsen Ende vierzig – beim Anblick der zu Woody-Guthrie-Songs herumhüpfenden Mädels ihre grauen Köpfe schüttelten. So ein fetter alter Sack klagte Alex gegenüber traurig: »Haben die denn überhaupt keine Kultur?« Und Alex – total stoned und dank der Drinks in diesem Irish Pub, in dem wir uns vor der Show getroffen hatten, immer noch völlig blau – schlang dem Typen seine Arme um den Hals, jubelte »Woo-hooo!«, drückte ihm einen Kuss auf die Wange und stolzierte dann arschwackelnd zu Skye und den anderen hinüber. Der Kerl wischte sich kopfschüttelnd übers Gesicht, zutiefst entsetzt, was aus der Folkmusik geworden war.
    Nach der Show hingen wir neben der Bühne rum, während all die Folkies, Hippies, Hipster und die ganzen anderen Loser sich aus dem

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