Music from Big Pink: Roman (German Edition)
spielen.«
»Na ja, wie das eben so ist …« Sein Blick wanderte durch den Raum. Ich nippte etwas pikiert an meinem Drink, als er völlig unerwartet hinzufügte: »Tut mir leid, das von deiner Mutter zu hören.«
»Oh, danke. Tja.« Ich wusste nicht, was ich noch sagen sollte. Da ich mich in Gesprächen mit ihm immer schon unwohl fühlte – diese neun Worte repräsentierten in etwa die Gesamtsumme dessen, was er mir gegenüber jemals unaufgefordert geäußert hatte –, nickte ich einfach und guckte ein wenig traurig. »Hey«, sagte ich, da mir einfiel, dass er Velvet Underground für den letzten Mist hielt, und wollte ihm eben von meinem Besuch bei Dave erzählen, als jemand nach ihm rief und er mit einem genuschelten »Entschuldige« davonstolzierte.
Ich stellte meinen Drink ab und stupste Richard an. »Kommst du mit aufs Klo? Wir könnten uns was einfahren …«
»Ich bin dabei«, sagte er, leerte sein Glas und legte seine Hände auf meine Schultern. »Du gehst vor.« Rick bekam mit, was passierte, und hob eine Augenbraue. Ich bedeutete ihm, uns zu folgen. Er nickte Skye zu, und zu viert schlängelten wir uns als Polonaise durch die Menge auf einen mit dickem Teppichboden ausgelegten Flur hinaus. Rick öffnete eine Tür und fand ein Schlafzimmer. Richard probierte es an einer anderen Tür, fand das Bad und verkündete: »Willkommen in meinem Büro, bitte treten Sie doch ein.«
Fünf Minuten später stürmten wir lachend und hüpfend wieder raus und rannten geradewegs in Robert Ryan. »Hallo«, sagte er ausgesprochen freundlich, hatte aber offensichtlich nicht den leisesten Schimmer, wer wir waren. Rick streckte ihm die Hand entgegen: »Mr. Ryan? Rick und Richard, wir spielen in Bob Dylans Band. Wir haben uns beim Konzert gesehen.«
Ryan strahlte. »Aber natürlich, natürlich, schön, dass Sie hier sind.«
Skye platzte dazwischen. »Mr. Ryan«, aufgesetzt lächelnd klimperte sie ihn mit ihren langen künstlichen Wimpern an, »ich wollte Ihnen bloß sagen, dass ich Sie in der Verfilmung von Billy Budd ganz wundervoll fand. Wirklich ganz und gar wundervoll.«
»Oh, ich danke Ihnen, meine Liebe«, erwiderte Ryan liebenswürdig.
»Genau, Mann. Und wir sind alle tierisch auf Das dreckige Dutzend abgefahren«, sagte ich in vollem Ernst und deutete auf Rick, Richard sowie meine Wenigkeit.
»Nun«, Ryan konnte sich ein selbstironisches Glucksen nicht verkneifen, während er uns ansah und sich offensichtlich fragte, ob wir ihn auf den Arm nehmen wollten, »der Film zahlt meine Miete. Bitte entschuldigen Sie mich. Da vorn geht die Wohnung übrigens weiter, falls Sie sich umsehen möchten.« Er eilte über den Flur davon, bloß weg von diesen betrunkenen Irren. Wir schlenderten weiter in einen kleineren Salon. Darin stand ein schimmernder schwarzer Stutzflügel. Richard setzte sich an das Instrument und spielte ein paar Akkorde, während Rick, Skye und ich uns auf einem langen Sofa niederließen – ich in der Mitte, zwischen den beiden anderen. »Mann«, sagte ich, »das muss euch doch langsam ziemlich zum Hals raushängen, die ganze Zeit ›Bob Dylans Backingband‹ genannt zu werden.«
»Ist ja bald vorbei«, erwiderte Rick. Sie hatten endlich den Deal mit Capitol unterzeichnet – sie nannten sich jetzt die Crackers! – und hier in New York vor ein paar Wochen mit der Arbeit an ihrer eigenen Platte begonnen. Danach würden sie nach L. A. gehen, um die Aufnahmen im legendären Capitol Tower, diesem turmartigen Gebäude, das wie ein Reifenstapel aussah, zu beenden.
»Wisst ihr schon, welche Songs auf dem Album sein werden?«
»So gut wie«, sagte Rick.
»›Bessie Smith‹? ›Katie’s Been Gone‹?«
»Nö, eher neueres Zeug. Kram, den Richard und Robbie geschrieben haben. Vielleicht auch ein paar von den Songs, die wir mit Bob im Keller gemacht haben …« Scheiße, wenn sie schon Songs wie diese rauswarfen, was würde dann auf der verdammten Platte landen? »He, Richard. Sing doch mal eine von deinen Nummern für Greg.«
»Ach nö.«
Er klimperte weiter auf dem Flügel rum, willkürliche Noten, angedeutete kleine Melodiebögen. Dann verschwand Skye und kam mit einer Flasche Rum zurück, die sie abgegriffen hatte. Wir kippten uns noch ein paar hinter die Binde, zogen eine weitere Line und überredeten Richard schließlich doch noch, etwas für uns zu singen. Er wollte keinen seiner eigenen Songs spielen – er genierte sich aus Angst, die Texte seien nicht gut –, aber einen von Bob, den sie für
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