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Muss ich denn schon wieder verreisen?

Muss ich denn schon wieder verreisen?

Titel: Muss ich denn schon wieder verreisen? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Sanders
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er tun sollte, nämlich das verdammte Schloß entriegeln. Hilflos sah ich Irene an. »Hast du zufällig einen Schraubenzieher dabei?« Überflüssige Frage; wer reist schon mit einem Handwerkskasten?
    »Versuch’s mal mit meinem Schlüssel, manchmal passen die Dinger auch woanders.«
    »Zwecklos!« Ich deutete auf den’ im Koffer eingeprägten Namenszug. »Bei diesen Nobelmarken mußt du das Original haben, sonst siehst du alt aus.«
    Sie grinste schadenfroh. »Das hast du nun von deiner snobistischen Ader! Mein Koffer war ein Sonderangebot von Aldi und hat keine hundert Mark gekostet.«
    »Der hier gehört mir ja gar nicht«, wehrte ich mich gegen die Unterstellung, nicht vorhandenen Reichtum wenigstens durch elitäres Gepäck zu kompensieren. »Ich habe ihn mir von Sascha gepumpt, und der hat ihn angeblich sehr preiswert in Hongkong gekauft.«
    Irene nickte verstehend. »Dann ist es sowieso eine Fälschung.«
    Mit Koffern ist es wie mit Blumenvasen. Man hat eine ganze Menge herumstehen, aber wenn man eine(n) braucht, findet man nie die richtige Größe.
    Allmählich wurde der Beamte ungeduldig. »Tja, meine Damen, wenn Sie den Koffer nicht öffnen können, dann müssen wir ihn aufbrechen. Oder Sie lassen ihn hier und holen ihn auf dem Rückweg wieder ab.«
    Das fehlte gerade noch! Ich setzte eine selbstsichere Miene auf und erklärte diesem pflichtbewußten Menschen, daß ich weder Rauschgift noch eine Bombe dabei und auch nicht die Absicht hätte, das Flugzeug mit gezogenem Revolver nach Bagdad umzudirigieren.
    Es nützte nichts, der Beamte wollte sich selbst überzeugen. Daraufhin versuchte ich es mit Charme, doch den hat man bekanntlich nur so lange, bis man sich darauf verläßt.
    Während dieser ganzen Debatte probierte ich immer wieder, dieses vermaledeite Schloß zu knacken. Woran es lag, weiß ich nicht, jedenfalls sprang es plötzlich auf. »Na also«, sagte der Zollmensch, hob hier ein paar Kleidungsstücke an, drückte dort auf die zusammengefalteten Hosen, inspizierte flüchtig den Fotoapparat und machte den Koffer zu. »Alles in Ordnung«, befand er und klebte mit Spucke eine Kontrollmarke obendrauf. »Guten Flug!«
    »Schließ das Ding bloß nicht wieder ab!« warnte Irene, »oder laß wenigstens die eine Seite auf. Es reicht ja, wenn das andere Schloß gesichert ist.«
    Frau Marquardt blies zum Sammeln. Wir waren die letzten ihrer Herde gewesen und hatten uns bereits ihren Unmut zugezogen. Das Gepäck waren wir endlich am Schalter losgeworden, jetzt wollten wir uns in dieser bewachten Festung mal ein bißchen umsehen. Unsere Reiseleiterin war dagegen. »Nachher sind Sie wieder weg.«
    »Wo sollen wir hier schon verschwinden?« Irene wies auf die überall herumstehenden Soldaten, deren Aufmerksamkeit nichts zu entgehen schien. Sogar die Klotür wurde bewacht.
    »Mir geht diese Alarmbereitschaft gewaltig auf den Senkel«, sagte Irene. »Ich glaube, wir hätten doch lieber nach Thailand fliegen sollen.« Sie steuerte die kleine Cafeteria an. »Ich brauche jetzt einen Kognak!«
    Den brauchte ich auch. Daß wir nicht noch einen zweiten kippten, lag lediglich an den Preisen. Die waren astronomisch und ließen sich nur dadurch erklären, daß man vermutlich jede Flasche irgendwelchen Labortests unterzog, um die Möglichkeit eines Giftanschlags auszuschließen.
    Im Warteraum, abgesondert von den übrigen Reisenden, hockte unsere Gruppe, ein bunt zusammengewürfelter Haufen, zu dem zu meinem Erstaunen auch die beiden Yuppies gehörten, die ich fälschlicherweise in die Karibik hatte schicken wollen. Die zwei Lodenkostüme saßen da und der Regenmantel, das junge Pärchen mit den Rucksäcken, eine weißhaarige, recht unternehmungslustig aussehende Dame, ein äußerst elegant gekleidetes Paar irgendwo in den Vierzigern, zwei offenbar alleinreisende Frauen, die zwar nebeneinander saßen, sich jedoch keinen Blick gönnten, und zwei weitere Paare, von denen eins mit Sicherheit aus Bayern stammte. »Jo mei«, sagte der dazugehörige Mann, als ihn jemand bat, seine Reisetasche etwas aus dem Weg zu räumen, »dann steigen S’ halt drüber.« Nicht zu vergessen natürlich Heini und seine Angetraute, die eine Flasche Kölnisch Wasser in der Hand hielt und abwechselnd sich und Heinis Glatze beträufelte.
    »Wenn das mal gutgeht«, murmelte Irene, etwas zweifelnd die Gruppe musternd. »Ich habe das Gefühl, wir passen da nicht so ganz rein.«
    Bevor ich sie nach dem Grund fragen konnte, wurden wir zum Ausgang gebeten.

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