Muss ich denn schon wieder verreisen?
Kurzer Marsch übers Flugfeld, und dann sahen wir auch schon die Maschine, eine Miniaturausgabe normaler Flugzeuge, von Soldaten bewacht wie Fort Knox.
»Wo haben sie denn diese Antiquität aufgetrieben?« sagte Irene entgeistert. »Wenn man genau nachguckt, findet man bestimmt noch irgendwo das Balkenkreuz. Fliegt so was überhaupt?«
Wer schon einmal in einem kenianischen Safariflugzeug gesessen hat, den kann nichts mehr erschüttern. »Eventuell wirst du in diesem Ding ein bißchen seekrank«, tröstete ich sie, »aber du wirst es überleben.«
Rechts und links neben der Gangway war unser Gepäck aufgereiht. »Ich glaub’s einfach nicht!« Kopfschüttelnd schritt sie durch das Spalier von Koffern, Taschen und Rucksäcken. »Bisher hat noch niemand von mir verlangt, meine Habseligkeiten selbst in den Flieger zu schleppen.«
Das brauchten wir auch hier nicht, wir hatten lediglich unser Gepäck zu identifizieren, damit nicht vielleicht doch noch die gefürchtete Bombe in einem herrenlosen Koffer eingeschmuggelt werden könnte. Meinen fand ich auf Anhieb. Es war der mit dem klaffenden Spalt an der Seite. Ob ich nicht doch noch das andere Schloß…? Zu spät, der Koffer wurde schon in den Laderaum geschoben.
Heini vermißte die dunkelrote Tasche. Nach erfolgloser Suchaktion Rückfrage per Walkie-talkie im Terminal. Antwort negativ. Durchsage im Flieger: Hat jemand versehentlich eine rote Tasche…? Darauf die etwas verschüchterte Stimme von Frau Heini: »Die hab’ i do, des isch doch moi Hondgepäck.«
Mit nur zehn Minuten Verspätung hob der Vogel endlich ab. Irene überzeugte sich vom Vorhandensein der bewußten Tüte – wegen der Seekrankheit –, sodann vertiefte sie sich in den bebilderten Prospekt, der auf jedem Sitz gelegen hatte. »Wußtest du, daß es in Israel Elefanten gibt?«
»Blödsinn.«
»Kein Blödsinn, guck doch selber!« Sie zeigte mir ein Foto, auf dem ein melancholisch dreinblickender Jumbo durch den Wüstensand trabte. »Mit Kamelen muß man ja rechnen, zumal schon wieder ein halbes Flugzeug voll unterwegs ist, aber Elefanten…?«
Ich sah mir das Bild genauer an. »Entweder handelt es sich um eine Fotomontage oder um ein Tier jüdischen Glaubens, das eingewandert ist, um sein Leben im Gelobten Land zu beschließen.«
»Amen.«
4
Es dämmerte schon, als wir landeten, und es war stockdunkel, als wir endlich das Flughafengebäude verlassen konnten. Vorausgegangen war eine etwas delikate Sache.
Komisch ist alles, solange es anderen passiert. Deshalb grinste ich auch schadenfroh, als auf dem Kofferband zwischen all den Gepäckstücken ein einzelnes Badehandtuch an mir vorbeizog. Als nächstes folgte eine Hose. Irgendwie kam sie mir bekannt vor, doch weiße Hosen ähneln sich ja alle. Zwei Koffer, ein Seesack, ein Schuh… jetzt gab es keinen Zweifel mehr. Dieser ausgelatschte Treter, nur für lange Fußmärsche vorgesehen, weil äußerst bequem, gehörte mir. Das Nachthemd zwei Koffer weiter ebenfalls. Ich stürzte ans Band, sammelte meine Siebensachen zusammen und arbeitete mich, die Umstehenden rigoros zur Seite drängelnd, bis nach vorn durch, wo das Gepäck aus den unteren Gewölben an die Oberfläche schaukelte. Dabei bemühte ich mich vergeblich, die Kommentare der Mitreisenden zu überhören.
»Wann kommen denn die Höschen?«
»Soll ich tragen helfen?«
Die allgemeine Heiterkeit erreichte ihren Höhepunkt, als tatsächlich vier oder fünf übereinandergestapelte Slips aus der Tiefe auftauchten, umkippten und sich gleichmäßig über das Band verteilten. Himmel noch eins, hörte denn diese Wäscheschau überhaupt nicht auf? So viel konnte aus dem kleinen Kofferspalt doch gar nicht herausgefallen sein. Ob die Heinzelmännchen in der Unterwelt sich ein Vergnügen daraus machten, alles durch die Ritze zu ziehen, was durchpaßte?
Als mein Koffer endlich ans Tageslicht kam, sofort erkennbar an dem darüber drapierten Badeanzug, hatte sich der anfangs kleine Spalt auf doppelte Handbreite vergrößert. Als nächstes hätte sich ein BH durch die Lücke gequetscht, die Träger hingen schon draußen. Peinlich, peinlich!
Mit hochrotem Gesicht stopfte ich die Kleidungsstücke in den Koffer zurück, drückte den Schnapper zu, drehte den Schlüssel herum und rekapitulierte sämtliche Kraftausdrücke, die ich Sascha an den Kopf werfen würde.
Irene lächelte nur vielsagend, als ich den endlich gesicherten Koffer auf den Karren wuchtete. »Ja, ich weiß«, sagte ich wütend, »aus
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