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Muss ich denn schon wieder verreisen?

Muss ich denn schon wieder verreisen?

Titel: Muss ich denn schon wieder verreisen? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Sanders
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nur…«
    »Des goht awer ned«, fiel ihr Ännchen ins Wort. »Sie kenne uns doch ned bei denne Schwarze oiquartiere, wo alle schmutzich senn und koi Hygiene kenne. Wer weiß, ob’s do ned Wonze im Bett hat und Flöh. Ond zum Esse kriege mä widder so än Brei wie heut Middag. Des mache mä ned mit, gell, Hoini? Hoini, sag doch du a mol ebbes!«
    Heini enthielt sich jeglichen Kommentars, dafür legte Betti los: »Nein, also das geht nun wirklich nicht, Frau Marquardt. Ich habe nichts gegen Araber, das sind schließlich auch Menschen, aber wohnen werde ich bei ihnen auf keinen Fall!«
    Frau Marquardt holte tief Luft, doch bevor sie etwas sagen konnte, nahm ihr Menachem das Mikro aus der Hand. »Vielleicht schauen Sie sich erst einmal Ihr Zimmer an. Wenn Sie dann immer noch Bedenken haben, werden wir für Sie eine andere Lösung finden. Allerdings würde die Übernachtung auf Ihre Kosten gehen.«
    »Noi noi, wir hewe alles im voraus zahlt«, widersprach Ännchen.
    »Reklamieren können Sie aber erst am Ende der Reise! Und jetzt macht endlich die Türen auf!« Gregor griff nach seiner Fototasche. »Was soll überhaupt das ganze Theater? Das Hotel sieht doch ganz passabel aus, und fürs Hilton haben wir schließlich nicht bezahlt.«
    Noch immer schimpfend, reihte sich Ännchen in die Kolonne ein, die über den abgetretenen Läufer in die Halle trottete.
    »Des hätt i ned gedenkt«, staunte sie beim Anblick des Foyers mit den blankpolierten Messingtöpfen, dem großen Teppich in der Mitte und den vielen Grünpflanzen. Als sie einige Gäste zum Speisesaal schlendern sah, war sie völlig aus dem Konzept gebracht. »Des senn jo gonz normale Leit und koi Schwarze. Hoini, i glaab, hier kenne mir doch bleibe.«
    Mit dem endlich eroberten Schlüssel Nr. 333 ließen wir uns vom Lift in den dritten Stock tragen. »Ich habe immer geglaubt, die Araber lieben Plüsch und Pomp«, meinte Irene. »Jetzt bin ich sogar ein bißchen enttäuscht. Dieser Laden hier ist genauso steril wie die meisten Mittelklassehotels.«
    Auch das Zimmer unterschied sich kaum von den anderen, in denen wir schon übernachtet hatten, lediglich der Spiegel über dem kombinierten Schreib-/Frisiertisch hatte anomale Ausmaße. Egal, wo man stand, ständig wurde man mit seinem nicht immer erfreulichen Spiegelbild konfrontiert. Am nächsten Morgen haben wir ein Handtuch darübergehängt.
    »Jetzt können wir endlich mal die Klamotten lüften, welch ungewohnter Luxus.« Irene inspizierte den Kleiderschrank, teilte gewissenhaft die zehn Kleiderbügel in zwei Hälften und öffnete ihren Koffer. »Drei Tage im selben Bett. Unvorstellbar. Hier, kannst du mal die Ableger ins Zahnputzglas tun?« Ich bekam vier halbvertrocknete Stengel in die Hand gedrückt, Souvenirs vom Berg Tabor. »Nee, leg sie lieber ins Waschbecken, die Dinger brauchen wir gleich.« Sie öffnete die Weinflasche und goß die beiden Gläser voll. »Prost, Herzchen! Auf uns!«
    »Und auf Jerusalem!« Der Wein war lauwarm und schmeckte plötzlich nach Haarwasser.
    »Da fällt mir etwas ein! Wir haben heute noch gar nichts für unser Image getan. Also werden wir nachher Arm in Arm unseren Auftritt haben, und dann werde ich dich küssen! Ich sag’s schon vorher, damit du keinen Schreck kriegst.«
    »Aber nicht auf den Mund!« protestierte ich sofort.
    »Nein, bloß hinters Ohr.«
    Dazu kamen wir jedoch nicht. Niemand sah auf, als wir mit der üblichen Verspätung den Speisesaal betraten. Wer nicht gerade die Gabel zum Mund führte, redete. Die meisten redeten, und zwar alle auf einmal. Und alle über dasselbe Thema, nämlich über Frau Marquardt. Sie hatte es doch tatsächlich gewagt, ihre Schäflein zum Futtertrog zu führen und sich dann abzumelden. Bis morgen früh.
    »Freunde habe sie hier, hat sie gesagt. Bei denen sei sie zum Essen eingeladen, und da übernachte sie auch«, rief Anneliese quer über den Tisch, kaum daß wir Platz genommen hatten. »Dabei hat sie doch bei der Gruppe zu bleiben! Dazu ist sie verpflichtet!«
    »Wer sagt denn das?« bemerkte Gregor ganz richtig.
    »Ich!« trumpfte Betti auf. »Was ist, wenn mir heute nacht etwas passiert? Menachem ist ja auch weg.«
    »Der ist entschuldigt, weil er hier wohnt«, kam es vom Ende der Tafel.
    Die Spekulationen über das Liebesleben unserer Reiseleiterin verliehen dem etwas langweiligen Essen eine gewisse Würze, zumal ich die Wahrheit kannte. Frau Marquardt hatte tatsächlich viele Freunde in Israel und nutzte jede Gelegenheit, sie

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