Muss ich denn schon wieder verreisen?
sich der Inhalt gleichmäßig über Hände und Garderobe verteilt. Fast-food-Spezialisten haben damit keine Schwierigkeiten; wer mit einem doppelten Cheeseburger fertig wird, kommt auch problemlos mit einer Hummustüte klar.
Als Dessert wurde wahlweise Pfefferkuchenkaffee oder Nana angeboten. »Wenn ich schon orientalisch esse, dann muß ich das Mahl auch stilgerecht beenden«, sagte Irene und orderte Kaffee. Das hätte sie lieber bleibenlassen sollen, am Abend schluckte sie nämlich Kohletabletten.
»Daran muß das Essen schuld gewesen sein und nicht der Kaffee«, behauptete sie später, bevor sie sich wieder auf das stille Örtchen verzog.
»Quatsch! Ich habe das gleiche gegessen wie du, nur auf das Höllengebräu habe ich verzichtet. Trink Tee, und du bleibst gesund!«
Wie lautet doch das schöne deutsche Sprichwort (ausnahmsweise mal nicht von Waltraud rezitiert)? Voller Bauch studiert nicht gern. Ohnehin von unserer Bergwanderung leicht angeschlagen und nun auch noch angenehm gesättigt, hatte eigentlich niemand mehr Lust zu weiteren Besichtigungen. Andererseits mußten wir abends in Jerusalem sein, und auf dem Weg dorthin erwartete uns noch zweimal etwas Altes.
Schüchterne Anfrage von Verena, ob man nicht vielleicht eine der beiden geschichtsträchtigen Stätten auslassen könnte?
Das wurde abgelehnt. Von Herrn Terjung. Ja, wenn es eine Kirche gewesen wäre, doch Altertümer interessierten ihn nun mal, schon aus beruflichen Gründen. Wenigstens kam ich nun doch noch zu meinem täglichen Mosaik. In Bet Alfa hatte man vor sechzig Jahren eins ausgebuddelt, rein zufällig, als dort ein Kibbuz gegründet worden war und man eine Wasserleitung brauchte. Die läuft jetzt woanders lang, und das im 6. Jahrhundert geschaffene Mosaik wurde von einem Museumsbau umhüllt. Es ist wirklich sehenswert!
In Bet She ’an wandelten wir wieder mal auf den Spuren der Römer; von denen war noch am meisten erhalten geblieben. Ihre Vorgänger – angeblich hatte es schon in der Kupferzeit erste Siedler gegeben – haben nichts Bedeutungsvolles hinterlassen. Auch nicht die Kreuzfahrer (wo sind die eigentlich nicht gewesen?). Nachdem das gewaltige Amphitheater umrundet sowie von unten und von oben mit und ohne Personen fotografiert und Alberto an einem nochmaligen Balanceakt über wacklige Steine gehindert worden war, konnte auch dieser Programmpunkt abgehakt werden. Es dämmerte sowieso schon, also auf nach Jerusalem!
Shimon witterte Stallgeruch und trat das Gaspedal durch. »Der muß seinen Führerschein bei der Luftwaffe gemacht haben!« Mit einer Hand schützte Irene ihre erbeuteten Ableger, mit der anderen drückte sie die vorletzte Flasche Karmel-Wein in den Sitz.
»Dann fährt er aber in die falsche Richtung. Flugzeuge starten immer gegen den Wind.«
Einige Male hoben wir wirklich ab, wenn Shimon ein Schlagloch umrundet und dabei das nächste übersehen hatte, doch wider Erwarten brach weder eine Achse noch fiel der Bus auseinander. Beide Möglichkeiten waren lebhaft erörtert worden. Als er dann doch abrupt auf die Bremse trat und wir alle in den Sitzen nach vorn flogen, schrie Gustl: »Jetzt haben wir ’nen Platten!«
Die Vermutung lag nahe, weil wir alle aussteigen mußten, doch es erwartete uns nur der erste Blick auf Jerusalem.
Ein faszinierendes Bild, besonders bei Nacht. Dominierend die angestrahlte Kuppel des Felsendoms und das silberne Gegenstück der El-Agsa-Moschee. Drum herum unzählige Lichterquellen, die zum Stadtrand hin immer spärlicher werden. Jerusalem ist eine Stadt ohne Vororte, sie hört ganz einfach irgendwo auf.
Nach fünf Minuten Zähneklappern – es war ekelhaft kalt – durften wir wieder in den warmen Bus, und dann begann die Suche nach dem Hotel. Frau Marquardt brütete über dem Stadtplan, Menachem gab die ermittelte Route an Shimon weiter, wobei er immer wieder den Kopf schüttelte, und als wir endlich in einer etwas finsteren Straße vor einem auch nicht gerade anheimelnden Gebäude standen, hatte ich das Gefühl, daß da etwas nicht stimmte.
Normalerweise öffneten sich bei einem Halt sofort beide Türen, worauf die meisten Insassen hinausstürzten und die Toiletten stürmten, doch diesmal blieben sie geschlossen. Statt dessen griff Frau Marquardt zum Mikrofon. »Hier ist offensichtlich eine Panne passiert. Ich hatte vorausgesetzt, daß dieses Hotel im jüdischen Teil der Stadt steht und nicht, wie wir jetzt feststellen müssen, im arabischen. An sich ist das bedeutungslos,
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