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Muss ich denn schon wieder verreisen?

Muss ich denn schon wieder verreisen?

Titel: Muss ich denn schon wieder verreisen? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Sanders
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und im Radio gehört hast, daß die Russen immer näherrücken?«
    »Ganz mies.«
    »Siehste! «
    Und dann der Schrei! »Neeeiiin!!! Das darf doch nicht wahr sein!«
    »Jetzt ist jemand runtergefallen«, vermutete ich sofort, und im selben Augenblick hörte man Elena rufen: »Alberto, bist du noch da?«
    »Ja, hier!« kam es zurück.
    Wir stürzten alle in die Richtung der Schreie. »Das muß irgendwo da drüben gewesen sein«, behauptete Waltraud und türmte zur Rampe.
    »Schwerhörig ist sie auch noch«, brummte Gregor. »Das Gebrüll kam doch von rechts, also von der Meerseite.«
    So ähnlich mußte es sich angehört haben, als die Vorhut der römischen Belagerer die Festung erstürmte. Ungeachtet kleinerer Hindernisse in Form von zentnerschweren Steinen rannten beziehungsweise stolperten wir über das Plateau, bis wir die vermeintliche Unglücksstelle erreicht hatten. Da stand Robert und polierte seelenruhig seine Sonnenbrille. »Warum rennt ihr denn so? Ist was passiert?«
    Wieder brachen die niederen Instinkte bei mir durch. Ich hätte den Kerl umbringen können! »Sie haben doch alles zusammengeschrien!«
    »Ach so, deshalb. Na, dann guckt mal alle da runter!«
    Ich tat es und sah außer dem in der Sonne glitzernden Meer nur einen Pfad, der sich in abenteuerlichen Windungen abwärts schlängelte. »Was soll denn hier so Sehenswertes sein?«
    »Weiter rechts!« befahl Robert ungeduldig.
    Da hing nur eine Strippe, die in einem Haus endete.
    »Ich werd’ verrückt, ’ne Drahtseilbahn! Und uns scheuchen sie über die verdammte Rampe hoch. Das hätten wir wirklich bequemer haben können.« Mit Mordlust im Blick sah sich Hanni um. »Den meuchel’ ich jetzt! Menachem!!!«
    Ganz unschuldig schaute er aus, als er sich den massiven Vorwürfen stellte. Erstens sei die Bahn erst ab neun Uhr in Betrieb, also viel zu spät, um den Sonnenaufgang zu erleben.
    »Die ist ja längst dagewesen, als wir endlich hier raufgekeucht waren!« schimpfte ich.
    Zweitens sei der erste Eindruck der Masada viel imponierender, wenn man zu Fuß raufsteigt. Das fand ich nun überhaupt nicht. Ich hatte genug damit zu tun gehabt, wieder zu Atem zu kommen.
    Und drittens sei so ein bißchen Frühsport sehr appetitanregend, das würden wir schon merken, wenn wir jetzt frühstücken.
    Damit hatte er das Stichwort gegeben! Plötzlich hatten wir alle Hunger.
    Wer öfter mal ein Picknick macht, weiß, daß der ideale Platz für so ein Freiluftessen immer noch ein Stück weiter vorn liegt, weshalb wir auch dreimal umgezogen sind. Erst war es zu windig, an der nächsten Stelle zu kalt, weil die Sonne noch nicht hinkam, Betti wollte beim Kauen aufs Meer gucken und ich eine Mauer zum Anlehnen haben.
    Alberto bestand auf einem gemeinsamen Tischgebet. Es war ziemlich lang und improvisiert. Wir gedachten der mutigen Zeloten und sogar der Römer, die ja auch nur ihre Pflicht getan hatten, bedankten uns für das bevorstehende Mahl und auch gleich noch für den glücklichen Verlauf der Reise. »Amen«, sagte Alberto. »Amen«, echoten wir. Sofort begannen die Tüten zu rascheln.
    »Ich komme mir vor wie am Nikolausabend.« Irene zog eine Paprikaschote heraus. »Da weiß man auch nie, was im Stiefel steckt.«
    Für den Inhalt von Lunchpaketen scheint es internationale Regeln zu geben, und die besagen, daß immer ein Hühnerbein dabei sein muß. Unerläßlich sind auch das hartgekochte Ei sowie der Vitaminstoß in Form von Obst. Da in Israel keins wächst, wurden wir mit Tomaten und Oliven versorgt. Plastikverschweißte Brotscheiben, eine Ecke Streichkäse und ein Stückchen Butter in Stanniolpapier ergänzten das lukullische Mahl. Als Dessert gab es einen Joghurt. Runterspülen mußten wir das Ganze mit Seven-up aus der Dose.
    »Hat jemand ein Messer dabei?« Mit den Fingern läßt sich selbst aufgeweichte Butter nur schwer auf Brotscheiben verteilen.
    Außer Menachem und Gustl war niemand bewaffnet. Taschenmesser sind nun mal aus der Mode gekommen. Als es endlich bei mir war, hatte ich das Frühstück bereits beendet. Dabei besitze ich ja selber eins. Die Miniaturausgabe des bekannten Schweizer Messers hängt an meinem Autoschlüssel, nur hat es mehr dekorativen als praktischen Wert. Ich habe damit nicht mal die kleine Schraube an meinem Feuerzeug aufgekriegt.
    Im übrigen hatte ich das Messer gar nicht dabei. Es hing zu Hause am Schlüsselbrett. Daß es längst in der Hosentasche eines Zwillings steckte, konnte ich ja nicht wissen.
    Die Seilbahn hatte die

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