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Mustererkennung

Mustererkennung

Titel: Mustererkennung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Gibson
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Für ihn wichtig, daß wir in Sicherheit sind und Nora sich so wohl wie möglich fühlt.«
    »Und Sie, Stella, was ist Ihr Wunsch?«
    »Mein Wunsch ist, daß die Welt ihr Werk kennenlernen soll.
    Eine Sache können Sie nicht wissen: wie es hier gewesen ist, für Künstler. Ganze Welten von Blut und Phantasie, über Lebens-zeiten hinweg geschaffen in Räume wie diesen, und nie hat jemand gesehen diese Werke. Sie sind gestorben mit ihren Schöpfer und hinausgefegt. Und jetzt Nora, was sie hier macht, reicht über das Meer.« Sie lächelt. »Es hat Sie zu uns gebracht.«
    »Sind das Ihre Eltern, Stella? Das Paar?«
    »Vielleicht, als sie jung waren. Sie haben Ähnlichkeit mit ihnen, ja. Aber wenn das, was sie macht, eine Geschichte erzählt, dann nicht Geschichte von unsere Eltern, glaube ich. Nicht ihre Welt. Ist andere Welt. Ist immer andere Welt.«
    »Ja«, pflichtet Cayce ihr bei und legt die nasse, kalte Papier-masse weg, »das stimmt. Stella, die Leute, die Sie beschützen, im Auftrag Ihres Onkels, was glauben Sie, vor wem diese Leute Sie beschützen?«
    »Vor seine Feinde. Vor alle, die uns benutzen wollen vielleicht, um ihn zu verletzen. Sie müssen verstehen, diese Sicherheitsmaßnahmen sind nicht ungewöhnlich für einen Mann wie mein Onkel. Ist ungewöhnlich, daß Nora ist Künstlerin, und ihre Situation, ihr Zustand, das ist ungewöhnlich, und ist ungewöhnlich, daß ich möchte, daß ihr Werk überall zu sehen ist, aber ist nicht ungewöhnlich, hier, daß wir beschützt werden.«
    »Aber Sie wissen doch, daß man Sie auch, vielleicht ohne sich darüber im klaren zu sein, vor etwas anderem beschützt?«
    »Ich verstehe nicht.«
    »Die Kunst Ihrer Schwester ist sehr wertvoll geworden. Sie haben es nämlich geschafft, verstehen Sie? Noras Kunst ist ein echtes Mysterium, etwas, das im Herzen der Welt verborgen ist und das immer mehr Menschen auf der ganzen Welt verfolgen.«
    »Aber was ist die Gefahr?«
    »Wir haben auch unsere Reichen und Mächtigen. Jedes Werk, das über längere Zeit die Aufmerksamkeit der Welt auf sich zieht, wird wertvoll, und sei es auch nur als Potential.«
    »Für Kommerzialisierung? So eine Aufmerksamkeit würde mein Onkel nicht zulassen.«
    »Es ist aber schon wertvoll. Wertvoller als Sie sich vorstellen können. Das einzige, was noch fehlt zur Kommerzialisierung, sind Branding und Vertrieb. Und da sind bereits Leute dran, Stella. Jedenfalls einer ist schon dran, und der ist sehr clever.
    Das weiß ich, weil ich für ihn arbeite.«
    »Was, Sie?«
    »Ja, aber ich habe beschlossen, ihm nicht zu verraten, daß ich Sie gefunden habe. Ich werde ihm nicht sagen, wer Sie sind und wo Sie sind und wer Nora ist und was ich hier erlebt habe. Ich werde jetzt nicht mehr für ihn arbeiten. Aber andere werden es tun, und sie werden Sie finden, und darauf müssen Sie vorbereitet sein.«
    »Wie vorbereitet?«
    »Ich weiß nicht. Aber ich werde versuchen, mir etwas einfallen zu lassen.«
    »Danke«, sagt Stella. »Ist Vergnügen für mich, daß Sie Werk von meine Schwester gesehen haben.«
    »Ich danke Ihnen. «
    Sie umarmen sich, und Stella gibt Cayce einen Kuß auf die Wange.
    »Ihr Fahrer wartet.«
    »Schicken Sie ihn bitte weg. Ich muß ein Stück zu Fuß gehen.
    Um ein Gefühl für die Stadt zu bekommen. Und ich habe auch noch gar nicht die Metro gesehen.«
    Stella holt ein Telefon aus ihrem grauen Rock, drückt eine Taste und sagt etwas auf russisch.

38 PUPPENKOPF
    Auf dem Arbat herrscht dichtes Gedränge.
    Nachdem sie das besetzte Haus hinter der Georgjewski-Gasse verlassen hatte, war sie ziellos durch die Straßen gelaufen, bis sie auf das rote M einer Metrostation gestoßen war.
    Unten angekommen, hatte sie mit einem zu großen Schein und einigen Komplikationen durchsichtige runde Plastikmar—ken gekauft, die farblich an phosphoreszierende Spielzeugske-lette erinnerten und das berühmte M in der Mitte hatten.
    Eine einzige solche Marke reichte für ihre Fahrt, deren Richtungen und Stationen sie niemals wird rekapitulieren können.
    Sie überließ sich dem Traum, in diesem Falle der gespensti—schen stalinistischen Erhabenheit des Moskauer Untergrunds, die ihren Vater so fasziniert hatte.
    Das Gefühl, das sie schon vorher gehabt hatte, daß manche Dinge hier groteske Dimensionen besaßen, war mittlerweile doppelt so stark geworden, denn die Pracht übertraf alles, was ihre kindliche Phantasie ihr vorgespiegelt hatte. Goldbronze, pfirsichfarbener, aquamarinblau geäderter Marmor, fein

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