Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mustererkennung

Mustererkennung

Titel: Mustererkennung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Gibson
Vom Netzwerk:
mechanische Grimasse zustande, so
    was Ähnliches wie ein Lächeln.
    »Ach? Das ist ja wundervoll.«
    »Ja«, sagt Cayce, »aber dann sind wir jetzt fertig, oder? Dorotea kann wieder nach Frankfurt zurückfliegen und ich nach New York.« Sie steht auf, fühlt sich wacklig. »Ich bräuchte bitte den Wagen.« Sie will Dorotea nicht ansehen. Heute morgen war der Jack-Move auf Doroteas Seite. Dorotea hat gewonnen.
    Cayce ist bis ins Mark erschüttert, das Gefühl bei der Invasion der Asien-Girls war nichts dagegen. Das hier ist viel schlimmer.
    Nur ganz wenige Menschen wissen um das Ausmaß ihrer
    schlimmsten Phobien, und noch weniger kennen die spezifi—
    schen Auslöser. Ihre Eltern, einige Ärzte, diverse Therapeuten, ein paar sehr gute Freundinnen, nur drei ihrer Ex-Lover.
    Aber Dorotea weiß es.
    Ihre Beine fühlen sich hölzern an. Sie kommt irgendwie bis
    zur Tür. »Wiedersehen, Bernard. Wiedersehen, Dorotea.«
    Stonestreet guckt verdutzt.
    Dorotea strahlt.
     
    Und jetzt sind all die eifrig-eiligen Menschen von den Straßen Sohos verschwunden, und Gott sei Dank wartet der Wagen schon.
    Am Parkway will sie gerade die Fahrt bezahlen, als ihr wieder einfällt, daß es ja der Wagen von Blue Ant ist. Sie öffnet die Haustür mit Bernards großem Messingschlüssel und nimmt immer zwei Stufen auf einmal, die beiden deutschen Schlüssel in Bereitschaft.
    Und findet ein Michelinmännchen aus weißen Filzwülsten,
    mit einer dicken schwarzen Kordel am Türknauf garottiert.
    Sie will schreien, fängt sich aber gerade noch.
    Atmen.
    »Er hat ‘ne Ente ins Gesicht gekriegt, bei zweihundertfünfzig Knoten.«
    Sie kontrolliert das Haar. Es ist noch da. Der Puder am Türknauf ist garantiert weggewischt, aber die Peripherie ist noch sicher.
    Sie vermeidet es, das am Türknauf festgezurrte Ding anzugucken. Es ist nur eine Puppe. Eine Puppe. Sie bedient sich der deutschen Schlüssel.
    Drinnen. Tür abschließen und Kette vorlegen.
    Das Telefon klingelt.
    Sie schreit los.
    Nimmt beim dritten Klingeln ab. »Hallo?«
    »Hier Hubertus.«
    »Hubertus …«
    »Ja. Natürlich. Und?«
    »Und was?«
    »Haben Sie drüber geschlafen?«
    Sie macht den Mund auf, aber es kommt nichts heraus.
    »Sie haben Heinzis Logo abgesegnet«, sagt er. »Dann wäre
    das also erledigt. Glückwunsch.«
    Sie hört ein Klavier im Hintergrund. Barmusik. Wie spät ist
    es in New York?
    »Ich bin am Packen, Hubertus. Ab nach Heathrow und dann
    in den ersten Flieger.« Genau das, was sie sich am sehnlichsten wünscht, jetzt, wo sie sich’s sagen hört.
    »Sehr gut. Dann können wir ja alles Weitere besprechen,
    wenn Sie hier sind.«
    »Ich dachte eigentlich an Paris.«
    »Dann treffen wir uns morgen dort. Ich kann über die Gulfstream eines Kunden verfügen. Habe noch nie Gebrauch davon gemacht.«
    »Da gibt es nichts zu besprechen. Das habe ich doch schon
    am Samstagabend gesagt.«
    »Haben Sie die Schwierigkeiten mit Dorotea überwunden?«
    wechselt er das Thema.
    »Sie wechseln das Thema, Hubertus.«
    »Bernard sagt, Sie hätten sehr angegriffen ausgesehen, als sie Ihnen den Entwurf gezeigt hat.«
    »Sie weichen schon wieder aus. Ob ich für Sie arbeiten werde, um den Ursprung der Clips, die Identität des Filmemachers oder der Filmemacher herauszufinden? Nein, das werde ich nicht.«
    »Warum nicht?«
    Das nimmt ihr erst mal den Wind aus den Segeln. Weil sie
    eine erworbene, hochgradig generalisierte Abneigung gegen ihn hat? Weil sie ihm absolut nicht traut? Weil sie nicht wissen will, was es mit diesen Clips auf sich hat, worauf sie hinauslaufen, wer dahinter steckt? Letzteres ist nicht sehr plausibel, weil sie das alles sehr wohl wissen will und eine Menge Zeit damit verbracht hat, es im Forum mit anderen Clipheads zu erörtern.
    Nein, es liegt eher daran, daß sie das spontan ganz und gar
    nicht für eine gute Idee hält: die Clips und Bigend. Nicht der Mann Bigend mit dem falsch aufgesetzten Cowboyhut, sondern Bigend, die treibende Kraft hinter Blue Ant. Bigend, das Genie auf seinem Gebiet, mit dem brillanten Gespür für neue Methoden. Jedwede Verbindung von beidem erscheint ihr fatal.
    »Ich möchte Sie gern mit jemandem bekannt machen«, sagt
    er. »Ich hatte ihn für heute vormittag ins Büro bestellt, und Bernard sollte dafür sorgen, daß Sie zusammen zu Mittag essen, aber Sie sind so schnell verschwunden.«
    »Mit wem? Warum?«
    »Ein Amerikaner. Er heißt Boone Chu.«
    »Bunchu?«
    »Boone. Wie Daniel. Chu. C-h-u. Ich glaube, Sie

Weitere Kostenlose Bücher