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Mustererkennung

Mustererkennung

Titel: Mustererkennung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Gibson
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könnten
    zusammenarbeiten. Das möchte ich in die Wege leiten.«
    »Hubertus, bitte. Das ist sinnlos. Ich sagte doch schon, ich habe kein Interesse.«
    »Er ist gerade auf der anderen Leitung. Boone? Wo, sagten
    Sie, sind Sie?«
    »An der U-Bahn-Station Camden Town«, sagt eine fröhliche,
    amerikanische Männerstimme. »Mit Blick aufs Virgin—
    Gebäude.«
    »Sehen Sie«, sagt Bigend. »Er ist gleich da.«
    Leg auf, sagt sich Cayce. Tut es aber nicht.
    »Parkway, richtig?« Die amerikanische Stimme. »Von der U-Bahn geradeaus.«
    »Hubertus, das ist wirklich sinnlos …«
    »Bitte«, sagt Bigend, »treffen Sie sich mit Boone. Es kann
    doch nichts schaden. Wenn die Chemie nicht stimmt, können
    Sie nach Paris fliegen.«
    Chemie?
    »Kleiner Urlaub. Auf Kosten von Blue Ant. Ich werde veran—
    lassen, daß Ihnen das Büro ein Hotelzimmer bucht. Prämie für den H&P-Job. Wir wußten ja, daß wir uns auf Sie verlassen können. Der Kunde geht für die Herbstlinie zum neuen Logo über. Natürlich brauchen wir Sie dann, um die Umsetzung in jedem einzelnen Fall zu begutachten.«
    Schon wieder. Sie befindet, daß es wohl wirklich einfacher
    ist, diesen Boone zu treffen und dann zum Flughafen zu fahren.
    In New York kann sie Bigend immer noch aus dem Weg gehen.
    Hofft sie.
    »Ist er noch dran, Hubertus?«
    »Hier«, sagt die amerikanische Stimme. »Gehe gerade den
    Parkway rauf.«
    »Zweimal klingeln«, sagt sie und nennt ihm Haus-und
    Apartmentnummer. Legt dann auf.
    Sie geht in die Küche, holt sich eins von Damiens nagelneuen Küchenmessern und einen schwarzen Müllbeutel. Schließt die Wohnungstür auf. Es ist immer noch da, am Türknauf. Sie beißt die Zähne zusammen und stülpt den Müllbeutel darüber.
    Schneidet mit dem Küchenmesser die schwarze Schnur durch.
    Es fällt in den Beutel. Sie stellt den Beutel vor der Tür ab, schließt die Tür, bringt das Messer in die Küche zurück. Wieder zur Tür. Sie holt tief Luft, tritt hinaus. Nimmt die schwarzen Schlüssel von ihrem Hals und schließt die Tür sorgfältig ab.
    Hebt mit spitzen Fingern den Müllsack auf, in dem jetzt das
    Ding liegt wie eine tote Ratte, nur nicht so schwer, und geht runter zum nächsten Treppenabsatz, wo sie das Ganze hinter die aufgestapelten Modemagazine stopft, die der Entsorgung harren.
    Sie setzt sich an die Wand und umschlingt ihre Knie. Der
    Knoten ist wieder da, und jetzt hat, wie sie zu ihrem Ärger
    merkt, auch ihre Periode eingesetzt.
    Wieder rauf, sich darum kümmern, und kaum daß sie alles
    unter Kontrolle hat, hört sie es zweimal klingeln. »Mist verdammter …«
    Sie geht hinunter, wobei sie vergißt, die Tür abzuschließen.
    Das wird ja höchstens eine Minute dauern. Sie wird sich bei
    Bigend entschuldigen, daß sie so kurz angebunden war, aber sie wird hart bleiben: Sie läßt sich nicht auf eine von Bigend finan-zierte Suche nach dem Urheber der Clips ein. So einfach ist das.
    Die Haustür ist aus weißlackiertem Eichenholz, aber der
    Lack ist vergilbt, schartig und schmuddlig, im Prä-
    Renovierungszustand. Der Spion ist seit dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr gereinigt worden, unmöglich, etwas zu erkennen.
    Sie schließt die Tür auf und öffnet sie.
    »Cayce? Ich bin Boone Chu. Freut mich.« Er streckt ihr die
    Hand hin.
    Er trägt immer noch den Ledermantel mit den abgeschub—
    berten Kanten. Steht da, die rechte Hand ausgestreckt, die linke um den Ledergriff des ramponierten Köfferchens, das ihr vor ein paar Stunden in Soho aufgefallen war.
    »Hallo«, sagt sie und gibt ihm die Hand.
     
    11 BOONE

CHU
    Boone Chu lümmelt in Cowboy-Manier, mit lässig gekreuzten Beinen, auf Damiens neuem braunem Sofa. »Haben Sie schon andere Sachen für Blue Ant gemacht?« Sein Blick kommt ihr jetzt ein wenig bohrend vor, aber vielleicht mißdeutet sie da ja etwas, so ein chinesisch-amerikanisches Nerd-Ding, ein hem-mungsloses Hingucken.
    »Ein paar Jobs in New York.« Von ihrem Hochsitz auf dem Schreibtischstuhl aus.
    »Freelance?«
    »Ja.«
    »Ich auch.«
    »Was machen Sie?«
    »Systems.« Er hält kurz inne. »Universität von Texas, Harvard, dann hatte ich ein Start-up. Das baden gegangen ist.«
    Er hört sich nicht verbittert an. Aber Leute, die so etwas sagen, hören sich selten verbittert an, was ihr ein bißchen unheimlich ist. Normalerweise sind sie dafür einfach zu clever. Sie hofft, daß er nicht zu dieser Sorte gehört. »Wenn ich Sie google, finde ich …?«
    »Die Wellen, die es schlägt, wenn ein vergleichsweise

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