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Mustererkennung

Mustererkennung

Titel: Mustererkennung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Gibson
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produziert. Und die Preise für Importartikel oben gehalten.
    Genau wie in Japan. All die kleinen Alltagsdinge waren anders, von Grund auf.«
    »Verstehe, was Sie meinen, aber ich glaube nicht, daß es noch lange so sein wird. Nicht, wenn die Bigends dieser Welt ihr Ding durchziehen: keine Grenzen. Bald gibt es keinen Spiegel mehr, hinter dem man sich befinden könnte. Jedenfalls nicht, was die kleinen Alltagsdinge angeht.« Ihre Blicke begegnen sich.
    Sie nehmen jeder einen Becher Tee-Ersatz mit ins große Zimmer und setzen sich wieder.
    »Und Sie?« fragt er. »Was halten Sie von Bigend?«
    Und warum, fragt sie sich, führt sie dieses Gespräch überhaupt? Inwieweit hat das mit heute morgen zu tun, mit dieser flüchtigen Begegnung auf der Straße, an die er sich gar nicht mehr zu erinnern scheint? Das Gefühl urbaner Vereinzelung, das sie in dem Moment überkam: ein Fremder, den sie nie wiedersehen würde. Und jetzt ist er plötzlich hier.
    »Hubertus Bigend ist ein hochintelligenter Mann«, sagt sie, »und ich mag ihn nicht besonders.«
    »Warum nicht?«
    »Ich habe wohl Aversionen gegen sein Verhalten als Mensch.
    Nicht so stark, daß ich mich weigern würde, für seine Firma zu arbeiten, aber die Vorstellung, auf einer persönlicheren Basis mit ihm zu kooperieren, ist mir unbehaglich.« Und sofort der Gedanke: Warum sage ich ihm das, ich kenne ihn doch gar nicht, und wenn er jetzt zu Bigend geht und ihm alles weiterer-zählt?
    Er sitzt da, die langen Finger um den Becher, und guckt sie an. »Bigend kann es sich leisten, Leute zu kaufen«, sagt er. »Ich habe keine Lust, als Spielzeug an seinem Schlüsselring zu enden.
    Ich bin gewiß nicht immun gegen diese Art von Spielgeld, die Bigend zu bieten hat. Aber als das Start-up auf der Kippe stand, habe ich plötzlich Sachen gemacht, die mir später leid taten.«
    Sie sieht ihn an. Ist das wahr oder nur Eigenwerbung?
    Er runzelt die Stirn. »Was glauben Sie, warum er’s wissen will?«
    »Er denkt, er könnte es zum Produkt machen.«
    »Und dann zu Geld.« Er stellt den Becher auf den Teppichboden.
    »Er sagt, es geht ihm um Qualität, nicht um Geld.«
    »Klar«, sagt Boone Chu, »das Geld ist nur so was wie ein Ne—beneffekt. Deshalb bleibt er ja uns gegenüber in dem Punkt so vage.«
    »Aber wenn er’s beziffern würde, wäre es doch nicht mehr so interessant, oder? Wenn er uns eine fixe Summe bieten würde, wäre es einfach nur ein Job. Er appelliert an etwas Tieferes.«
    »Und tut so, als wären wir uns längst einig.«
    »Das ist mir auch schon aufgefallen.« Sie beobachtet seine Augen. »Aber wollen Sie ihm die Befriedigung gönnen?«
    »Wenn nicht, wird mir vielleicht niemals die Befriedigung vergönnt sein dahinterzukommen, was es mit der Sache auf sich hat«, sagt er. »Und das versuche ich schon seit längerem.«
    »Ach ja?«
    »Manchmal ergibt sich die Gelegenheit, wenn ich irgendwo in einem Hotelzimmer herumsitze und mit dem Ding hier spiele.« Er stupst wieder mit dem Fuß gegen das Köfferchen.
    »Bis jetzt ist nichts dabei herausgekommen, aber das reizt mich nur dazu, es weiter zu versuchen.«
    »Was haben Sie da drin?«
    Er nimmt den Koffer auf den Schoß und öffnet ihn. Das gute Stück ist mit grauen Schaumstoffwürfeln ausgekleidet. Sie bilden eine Vertiefung, in der ein neutraler rechteckiger Gegenstand aus grauem Metall liegt. Er hebt ihn heraus – ein Titan-Laptop. Und sie sieht weitere Vertiefungen, diverse aufgerollte Kabel, drei Mobiltelefone und einen dieser großen Spezial-Steckschraubenzieher. Das eine Handy hat eine liebesapfelrot und mangogelb geflammte Schale.
    »Was ist das?« fragt sie und zeigt auf das Mangohandy.
    »Japan.«
    »Und mit dem Schraubenzieher können Sie auch umgehen?«
    »Ich gehe nie ohne aus dem Haus.«
    Und irgendwie nimmt sie ihm das ab.
    Schließlich sitzen sie in diesem panasiatischen Restaurant am Parkway, Naturholz und Raku-Schälchen, und essen Nudeln, und er doziert jetzt über dieses Auflösungsding. Für die F:F:F-Veteranin ein alter Hut, aber seine Herangehensweise ist erfri-schend klar. »Sämtliche Segmente haben die gleiche Auflösung, ausreichend für die Kino-Projektion. Die visuelle Information, die nötige Körnung, alles da. Bildmaterial mit einer geringeren Auflösung wäre bei einer solchen Vergrößerung nicht mehr scharf. Wenn es also computergeneriert ist, muß jemand es entsprechend bearbeitet haben.« Er führt die Stäbchen zum Mund. »Rendering-Farms. Schon mal eine gesehen?« Er

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