Mustererkennung
in High Resolution.
Aber der Rest funktioniert so nicht. Die Standard-CPUs können mit diesem Sushi-Level kosmetischer Aufbereitung nicht mithalten.
Sie macht den Mund auf und zu, traut sich nicht, sich über die Lippen zu lecken. In der Laptop-Tasche hat sie das Reparatur-Set, das sie ihr mitgegeben haben, vermutlich ein Mehrere-hundert-Dollar-Pack jener anderen Sorte von Mac-Produkten, aber sie weiß, sie wird es nie wieder so hinkriegen.
Doch dort, die Straße runter, sind diverse Parcos, jedes mit einer Menge Mikro-Boutiquen, gegen die sich Fred Segal an der Melrose Avenue wie ein Outlet-Store in Montana ausnimmt.
Keine Stunde später verläßt sie das Parco in der geflickten Buzz Rickson, schwarzem Trikotrock, schwarzem Baumwoll—sweater, schwarzen Fogal-Strumpfhosen, die vermutlich die Hälfte ihrer New Yorker Monatsmiete kosten, und schwarzen, vage auf Retro gestylten, französischen Wildlederstiefeln, die definitiv die andere Hälfte verschlungen haben. Die CPUs, die sie anhatte, stecken in einer großen Parco-Tüte, der Laptop in einer graphitfarbenen, ergonomischen Body-Bag mit breitem Tragriemen, der diagonal zwischen den Brüsten verläuft und so dem Sweater ein bißchen Unterstützung angedeihen läßt.
Ihren CPU-Status erhielten diese Stücke mittels eines Nah—tauftrenners, erstanden in der Kurzwarenabteilung einer Muji-Filiale im achten Stock, wo sämtliche Markensymbole zurückgeblieben sind. Mit Ausnahme eines dezenten Etiketts an der Hip-Bag, auf dem einfach nur LUGGAGE LABEL steht. Damit kann sie vielleicht sogar leben. Mal abwarten.
Und das alles auf Bigends Kreditkarte. Sie weiß nicht genau, wie sie das findet, aber es wird sich wohl herausstellen.
Gleich über die Straße ist ein Coffee-Shop, ein zweistöckiger Starbucks-Klon, in dem alles Kette zu rauchen scheint. Sie holt sich ein Glas Eistee, mustert verblüfft die winzigen Portions-packungen Flüssigzucker und Zitronensaft (warum sind wir da nicht drauf gekommen?) und macht sich auf den Weg ins Obergeschoß, wo weniger Leute rauchen.
Sie setzt sich an einen skandinavisch wirkenden Tresen aus hellem Holz, an einem Fenster mit Blick auf die Straße und den Eingang des Parco, und packt Laptop, Handy und Handbücher aus. Sie gehört nicht zu den Leuten, die aus Prinzip keine Handbücher lesen, wenn sie auch möglichst viel überspringt.
Nach zehn Minuten konzentrierter Aufmerksamkeit funktioniert das LAN-Modem, und sie hat das F:F:F auf dem Schirm, also süßt sie ihren Tee und guckt, was läuft. Sie kennt dieses Stadium nach dem Auftauchen eines neuen Segments: Alle haben Gelegenheit gehabt, es mehrmals zu sehen und sich Gedanken zu machen, und jetzt kommen die persönlicheren, emotionaleren Interpretationen.
Sie guckt runter auf die Straße, wo seltsam dimensionierte Militärvehikel den Strom der blitzsauberen, aber ansonsten nicht weiter fremd wirkenden Autos (es gibt ja überall so viele japanische Wagen) unterbrechen, und sieht einen silbernen Roller vorbeifahren. Der Fahrer trägt einen dazu passenden silbernen Helm mit verspiegeltem Visier und etwas, das sie als M-1951-U.S. Army-Fishtail-Parka identifiziert. Hintendrauf ist ein rot-weiß-blaues R.A.F.-Emblem, wie eine Zielscheibe. Sie sieht plötzlich wieder das Fenster des Mod-Shops vor sich, an jenem Morgen in Soho, vor dem Meeting bei Blue Ant.
Irgendwie, denkt sie, liegt es nun mal in ihrer Natur, sich dieses eine Detail herauszupicken, dieses versprengte Mem: ein britisches Militärsymbol, von Nachkriegsmodekriegern um—funktioniert und jetzt wieder rekontextualisiert, hier, per transkulturellem Echo. Aber der Rollerfahrer hat’s erfaßt: der 51er Fishtail ist der Parka.
Sie checkt ihre E-Mail. Parkaboy.
Ich höre, o Mistress Muji.
Sie zuckt erschrocken zusammen, weil sie ja eben erst dort war, aber dann fällt ihr wieder ein, daß Parkaboy weiß, wie sehr sie auf Muji steht, weil dort nie irgend etwas ein Logo hat. Sie hat ihm von ihrem Logo-Problem erzählt.
Wo genau bist du? Soweit ich in Erfahrung
bringen konnte, arbeitet Taki tagsüber in
Shinjuku. Er schlägt vor, dich in Roppongi zu
treffen, am frühen Abend. Ich hab ihm erzählt,
du willst ihm Grüße von Keiko übermitteln und
ihm etwas geben, das sie ihm schickt. Du bist
Dozentin, aber nicht an ihrer Sprachenschule,
seit kurzem mit ihr befreundet und hilfst ihr
beim Englischlernen. Und du bist natürlich
Cliphead, das kennt er, weil Keiko auch einer
ist. Keiko hat angedeutet, es
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