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Mustererkennung

Mustererkennung

Titel: Mustererkennung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Gibson
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meiner Fähigkeit, die Marktreaktionen auf einen neuen Logo-Entwurf vorherzusagen.« Sie spürt, wie sie rot wird, und das paßt ihr gar nicht.
    »Können Sie mir ein Beispiel nennen?«
    »Das Michelin-Männchen. Es gibt noch andere Markensymbole. Auch aktuellere. Ich rede da nicht gern drüber.«
    »Danke«, sagt er völlig ernst. »Sie müssen nicht mehr weiter darüber reden. Sie meinen, Dorotea weiß es?«
    »Ich weiß, daß sie’s weiß.« Sie erzählt ihm von dem zweiten Meeting, von Bibendum und der Puppe an Damiens Türknauf.
    Er runzelt die Stirn, sagt nichts, gießt Tee nach. Sieht sie an.
    »Ich glaube, Sie haben recht.«
    »Wieso?«
    »Weil diese Frau etwas über Sie weiß, was nicht leicht herauszufinden war. Aber sie hat es herausgefunden. Das heißt, jemand hat sich eine Menge Mühe gemacht. Und dann hat sie dieses Bild aus dem Umschlag gezogen und es Ihnen gezeigt.
    Und die Puppe dort hingehängt oder hinhängen lassen. Aber ich glaube, die Puppe sollte Sie nur dazu bringen, wieder nach New York zu verschwinden. Sie sind aber nicht verschwunden, und dann bin ich aufgetaucht, und jetzt sind wir beide hier, und ich tippe, daß die Männer, die Sie beobachtet haben, für diese Dorotea arbeiten.«
    »Aber warum?«
    »Solange wir diese Kerle nicht finden, was jetzt nicht mehr sehr wahrscheinlich ist, und sie nicht dazu bringen, uns zu sagen, was sie wissen, was vermutlich nicht viel ist – keine Ahnung. Und für wen diese Dorotea arbeiten könnte, ist mir erst recht schleierhaft. Darf ich mir jetzt mal Ihren Computer ansehen?«
    Sie holt das iBook aus der Tasche, die neben ihr auf der Mat-te liegt, und reicht es ihm. Er stellt es auf den niedrigen Tisch neben seinen eigenen Laptop und nimmt ein sorgsam aufgerolltes Kabel aus seinem Köfferchen. »Lassen Sie sich nicht stören.
    Ich kann das hier erledigen und gleichzeitig reden.«
    »Was erledigen?«
    »Ich will mich vergewissern, daß nicht alles, was Sie in den Computer eingeben, sofort an jemand Dritten gesendet wird.«
    »So was ist möglich?«
    »Heutzutage? Nicht uneingeschränkt.« Jetzt sind die beiden Computer miteinander verkabelt, und er wendet sich seinem zu und legt eine CD-ROM ein. »Es hat sich viel getan in Sachen Computersicherheit seit dem elften September. Wenn die Leute vom FBI die Dinge tun würden, zu denen sie nach eigener Aussage in der Lage sind, würde ich es wahrscheinlich merken.
    Würden sie aber Dinge tun, von denen sie uns nicht erzählen, daß sie dazu in der Lage sind, dann sähe die Sache schon ganz anders aus. Und das ist nur das FBI.«
    »Das FBI?«
    »Bloß mal als Beispiel. Viele verschiedene Leute tun heutzutage viele verschiedene Dinge, und nicht alle sind Amerikaner oder Regierungsbehörden. Der Einsatz hat sich überall gewaltig erhöht.« Er macht etwas auf ihrer Tastatur, guckt dabei auf seinen Schirm.
    »Wem gehört die Wohnung hier?«
    »Marisa. Sagte ich doch schon.«
    »Und Marisa ist?«
    Er sieht auf. »Meine Ex.«
    Irgendwie hat sie das gewußt, und es hat ihr nicht gefallen, und es gefällt ihr nicht, daß es ihr nicht gefallen hat.
    »Jetzt sind wir nur noch Freunde«, sagt er und guckt wieder auf den Schirm.
    Sie hebt die Hand und streckt ihm die Handfläche mit Takis Zahl hin. »Was können Sie damit anfangen?«
    Er schaut auf. Sein Gesicht scheint aufzuleuchten. »Die Firma ausfindig machen, die das Wasserzeichen angebracht hat, wenn es denn eine Firma war. Und dann sehen, was wir über diese Firma in Erfahrung bringen können. Wenn sie jedes einzelne Segment markiert haben, müsste es ein Kundenkonto geben. Der Kunde wäre dann wohl schon ziemlich dicht am Urheber.«
    »Würden die Ihnen das sagen?«
    »Nein. Aber das heißt nicht, daß man es nicht in Erfahrung bringen kann.«
    Sie läßt ihn arbeiten, trinkt ihren Tee, betrachtet die Acht-Matten-Wohnung im bernsteinfarbenen Licht der Edison—Birnen und fragt sich wider Willen, wer die Frau ist, die hier wohnt.
    Sie hat eine Beule auf der Stirn, und das Beauty-Brain- Zeug ist jetzt wahrscheinlich eine einzige Katastrophe; sie würde sich gern einen anständig beleuchteten Spiegel suchen und den Schaden begutachten, tut es aber nicht.
    Allerdings ist sie nicht müde, gejetlagt, durcheinander oder dergleichen. Was auch immer ansonsten vor sich gehen mag – sie scheint in eine höhere Liga des Seelentransports aufgestiegen zu sein. Wo auch immer ihr Serotoninspiegel stehen mag – im Moment hat sie das Gefühl, hier zu leben.

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