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Mutiert

Mutiert

Titel: Mutiert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Hefner
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Erbinformationen von Zellen, Bakterien und Viren war mittlerweile zu einem Routineprozess geworden, an dem die unterschiedlichen Wissenschaftsgebiete der Genetik und der Mikrobiologie Hand in Hand zusammenarbeiteten. Molekularbiologen versuchten mit aufwändigen Verfahren die Proteinstruktur des Virus abzuspalten. Die enge Verzahnung der CDC mit den wissenschaftlichen Laboren der Universitäten und der Pharmaindustrie versetzte die Mediziner in die Lage, schnell und flexibel auf das Auftauchen neuer, bislang unbekannter Krankheitserreger zu reagieren. Dennoch war der Zeitfaktor noch immer die entscheidende Größe, wenn es darum ging, den Ausbruch von Pandemien zu verhindern. Strategische und medizinische Methoden mussten ineinandergreifen, um Katastrophen wie den Ausbruch der Spanischen Grippe im Jahr 1918 und die daraus entstandene weltweite Pandemie mit beinahe 50 Millionen Todesopfern künftig zu verhindern. Professor Joanna Kim war zuversichtlich, dass sie diesmal mit raschen Erfolgen aufwarten konnte, war doch die Isolierung und Identifizierung des Virus relativ zeitnah zum Ausbruch der ersten Infektionsfälle erfolgt. Trotzdem wusste sie, dass es bei allen wissenschaftlichen Fortschritten noch immer Rätsel gab, die noch nicht gelöst werden konnten.
    Als sie sich die ersten Bilder betrachtet hatte, die ihr Anne Arlette aus Brasilien übermittelte, stand sie noch lange nachdenklich vor dem Bildschirm. Eine wirksame Therapie gegen eine HTLV - 1 -Infektion gab es nicht. Das Virus überlebte lebenslang im Organismus und konnte durch körpereigene Abwehrzellen nicht eliminiert werden. Eine Autoimmunisierung fand im Körper nicht statt, doch die Wahrscheinlichkeit einer durch das Virus ausgelösten Erkrankung lag unter 0 , 1 Prozent. Im Falle des Jatapu-Virus lag diese Quote jedoch bei hundert Prozent, was bedeutete, dass auch jeder Infizierte unweigerlich an den beobachteten Symptomen des schweren hämorrhagischen Fiebers erkrankte und nach bisherigen Erkenntnissen über 99 Prozent der Patienten an den Folgen der Erkrankung starben. Bislang hatten von über siebenhundert Infizierten nur drei überlebt. Und alle drei hatten etwas gemeinsam: Sie hatten in ihrer Kindheit an einer schweren Bluterkrankung gelitten.
    » Was macht dich so gefährlich«, murmelte Joanna Kim, als sie im ausführlichen medizinischen Bericht blätterte, den ihr Professor Sander übersandt hatte. » Was ist in deinen Basenpaaren so durcheinandergeraten, dass du alles tötest, was dir in den Weg kommt?«
    Das Telefon klingelte und riss Joanna aus ihren Gedanken. Sie nahm den Hörer ab und meldete sich.
    » Haben Sie heute schon etwas gegessen?«, ertönte die Stimme des Abteilungsdirektors.
    Joanna Kim war über die Frage überrascht und stotterte ein paar ausweichende Worte in den Hörer.
    » Seit zwölf Stunden sind Sie nun schon im Einsatz, es wird Zeit für eine Pause«, mahnte ihr Chef. » Ich hole Sie in zehn Minuten zum Essen ab, und anschließend hauen Sie sich erst einmal aufs Ohr, bevor Sie weitermachen.«
    » Aber wir stecken mitten in …«
    » Hören Sie, Joanna«, unterbrach der Direktor den zaghaften Widerspruch. » Ich will, dass meine Mitarbeiter satt und ausgeruht sind, wenn sie sich an ihre Arbeit begeben. Ich weiß, wir stecken mitten in einer schwierigen Phase, aber glauben Sie mir, es bringt uns alle nicht weiter, wenn Sie uns im Labor zusammenklappen. Nur in einem gesunden und ausgeruhten Körper steckt auch ein gesunder und wacher Geist. Also, machen Sie sich fertig, wir gehen ins Le Giverny.«
    » Ich … ich weiß nicht.«
    » Ich bin Ihr Vorgesetzter, und ich dulde keinen Widerspruch!«
    » Ich weiß nicht, ob … dort fühl ich mich nicht wohl unter …«
    » Also gut, machen Sie einen Vorschlag!«
    » Ich hätte Lust auf Nudeln«, antwortete Joanna.
    » Gut, Nudeln, wenn es denn so sein soll, dann gehen wir eben in Doc Chey’s Noodle House, wäre Ihnen das angenehmer?«
    » Okay«, antwortete Joanna Kim und kniff die Lippen zusammen.
    » In zehn Minuten, ich hole Sie ab!«
    Geheimes Flugfeld am Rio Jatapu, Amazonasgebiet
    Beinahe noch zwei Stunden hatte Gene in seinem Versteck zugebracht. Sein Mund war wie ausgetrocknet, und der Magen knurrte. Über ihm war hektische Geschäftigkeit ausgebrochen. Lautes Rufen, Poltern und Dröhnen hatten den Laderaum des Flugzeugs erfüllt, bis schließlich Ruhe eingekehrt war. Geduldig hatte Gene gewartet und dann bis tausend gezählt, bevor er seine Arme gegen die Falltür

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