Mutiert
Amazonasgebiet
Zwei Transportmaschinen vom Typ Casa CN 235 waren am Vormittag auf dem Flugfeld in der Nähe des Camps gelandet und hatten medizinisches Material für die weitere Versorgung der Erkrankten im Acampamento dos infectados geliefert. Unter der Fracht befanden sich die ersten Einheiten des Hyperimmunserums, das in den Labors der CDC in Zusammenarbeit mit zwei namhaften Pharmakonzernen der USA hergestellt worden war. Professor Sander nahm die beiden Kühlboxen mit sechshundert Einheiten entgegen und brachte sie sofort in das Lager, wo er sie in einem der Kühlschränke deponierte. Das Serum war sehr anfällig und konnte bei Temperaturen über fünfundzwanzig Grad leicht seine Wirksamkeit verlieren. Heute hatten zwei Fährboote angelegt und siebzehn weitere Erkrankte aus den nördlichen Gebieten des Rio Jatapu eingeliefert. Professor Sander wollte umgehend mit den Impfaktionen beginnen. Weitere zweitausend Einheiten waren auf dem Weg, doch das Serum mit dem wissenschaftlichen Namen Hyperaurix A 33 musste erst einmal seine Wirksamkeit unter Beweis stellen. Vor allem in den ersten Tagen der Infektion waren die Chancen groß, die Ausbreitung des Virus im Blut zu verhindern oder zumindest einzuschränken, was möglicherweise zu einem sanfteren Verlauf der Krankheit führen konnte.
Die Ärzte des Camps hatten sich im großen Zelt neben dem Labor versammelt, als Professor Sander das Medikament vorstellte.
» Wir beginnen mit den Neuinfizierten, und danach gehen wir von Zelt zu Zelt«, ordnete der Professor an.
» Zehn Milliliter?«, fragte einer der anwesenden Ärzte.
» Ja, zehn Milliliter umfasst eine Einheit«, bestätigte Professor Sander. » Aber seien Sie vorsichtig. Das Serum muss umgehend verabreicht werden, nachdem es aus der Kühlbox entnommen wurde. Lassen Sie es nicht offen herumliegen und verarbeiten Sie es sofort. Es ist in jeweils fünf Einheiten abgepackt. Beobachten Sie Ihre Patienten und teilen Sie mir mit, wenn sich eine Veränderung einstellt!«
Gemurmel brach unter dem anwesenden medizinischen Personal aus.
» Machen Sie sich an Ihre Arbeit und holen Sie die benötigten Einheiten an der Ausgabe neben dem Labor ab. Ich kann nur hoffen, dass wir mit dem Mittel Erfolg haben.«
» Ich bete zu Gott, dass es wirkt«, sagte Anne Arlette, nachdem sich das Zelt geleert hatte und sie mit Professor Sander allein zurückgeblieben war.
» Heute gab es weitere sieben Todesfälle«, antwortete Professor Sander. » Vorgestern hatte ich für einen kurzen Moment den Eindruck, dass weniger Patienten von den Schiffen hierher gebracht würden, aber heute kamen wieder siebzehn Infizierte. Der Trend zeigt eindeutig nach oben.«
» Ich weiß, aber vielleicht haben wir Glück, und die Krankheit ist bei den Neuankömmlingen noch nicht so weit fortgeschritten.«
Professor Sander schüttelte den Kopf. » Es dauert alleine schon zwei Tage, bis sie hier im Camp sind. Ich habe mit Santoro gesprochen und ihn darum gebeten, dass wir direkt zu den Leuten gehen, doch er lehnt es kategorisch ab. Er hat keine Männer, um uns zu schützen. Er muss diesen Landstrich unter Kontrolle halten, und das geht nur, wenn alle Kranken zentral untergebracht werden, behauptet er.«
» Und das Sterben geht weiter«, seufzte Anne.
Der Professor nickte. » Ja, das Sterben geht weiter.«
Aswan Road in Miami, Florida
Das kleine verfallene Haus lag unweit des Opa-Locka-Flughafens in einer heruntergekommenen Gegend. Vor dem Haus stand ein alter, verbeulter Oldsmobil ohne Reifen, der auf Backsteinen aufgebockt war.
Cavallino putzte sich die Nase und holte tief Luft, als er aus dem Haus hinaus ins Freie trat.
Myers hatte sich auf die teilweise eingestürzte Mauer gesetzt und rauchte eine Zigarette.
» Das ist ein Gestank, da dreht es einem den Magen um«, sagte er zu seinem Kollegen von der Miami Dade Police.
» Ist Ryan schon da?«, fragte Cavallino.
Myers warf seine Zigarette weg und erhob sich. » Er ist auf dem Weg.«
Cavallino lachte grimmig. » Er wird Augen machen.«
Ein dunkler Chevy fuhr mit lautem Motorengeheul vor und hielt mit quietschenden Bremsen zwischen dem Streifenwagen und dem dunklen Buick des Gerichtsmediziners. Das hektische Rotlicht rotierte auf dem Armaturenbrett. Detective Leutnant Ryan stieg aus und kam mit schnellen Schritten auf Cavallino zu.
» Was ist passiert?«, fragte er seinen Untergebenen atemlos.
Cavallino zeigte mit einer Geste auf das Haus. » Da drinnen liegen zwei Leichen, riechen nicht mehr
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