Mutiert
vor dem Wagen befand und sein Fahrrad abstellte. Zagallo öffnete die Tür des Wagens und stieg aus.
» Hallo, alter Mann, wieso treffen wir uns hier mitten im Nirgendwo?«, sagte er zu Porceá.
» Wenn man mich mit dir sieht, dann sehe ich niemals mehr die Sonne aufgehen. Du weißt, wie man in unseren Vierteln mit Leuten umgeht, die sich mit der Polizei einlassen.«
» Schon gut«, antwortete Zagallo und streckte ihm die Schachtel mit den Zigarillos hin. » Was hast du für mich?«
Porceá griff nach einem Zigarillo, betrachtete es im fahlen Schein des Mondlichts, ehe er es mit seiner Zunge ableckte und sich zum Rauchen auf einem großen Stein niederließ, der neben dem Weg lag. Genüsslich blies er den Rauch in den nächtlichen Himmel.
» Was ist es dir wert«, fragte er den Polizeioffizier.
» Fünfhundert Real«, entgegnete Zagallo.
» Das ist schon einmal ein Anfang.«
» Und noch einmal fünfhundert, wenn uns die Information wirklich weiterbringt.«
» Ich habe mich umgehört, genauso wie du es wolltest«, entgegnete Porceá. » Deinen weißhaarigen Engel kennt hier niemand mit seinem richtigen Namen, aber das bedeutet nicht, dass er nicht schon oft hier in der Stadt war. Seit mehr als einem Jahr treibt er sich schon hier herum. Mir wurde berichtet, dass es einen Arzt gibt, der sich um die Leute in den Favelas kümmert. Doktor Gustavo, er hat seine Praxis in der Avenida Del Bosco. Er kennt diesen Anjo und hat ihm schon ein paar Patienten vermittelt. Allesamt schwere Fälle. Es heißt, sie haben ein Medikament bekommen. Umsonst soll es gewesen sein. Und es hat sogar manchen geholfen.«
» Welches Medikament?«, fragte Zagallo.
» Es waren Spitzen, Doktor Gustavo hat sie verabreicht. Die Behandlung war umsonst, nur durfte niemand darüber reden.«
» Doktor Gustavo praktiziert noch?«
» Ich habe mich erkundigt, es gibt ihn noch, und es gibt auch noch immer Spritzen, umsonst natürlich.«
» Gibt es jemand, der dies auch vor Gericht bestätigen würde?«
Der Alte lachte grimmig. » Keine Chance«, antwortete er. » Niemand traut der Polizei, und niemand traut diesem Staat. Alle in der Regierung füllen sich nur die Taschen, keiner tut etwas gegen die Armut in diesem Land.«
» Nur Doktor Gustavo, ich verstehe.«
» Aber es gäbe eine Möglichkeit«, fuhr Porceá fort. » Doktor Gustavo ist ein reicher Mann geworden, und er hat seine Frau verlassen und sich etwas Jüngeres zugelegt. Die Frau wohnt in Santa Rosa, und sie hat ihn in seiner Praxis unterstützt, bevor er sie davonjagte. Es heißt, er zahlt in letzter Zeit keinen Unterhalt mehr für sie. Sie hängt an der Flasche. Ich denke, diese Frau weiß eine Menge und hasst ihren Mann abgrundtief. Wenn man es richtig anstellt, dann würde sie bestimmt reden.«
Zagallo griff in seine Jackentasche und zog ein Bündel mit Geldscheinen heraus. Er zählte weitere fünfhundert Real ab und reichte sie Porceá.
» Wie versprochen, bleib weiter am Ball und zu niemandem ein Wort! Verstanden?«, sagte er.
» Ich bin doch nicht verrückt, ich will noch ein paar Jahre leben«, entgegnete der Alte, schnippte das ausgerauchte Zigarillo ins Gras und erhob sich.
Zagallo wartete noch, bis Porceá verschwunden war, ehe er den Motor seines Dienstwagens startete.
Geheimes Flugfeld am Rio Jatapu, Amazonasgebiet
Gene war durch den Notausstieg aus dem Flugzeug gestiegen und hatte sich tief auf den Boden geduckt. Die nächtliche Schwüle des Dschungels war durch den Regen fortgeschwemmt worden und einer erfrischenden Kühle gewichen. Er kroch durch die Feuchtigkeit des Buschgrases bis zur nahen Waldgrenze, immer bedacht darauf, sich im Schatten des Feuerscheins zu halten. Er wusste nicht, ob es außer den beiden Wachposten an der Hütte noch weitere rund um das Flugzeug gab. Bevor er ausgestiegen war, hatte er eine ganze Weile die Umgebung beobachtet, doch nachdem die Patrouille ihre Gefangenen in der Hütte abgeliefert hatte, waren sie wieder zurückgegangen und im nördlichen Bereich des Flugfeldes von der Dunkelheit verschluckt worden.
Diese Gefangenen hatten sein Interesse erweckt. Er musste unbedingt erfahren, wo er sich befand und was genau hier los war. Also robbte er an der Waldgrenze entlang, bis er eine Möglichkeit fand, in das dichte Buschwerk einzutauchen. Er richtete sich auf und schlich weiter. Gebückt, denn das Buschwerk war niedrig, so dass er sich von Zeit zu Zeit auf den Knien krabbelnd vorwärts bewegen musste. Schließlich erreichte er die
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