Mutiert
ab. Er fiel in die Tiefe, bis sein Fall durch ein Sicherungsseil abgebremst wurde. Der Scharfschütze blieb ein paar Meter unterhalb seiner Stellung hängen. Gene hatte seinen Blick noch immer auf den Kerl im Baum gerichtet, als er plötzlich aus den Augenwinkeln eine Bewegung wahrnahm. Ein weiterer Kerl tauchte hinter einem Baumstamm auf und schoss unkontrolliert in die Richtung des Cabos. Gene zögerte keinen Augenblick. Zwei Salven feuerte er, bevor der Kerl die Arme in die Höhe riss und mit einem gellenden Schrei zu Boden sank. Es verging keine Sekunde, und das Gewehrfeuer an der Lichtung brandete wieder auf. Kurze Feuerstöße und Einzelschüsse waren zu vernehmen. Unterdessen schlich sich der Cabo zu ihm heran und blieb schwer atmend liegen.
» Was tun wir jetzt?«, fragte Gene.
» Können Sie mit einem Präzisionsgewehr umgehen?«
Gene schüttelte den Kopf.
» Es führt eine Strickleiter nach oben«, fuhr der Cabo fort. » Wenn einer von uns die Stellung dort oben einnimmt, dann haben wir die Kontrolle über das Lager.«
» Das sollten Sie tun«, antwortete Gene. » Ich bleibe hier unten und sichere die Stellung.«
» Einverstanden!« Der Cabo wälzte sich auf den Bauch.
Erneut brandeten Schüsse auf. Diesmal eine lang anhaltende Salve. Der Cabo horchte auf.
» Das ist ein General Dynamics«, sagte er.
Gene runzelte die Stirn. » Das befindet sich auf unserem Boot«, stieß der Cabo hervor und hetzte in östliche Richtung davon. Gene richtete sich auf und folgte ihm.
Tanklager des geheimen Flugfeldes am Rio Jatapu, Amazonasgebiet
Lila hatte an der Wählscheibe des Funkgerätes gedreht, bis das statische Rauschen im Lautsprecher verstummte. Dann drückte sie die Sprechtaste.
» Hallo, hört uns jemand«, sagte sie in den Funkhörer. » Das ist ein Notfall, bitte melden. Das ist ein Notfall.«
Sie ließ die Sprechtaste los und horchte, doch eine Antwort blieb aus.
» Verdammt!«, fluchte sie. Luisa schaute sie mit großen Augen an.
» Die hören uns nicht, wir sind im Funkschatten oder so was.«
Noch einmal drehte sie an der Frequenzwählscheibe. Das Rauschen flackerte wieder auf. Sie drückte die Sprechtaste und wiederholte ihren Funkruf. Wieder keine Reaktion. » Uns hört niemand«, sagte sie entnervt.
Gerade wollte sie erneut die Hand an die Wählscheibe legen, als ein Krächzen aus dem Lautsprecher drang. » Da ist jemand!«, flüsterte Luisa.
Lila stellte den Filter neu ein und lauschte.
» Hier ist der Stützpunkt Brás, identifizieren Sie sich«, drang es aus dem Lautsprecher, der über dem Steuerruder im Fahrstand angebracht war.
» Hallo, hören Sie mich?«
» Ich kann Sie verstehen, leichtes Rauschen, wer sind Sie?«
Sie identifizierte sich und griff nach dem Zettel, den ihr der Cabo zugesteckt hatte und auf dem ihre ungefähre Position angegeben war.
» Hören Sie, unsere Position ist 2 Grad, 11 Minuten 18 , 89 Süd, 58 Grad, 08 Minuten 57 , 45 West. Wir wurden überfallen. Hier ist eine Bande von Verbrechern, die uns gefangen hält. Wir brauchen dringend Hilfe. Verständigen Sie umgehend Coronel Santoro in Urucará.«
Der Mann am anderen Ende des Funkgerätes bestätigte die Position und fragte, um wie viele Verbrecher es sich handelte. Noch bevor Lila antworten konnte, übertönte sie eine lang anhaltende Salve aus dem Maschinengewehr. Sie blickte nach draußen, ehe sie in Deckung ging. Rosburn stand hinter dem Maschinengewehr und nahm das Ufer unter Feuer. Sie sah einen bewaffneten Mann kurz vor dem kleinen Bootssteg zu Boden sinken, während ein paar weitere hinter Bäumen Deckung suchten und das Feuer erwiderten.
» Hören Sie, auf uns wird geschossen«, rief Lila in den Funkhörer. » Wir brauchen dringend Hilfe, dringend, haben Sie verstanden?«
» Verstanden, wir informieren umgehend den Coronel«, tönte die Stimme aus dem Funkgerät.
Lila ließ den Hörer los und griff nach ihrem Gewehr. » Luisa, bleiben Sie flach auf dem Boden liegen!«, sagte sie zu der Mikrobiologin, bevor sie auf den Knien den Fahrstand verließ.
48
Tanklager des geheimen Flugfeldes am Rio Jatapu, Amazonasgebiet
Die Sonne wanderte unaufhaltsam dem Zenit entgegen und breitete ihre feuchtschwüle Hitze zwischen den Bäumen aus. Wie eine undurchdringliche Glocke legte sich die Fieberglut über die Lichtung. Mittlerweile war Ruhe eingekehrt. Weder auf der Lichtung noch am Tanklager fielen Schüsse. Der Cabo lag flach hinter einem Baumstumpf und spähte in Richtung der Tanks, wo sich keine
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