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Mutter des Monats

Mutter des Monats

Titel: Mutter des Monats Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gill Hornby
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spürte sie, würde es ein bisschen schwerer werden.
    Dann öffnete sich die Tür. »Hier ist Georgina, hier drin!« Heather, war ja klar. Konnte sie einen nicht in Ruhe lassen? Nervensäge. Die machten hier einfach weiter mit ihrem blöden Kaffeeklatsch, obwohl sie schlafen wollte. Sie weigerte sich, die Augen zu öffnen, blieb liegen, im Stand-by, den Bildschirmschoner eingeschaltet.
    »Schon wieder im Wachkoma?« Sie hörte die Sorge in Rachels Stimme. »Ein bisschen früh am Tag, sogar für ihre Verhältnisse.«
    »Ach, schau mal!« Heather stand jetzt hinter ihr, fummelte an der Gardine herum, schaute aus dem Fenster und stieß immer wieder ohne Rücksicht auf Schlafende gegen das Sofa. »Ist das da draußen nicht Bea? Sie fährt die ganze Zeit hin und her. Seltsam, oder? Es gibt doch genug Parkplätze. Warum stellt sie das Auto nicht einfach ab und kommt rein?«
    »Hallihallo! Hier versteckt ihr euch also?« Tusch und Trommelwirbel. Der kritische Pegel war erreicht. Georgina schnappte sich ein besticktes Sofakissen und hielt es sich über den Kopf.
    »Hi, Deborah! Wie geht’s?«
    »Na ja, wenigstens bin ich wieder klar im Kopf. Nach meiner Spinning-Stunde laufe ich sogar wieder richtig auf Hochtouren. Es geht doch nichts über ein intensives Cardio-Workout mit hoher Fettverbrennung. Ich habe richtig Feuer im Blut. Mensch, meint ihr, es geht ihr gut?«
    »Wem? Georgina? Na ja, ich bin nicht sicher …«
    Oho. Rachel klang nachdenklich. Hoffentlich behielt sie das für sich und platzte nicht etwa hier damit heraus. »Psst. Georgina?«
    »Lasst mich in Ruhe!«
    »George?« Da, sie hatte es kapiert. »Du bist doch nicht etwa … du kannst doch nicht schon wieder …« Jetzt war der Groschen gefallen. »Ach du liebe Zeit! Das ist es!« Rachel klopfte sich auf die Schenkel. »Hab ich recht?« Sie krümmte sich vor Lachen. »Ich fass es nicht! Du hast einen Braten in der Röhre! Schon wieder!«
    Georgina öffnete ein Auge. »Hmmm, vielleicht ja.« Sie nahm das Kissen weg. »Könnte sein. Möglich. Egal.«
    »O nein!« Deborah schlug sich entsetzt die Hand vor den Mund, was Georgina als ziemliche Unverschämtheit empfand, denn das Baby war schließlich Deborahs Schuld, wurde es doch nach ihrem bescheuerten Ball gezeugt. Aus unerfindlichen Gründen hatten Georgina und ihr Mann es damals nicht mehr bis zum Badezimmerschrank geschafft. Um genauer zu sein – Georgina konnte ein Grinsen nicht unterdrücken – waren sie nicht mal mehr die Treppe hinaufgekommen.
    »Alter Schwede!« Rachel lachte immer noch. »Ihr seid mir ja welche. Wollt ihr eigentlich immer so weitermachen? Wo soll das hinführen? Wie groß soll die Familie Martin denn noch werden? Nur ungefähr. Ich meine, soll man sie auf Satellitenfotos erkennen können oder so? Chinesische Mauer, so in den Dimensionen?«
    Das gefiel Georgina. Was für ein schönes Bild. Wie die Ming-Dynastie würden auch sie Spuren hinterlassen. Der Stammbaum ihrer Familie wäre so lang und mächtig wie die Chinesische Mauer. Sie richtete sich auf, lachte und blickte glücklich in die Runde.
    Doch ein Blick auf Heather, und sie wusste wieder, warum sie bis jetzt geschwiegen hatte. In Heathers Gesicht standen Neid, Sehnsucht, Trauer. Dieselben Gefühle wie bei allen anderen Babys, die Georgina bisher bekommen hatte. Georgina verspürte ein starkes Gefühl des Überdrusses. Sie war es jetzt schon leid, noch einmal Heathers Schmerz zu erleben, sie wie ein rohes Ei behandeln und alles, was sie ihr erzählte, mit großem Fingerspitzengefühl abwägen zu müssen. Bevor ihr noch klar geworden war, dass ihr die Kraft für diesen erneuten emotionalen Kampf, für diese ständige Sonderbehandlung fehlte, war sie schon aufgesprungen.
    »Schluss damit. Mir reicht’s.«
    Sie kramte in ihrer Jackentasche.
    »Das geht niemanden was an.«
    Es war Zeit, die anderen zu schockieren. Sie ging zur Tür, wandte sich um und ließ die Bombe fallen:
    »Ich gehe eine rauchen.«
    Als Rachel durchs Zimmer schlenderte, wurde sie von allen mit einem Lächeln begrüßt. Ach, dachte sie, wie schön. Sie lächelte und winkte zurück. Das musste an der Frühlingssonne liegen, die an diesem Morgen warm auf alle Frauen herabschien. Die Menge vor dem Kuchenbüfett teilte sich, und die Frauen ließen sie durch. Wie höflich. Sharon und Jasmine hatten Melissa offenbar abgelöst, denn sie hielt sich irgendwo im Hintergrund auf und sah dem Treiben zu. Rachel nahm sich einen Scone mit etwas Marmelade und wartete, bis sie mit

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