Mutter des Monats
so auf das Thema Dichtung gekommen waren, hatte er ihr nämlich gestanden, dass er das Buch noch nicht kannte.
Sie lächelte Mrs Black zufrieden zu – die sie weder ansah noch zurücklächelte – und marschierte direkt ins Büro.
»Guten Morgen!« Tom grinste sie an.
»Hi. Wollte nur kurz fragen, wie es gestern Abend gelaufen ist.«
»Nett von dir. Ganz gut, glaube ich.« Er legte den Stift hin und schob den Stuhl zurück. Rachel fiel auf, dass er sich nach fast zwei Trimestern richtig gut eingewöhnt hatte. »Alle waren anscheinend mit dem Orchard-Etat einverstanden. Deine Mutter ist offenbar meine stärkste Unterstützerin. Sie hat bei allen meinen Vorschlägen genickt und gestrahlt.«
O weh. Rachel verspürte leises Unbehagen. Was führte sie nun wieder im Schilde?
»Obwohl die Vorsitzende mich am Ende gefragt hat, ob wir uns mal unter vier Augen unterhalten könnten. Sie kommt später zu mir ins Büro.«
»Pamela?« Größeres Unbehagen. Und was führt die im Schilde? »Du weißt, dass Pamela Beas Mutter ist, oder? Und Scarletts Oma?« Es ging bestimmt ums Mobbing.
Er lachte. »Ja, ich glaube, ich komm damit klar. Hey.« Er tippte sich auf die Brust. »Goldmedaille in der Helden-Olympiade. Schon vergessen?«
Er strotzte vor Selbstvertrauen, wie er da in der Sonne saß, die Hände hinter dem Kopf verschränkt, die Füße auf dem Schreibtisch. Aber Rachel machte sich trotzdem Sorgen. Ernsthafte Sorgen. »Hör mal, ich komme nachher noch mal kurz rein und schau nach, ob du noch lebst.«
11 Uhr: Große Pause
Heather drängelte sich durch die Menge bis zum Kuchenbüfett vor. Melissa managte hier alles allein und konnte sich vor Käufern kaum retten, doch sie sah ruhig, gelassen und elegant aus.
»Kann ich dir helfen? Sag mir, was ich tun kann – bitte!« Heather war bei solchen Anlässen lieber Teil eines Teams, denn dann mussten die Leute mit ihr reden.
»Alles im Griff, danke.« Melissas Lächeln war ehrlich, auch ihre Augen lächelten. Heather war ganz entzückt. »Schön, dass du da bist. Was hättest du gerne?«
Als Heather den Blick über die vielen köstlichen Kuchen wandern ließ, entdeckte sie ihn: den Malteserkuchen vom Flohmarkt, der sie damals gerettet hatte! Sie schob sich ein Stück auf den Pappteller und hielt Melissa das Geld hin. »Hast du den gebacken? Der ist unglaublich lecker!«
»O, vielen Dank!« Melissa warf das Geld in eine Dose. »Uraltes Familienrezept. Stammt noch aus der Zeit der Entdeckung des Maltesers.«
»Wow. Echt?« Heather wusste nicht genau, wer oder was ein Malteser war … Ach so. Ein Witz! Melissa war so geistreich. Wenn Heather mit ihr Freundschaft schließen wollte, müsste sie wirklich mehr auf Zack sein.
»Hi.« Colette trat an den Tisch und fuhr die Ellbogen aus. »Melissa. Was kann ich tun? Wie kann ich dir helfen?«
Heather schob sich zurück durch die Menge in den Raum. Einen Augenblick stand sie allein da, ihren Kaffeebecher in der einen Hand, den Teller in der anderen, und sah sich um. Es herrschte natürlich reger Andrang an diesem Morgen. Klar, ein solches Haus bekam man nicht alle Tage von innen zu sehen. Nicht mal die direkten Nachbarn hatten es je betreten. Mit Melissas Einzug hatte sich so einiges verändert.
Von der »Clique« hatte sich noch niemand eingefunden. Rachel wollte mit Georgina kommen, also mit Verspätung. Mit wem sollte Heather also reden, während sie wartete? Sie schlenderte auf Ashleys Mutter zu, die anscheinend ein paar Pfunde verloren hatte und mit Abby am Fenster stand. Prima, Heather freute sich für sie. Doch als sie näher kam, drangen ihr die ersten Gesprächsfetzen ans Ohr: Zusagen, Info-Abende, Schuluniformen, Busverbindungen. Auweia, dachte sie. Nein danke. Von der weiterführenden Schule wollte sie überhaupt nichts wissen. Von diesem Thema wollte sie sich nicht die gute Laune verderben lassen.
Der Gedanke an die nächste Phase im Leben ihrer Tochter erfüllte sie mit solcher Panik, dass ihr davon schwindelig wurde. Das psychedelische Muster auf Melissas Retro-Teppich zog sie in seinen Bann, und sie musste ein paar Mal blinzeln, um wieder zu sich zu kommen. Schon von Maisies Geburt an hatte sie sich immer wieder vor der nächsten Entwicklungsphase ihres Kindes gefürchtet. Am ersten Tag, als sie auf dem Bett im Krankenhaus gesessen hatte, war sie so glücklich gewesen, dass sie dem zweiten traurig entgegengesehen hatte. Es war ein Vergnügen gewesen, ein Baby im Arm zu halten, doch gleichzeitig hatte sie sich
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