Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mutter des Monats

Mutter des Monats

Titel: Mutter des Monats Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gill Hornby
Vom Netzwerk:
gehalten, mit Rachel zu sprechen. Sie wusste auch nicht, was sie ihm hätte sagen sollen. Zwei Verlassene ergaben nicht zwingend was Neues.
    Ja, sie war während der Osterferien einsam gewesen, und ja, in ihrem Leben klaffte offensichtlich eine Lücke. Mehrere Lücken: Sie war ihrer Mutter aus dem Weg gegangen. Sie hatte die Schnauze voll von Heather. Seit Pamela sie wie ein Türsteher nicht zu ihm vorgelassen hatte, waren auch ihre harmlosen Treffen mit Tom Orchard ausgeblieben. Sie musste zugeben, dass er ihr fehlte. Sehr sogar. Obwohl zwischen ihnen überhaupt nichts lief.
    Auch die Kinder hatten sich sehr verändert. Früher hatte Rachel im Zuge ihre diversen Aktivitäten immer wieder Kontakt zur Außenwelt gehabt – abholen, hinbringen, rausgehen, kurz reinkommen. Doch seit über zwei Wochen hatte Poppy ihre sozialen Aktivitäten selbst in die Hand genommen und mit Maisie im Schlepptau die Nachbarschaft unsicher gemacht, in der Sonne. Rachel war an den Spielfeldrand verwiesen worden, nur für Notfälle da, auf dem Rastplatz ihres Lebens geparkt wie ein Verkehrspolizist an einer viel zu wenig befahrenen Straße. Und sie langweilte sich.
    Doch egal, wie oft sie es in Gedanken inspizierte: Dieses zerschlissene, löchrige Netz, das sie ihr Leben nannte, wies einfach keine Lücke mehr auf, die Chris hätte füllen können. Dass er sie verlassen hatte, war ihr egal geworden. Das Beste an ihrem Tag war der kleine Vorgeschmack auf erwachsene Gesellschaft gewesen, den sie heute Vormittag im Kupferkessel genossen hatte. Jetzt hatte sie Hunger – einen Bärenhunger – auf mehr. Sie machte sich auf die Suche nach Heather.
    »Wusstest du, dass diese Buche kilometerweit der einzige Baum ist, der den Hurrikan von 1987 überstanden hat?«
    Heather bemühte sich gar nicht erst, ihr Gähnen zu unterdrücken. Rachel spürte ihre Einsamkeit umso stärker. Tom Orchard hätte diese kleine Perle des Wissens sicher geschätzt. Sie sah hinüber zum Rektorat und konnte erkennen, wie er sich gerade über den Schreibtisch beugte. Mit so einer Neuigkeit wäre sie früher sofort in sein Büro gestürmt, und er hätte sich mit Freude darauf gestürzt. Darüber hätten sie stundenlang quatschen können.
    Erst als sie sich zusammengerissen hatte, fiel ihr auf, dass Heather ganz anders aussah. Verändert. Sie strahlte förmlich. Als hätte sie den Nachmittag im Bett ihres jugendlichen Liebhabers verbracht.
    »Und wie war dein Tag?«
    »Meiner?« Heather blickte sich um. »Fragst du mich?« Sie zwinkerte verunsichert, dann grinste sie breit. »Absolut fantastisch! Mittags hatten wir eine WOKO -Versammlung, die war total klasse. Danach war ich bei deiner Mutter.«
    »Na, in deinem Leben tobt ja der Bär! Moment, du warst bei meiner Mutter ?«
    Das war ziemlich bahnbrechend, wenn auch nur im Kleinen. Ja, gut, es ging nur um Heather und Rachels Mutter, aber trotzdem. Sie wusste gar nicht, dass sich die beiden trafen. Davon hatte sie überhaupt nichts mitbekommen. Vielleicht hatte sie zu allem Überfluss auch noch auf dem falschen Rastplatz des Lebens geparkt …
    »Hm. Guy war sowieso da und hat ihren Obstkasten aufgebaut. Und sie brauchte Hilfe mit den Bienen.«
    Rachel stöhnte auf. »Ich war schon wochenlang nicht mehr da. Hat sie was gesagt?«
    »Sie hat es erwähnt. Ein- oder zweimal. Es gibt viel zu tun, und sie ist ganz allein.«
    »Na, es hat sie ja keiner dazu gezwungen. Ehrlich! Das ganze Getue um die Bienen. Nur für ein Glas Honig.«
    »Ich hol meinen bei Lidl.« Joanna hatte sich zu ihnen gesellt. »Der ist völlig in Ordnung.«
    »Genau«, sagte Rachel bestimmt. »Warum tut sie sich das bloß an?«
    »Na ja«, warf Melissa ein. Sie kam gerade aus dem Krankenhaus. »Die Bienenzucht ist wichtig, weißt du. Es geht nicht nur um Honig. Sie sorgen ganz nebenbei auch noch dafür, dass die Natur funktioniert …«
    »Ich weiß, das hat sie mir auch erzählt.« Heathers Augen glänzten. »Ich fand das sehr beeindruckend.«
    »Ohne Bienen würde die Menschheit innerhalb von vier Jahren aussterben«, zitierte Georgina, die mit Hamish an der Hand auf den Schulhof kam. »Einstein, oder?«
    »Ach, wirklich?«, fragte Joanna gelangweilt. »Für wen spielt der?«
    » Science United «, gab Melissa zurück. Rachel sah zu, wie sich beide abklatschten und kicherten. Noch eine Freundschaft hatte sich hinter Rachels Rücken entwickelt. Joanna war bezähmt. Vollkommen handzahm.
    »Ach, wie witzig«, sagte Georgina ungeduldig. »Mensch, wir sind ja voll

Weitere Kostenlose Bücher