Mutter des Monats
sogar Rachel eine eindeutige Überlegenheit erkennen konnte.
»Was passiert mit ihr, wenn die Neuen geschlüpft sind?« Rachel verspürte ein bisschen Mitleid mit der Königin, wie sie so dasaß. Selbstbewusst. Beschäftigt. Hatte keine Ahnung, dass man sie bald gegen ein jüngeres Modell eintauschen würde. Kann uns allen mal passieren …
»Na, entweder sie nimmt die kleine Gruppe Arbeiterinnen mit und gründet woanders ein neues Volk – dann schwärmen sie aus …«
Rachels Mutter schob das Absperrgitter wieder in den Stock und befestigte den Deckel.
»Oder was?« Rachel folgte ihr zurück durch das Gartentor. »Welche anderen Möglichkeiten gibt es?«
Sie liefen durch den Garten wieder zum Haus zurück.
»Hmmm?« Rachels Mutter streifte die Handschuhe ab und zog die Kapuze herunter. »Das ist besser«, sagte sie und schüttelte zur Kühlung den Kopf. »Ach, sonst wird sie totgestochen.«
Rachel blickte ehrfurchtsvoll zurück auf die Bienenstöcke. Auch sie schüttelte den Kopf. »Wahnsinn.« Dann quälte sie sich aus dem Overall. »Danke dir. Ganz herzlich. Ach, übrigens.« Das würde ihrer Mutter gefallen. So was fand sie immer ganz toll. »Also, ähm.« Überrascht stellte Rachel fest, dass sie sich mit den Worten immer noch schwertat wie eine Katze, die ein Fellknäuel auswürgte. »Ich mache heute Abend beim Quiz in der Schule mit.«
Ihre Mutter hielt inne und fuhr herum.
»Das ist ja so eine nette Veranstaltung.«
Höchste Zeit, die Biege zu machen, dachte Rachel.
»Ich und Pamela übernehmen die Auswertung – drüben am Jurorentisch.«
Rachel warf den Overall auf einen Gartenstuhl und schnappte sich ihre Jeansjacke.
»Achte darauf, bei den Fragen genau zuzu…«
Rachel schlüpfte in ihre Ballerinas und legte sich die Jacke um die Schultern.
»…hören, bevor du antwortest.«
Die Tasche ergriffen, die Schlüssel hervorgekramt.
»… darfst nicht zu viel erwarten …«
Zum Auto gehastet.
»Tschüss Mum, bis später.«
»… gib einfach dein Bestes.«
19 Uhr: Einlass
Georgina parkte, sprang aus dem Auto und eilte in Richtung Festsaal. Vor lauter Lampenfieber klopfte ihr das Herz bis zum Hals, ihr Hirn lief auf Hochtouren, und sie war gespannt wie ein Flitzebogen. Sie stürmte in den Saal wie Heinrich V. aufs Schlachtfeld – und traf auf ein paar Leute, die Tische herumschoben.
»Georgina Martin!«, krakeelte Clover. »Sieh mal einer an. Was treibt dich denn schon her? Du bist eine halbe Stunde zu früh dran.«
Wie blöd!
»Ich lach mich tot«, sagte Colette und kicherte. »Im Moment sind nur die Leute da, die Tische aufbauen. Jetzt sag nicht, du willst da mitmachen?«
Sharon und Jasmine standen sich gegenüber und zogen ein Tischtuch straff. Deborah und Kazia waren schwer damit beschäftigt, eine Wand aufzustellen, die aussah wie die Filmkulisse von Heidi . Bea schwebte durch den Raum, während Pamela mit einem Lineal auf der Anzeigetafel Striche zog.
»Hab mich mit der Zeit vertan«, murmelte Georgina und zog sich in Richtung Tür zurück. »Krass. Da helfe ich nicht mit.« Sie wandte sich ab, wobei ihre kleine Rundung sichtbar wurde. »Genau der richtige Zeitpunkt, um eine zu rauchen. Vielleicht sogar zwei.« Sprach’s und verzog sich auf den Parkplatz.
Sie kramte Zigarettenschachtel und Feuerzeug aus der Tasche. Was zum Teufel war heute nur mit ihr los? Sie war ja ganz aus dem Häuschen.
Gegen den Zaun gelehnt sah sie dem Rauchkringel hinterher, der elegant von ihrer Zigarette in den klaren Abendhimmel aufstieg, und beschloss, hierzubleiben, bis die anderen aus ihrem Team eintrafen. Sie schnippte die Asche auf den Boden und bemerkte, wie aus der Dämmerung eine Gestalt auf sie zukam.
Es war Melissa mit einem großen Tablett voller Lavendel und anderen Kräutern in kleinen Töpfen.
»Ha, Georgina!« Ihr Lächeln war herzlich und gewinnend. Sie blieb nicht stehen. »Schau an. Wissen deine Kinder, dass du gar nicht rauchst?«
»Hä?« Georgina dachte, sie hätte sich verhört. Melissa klang so gelassen, sie war völlig ungerührt. Als würde sie »Hallo« sagen und »Schönen Abend«. Aber das hatte sie nicht … Georgina aschte noch mal ab, aber nur, damit sie zu Boden schauen konnte.
»Was? Keine Ahnung, was du da redest.« Auweia. War das ihre aufsässige Teenager-Nummer? Wie war sie denn in die Rille gerutscht?
»Ich habe dich beobachtet.« Melissa war fast neben ihr angekommen, setzte ihren Weg aber unbeirrt fort und klang immer noch einigermaßen unbeteiligt, als
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