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Mutter des Monats

Mutter des Monats

Titel: Mutter des Monats Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gill Hornby
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wäre sie mit anderen Dingen beschäftigt. »Du steckst sie dir an, aschst ab, trittst sie aus. Aber an der Zigarette ziehen tust du nie.«
    »Du spinnst doch. Total.«
    »Worum geht es dabei? Versteckst du dich hinter dem Rauch?« Sie hatte den Eingang erreicht, ihre Stimme klang noch immer sanft, als würde sie einfach laut nachdenken.
    »Typisch Psychotante.«
    »Analytikerin, bitte.« Mit ihrem prallen kleinen Hintern schob sie die Tür auf.
    »Verrücktes Huhn.«
    »Oder machst du es, damit die Menschen dir nicht zu nahe kommen?« Jetzt war sie schon im Saal, aber immer noch gut zu hören. Wie machte sie das nur? Die Frau war echt unheimlich.
    »Erzähl mir nicht, dass man dir für diesen Schwachsinn auch noch Geld gibt«, rief Georgina ihr hinterher.
    Aber die Tür war schon zu.
19.30 Uhr: Aperitif
    Rachel hatte schon vielen Feierlichkeiten in der Coronation Hall beigewohnt, die eine langweiliger als die andere. Dementsprechend erstaunt war sie, als sie durch die schwere Eichentür mitten ins betriebsame Getümmel trat. Wie süß, dachte sie. Die armen Schweine, die keine Freunde hatten, waren wegen des bunten Abends ganz aufgeregt – es war ihnen gegönnt. Sie sah auf die Uhr. Hoffentlich dauerte das nicht zu lang. Am besten wäre es, wenn der Abend vor halb elf ausklingen würde, dann könnte sie sich auf dem Sofa noch die Nachrichten anschauen.
    Sie blieb am Eingang stehen und ließ den Blick durch den Saal wandern. Ihre Mutter und Pamela standen neben der Anzeigetafel. Wenn sie das richtig sah, trug Pamela dasselbe Headset, mit dem Bea schon auf dem Flohmarkt herumstolziert war. Zwischen ihnen stand Tom Orchard – o je, den hatte sie schon seit Wochen nicht mehr gesehen. Rachel hatte gehört, dass er noch zu keinem Team gehörte. Er würde dort einspringen, wo man ihn brauchte. Momentan stand er aber einfach nur rum, während die beiden alten Vetteln um seine Gunst buhlten. Sie wussten offenbar genau, wo er gebraucht wurde. Okay, was auch immer sich da hinten abspielt, dachte Rachel, ich werde mich da hübsch raushalten.
    Sie marschierte zu den Tischen und war bass erstaunt über den Anblick, der sich ihr dort bot. Unter einem Picknick verstand Rachel ein paar mit Käse und Tomaten belegte Brote und eine Tüte Chips. Sie hatte sich ziemlich darauf gefreut, wollte sogar einen Schokoriegel spendieren, doch Deborah und Kazia hatten abgewinkt und ihr gesagt, sie hätten schon alles im Griff. Jetzt bekam das Wort auf einmal eine völlig neue Bedeutung.
    Beas Tisch war mit einem weißen Leinentuch, glänzendem Silber und einer Reihe von Kerzenleuchtern geschmückt. Bea selbst trug einen rosa Fummel mit Spaghettiträgern, dazu ein Diadem, das, wie Rachel wusste, eigentlich Scarlett gehörte. Tony, der Perversling – fetter und rotgesichtiger denn je –, hatte sich in seinen Smoking gezwängt, die Gäste hatten sich um den Tisch versammelt und nippten am Champagner. Das von einem Blumengesteck umflorte Schild mit dem Namen ihres Teams »Die amtierenden Sieger« ragte wie ein ausgestreckter Mittelfinger in den Saal.
    Clover, einen Sombrero auf dem Kopf, saß an einem mit Kakteen dekorierten Tisch inmitten einer Schar von Lehrern und Lehrerinnen. Ach du dickes Ei, dachte Rachel, von Clover zubereitete Tex-Mex-Gerichte: Die gesamte Lehrerschaft wird sich morgen wegen Brechdurchfall krankmelden. Melissas Tisch war der Schönste. Auf einem grün karierten Tischtuch standen kleine Töpfe mit Frühlingsblumen und selbst gezogenen Kräutern. Ihre Gruppe nannte sich »Die emsigen Gärtner«.
    Dann winkte Deborah sie an eine alpenländisch dekorierte Tafel. Sie war im Trachtenlook und hatte die Haare zu Zöpfen geflochten. »Was hältst du davon?« Sie strahlte. »Fondue – hihühihü!«, jodelte sie. Georgina, die bereits saß, verdrehte die Augen. »Eins kann ich dir sagen, es war echt knifflig, an Edelweiß zu kommen.« Joanna saß ein wenig abseits, die Arme verschränkt, die Miene finster. Guy, Heathers Mann, sah blass und elend aus. »Das Problem ist«, raunte Heather in Rachels Ohr, »dass er weder Brot noch Käse essen kann.« Deborahs Mann Mark schenkte Rachel ein Glas Glühwein ein. »Mach dir keine Sorgen, Schätzchen. Ehe wir uns versehen, ist es schon vorbei.« Er senkte die Stimme zu einem Flüstern: »Ich habe vorsorglich für neun Uhr einen beruflichen Notfall organisiert.«
    Rachel riskierte einen Blick auf Tom Orchard. Die Mütter stritten sich immer noch um ihn.
    »Wer ist denn jetzt die

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