Mutter des Monats
ein, dass es an der Zeit wäre, sich Gedanken über das zu machen, was sie den Frauen bei dieser bekloppten Aktion Mittagsmenü eigentlich servieren sollte. Doch da fiel ihr Blick auf den Küchentisch. Ihrer Meinung nach handelte es sich dabei um eine ganz individuelle Kunstform. Stillleben: »Familienfrühstück«. Nur ein wahrer Künstler hätte eine Collage aus Beano, GirlsTalk , Der Zauberwald und Biff and Chip schaffen können – ach, Mist, Biff and Chip hätten eigentlich in die Schule gehört – und diese mit Eigelb, Frosties und Apfelsaft garniert. Ein anregender Diskurs zum Thema Ernährung der Jugend . Ein echtes Meisterwerk …
Doch selbst ihr war klar, dass das Ganze nüchtern betrachtet ein heilloses Chaos darstellte. Georgina wusste, das Problem lag tiefer, als das bloße Auge reichte. Ein guter Kunsthistoriker wäre in der Lage, unter dem Stillleben dieses Frühstücks ein weiteres, älteres mit dem Titel Abendessen vom Vortag freizulegen, er müsste nur ein bisschen an der Oberfläche kratzen. Und darunter verbargen sich noch unzählige andere Meisterwerke mit Titeln wie Sonntagsbraten und Abendbrot , die weit in die Vergangenheit zurückreichten, bis zur Tafel mit der Glitzerdekoration, die, wie Georgina noch genau wusste, den Titel Weihnachten vor sechs Jahren trug.
Als der Boden noch komplett mit Schuhen bedeckt gewesen war, hatte keiner auf den Küchentisch geachtet. Jetzt, wo die Fliesen, na ja, freigelegt waren, sprang ihr der Küchentisch ins Auge. Und verspottete sie. Steckte die Finger in die Ohren und drehte ihr eine lange Nase. Stand da, glotzte sie an und streckte ihr gewissermaßen die Zunge raus. »Auweia«, sagte sie zu Hamish, der wieder im Laufstall saß, und mit stiller Hingabe seine Windel füllte, »was haben wir da nur losgetreten?«
Selbstverständlich könnte sie alles in den Müll werfen, aber einiges davon brauchte sie noch. Diesen Tisch aufzuräumen hieß wie ein Chirurg über Leben und Tod jedes einzelnen Malbuchs, Filzstifts und anderen Gegenstands zu entscheiden, aber dazu fehlte Georgina einfach die Zeit. Dabei hatte sie sich noch nicht mal ein Mittagsmenü überlegt. Sie warf einen Blick auf die Uhr. Super. Noch nicht ganz zwölf. Keine Panik. Noch ein Weilchen. Gerade genug Zeit für eine weitere kreative Lösung.
Deborah putzte sich die Schuhe auf der Matte ab, hakte den Fuß um die Hintertür und zog sie ins Schloss. Und plötzlich ging ihr ein Licht auf, wie sie es gern ausdrückte. Ping!, dachte sie. Dann kamen ihr Zweifel. Machte das Licht beim Aufgehen wirklich »Ping«? Wie hieß es richtig? »Plopp!« Oder vielleicht »Tra-ra«? Egal, ihr war jedenfalls ein umwerfender Geistesblitz gekommen. Der Garten war tatsächlich herrlich himmlisch. Sie wollte ja nicht prahlen, aber wahrscheinlich war er viel herrlich himmlischer als die Gärten anderer Familien aus St. Ambrose – das Mr Orchard, der Gute, ständig als »unsere Gemeinschaft« bezeichnete. Mon Dieu ! Jedenfalls könnte sie die anderen doch ein bisschen an ihrem Garten teilhaben lassen, auf eine ganz besondere Art. Man könnte hier etwas Großartiges steigen lassen, was alle umhauen und eine Riesensumme für diese armen Kinder zusammenbrächte. Bea hatte ihr neulich auf der Versammlung so leidgetan. All diese witzlosen Ideen, wie man ein paar Pence hier und ein paar Pence dort sammeln könnte. Wenn die so weitermachten, würden sie noch sammeln, wenn sie schon mit einem Bein im Grab standen – die würden noch Lotterietickets auf der eigenen Beerdigung verkaufen und hinterm Krematorium selbst gebackenen Kuchen feilbieten.
Die Spende der Greens durfte ruhig etwas üppiger ausfallen, und so was wäre genau das Richtige. Ein Sommerball. Für St. Ambrose. Der St. Ambrose Sommerball . Sie sah es schon vor sich: ein Festzelt unten am Teich ... nein, am See. Für eine Nacht würde sie den Teich zum See machen. Ein Sommerball am See. Fantastisch!
»Kazia!« Kazia zuckte zusammen und ließ das Bügeleisen fallen. Daran war nur Deborah schuld, denn sie kam nie zweimal an einem Morgen in den Hauswirtschaftsraum.
»Entschuldige bitte. Hast du dich verbrannt? Hör zu: Ich habe eine Wahnsinnsidee.« Kazia hörte aufmerksam zu, während Deborah ihren großartigen Plan erläuterte. Er wuchs mit ihren Erklärungen, mittlerweile plante sie ein Abendessen für bis zu zweihundert Gäste mit Feuerwerk und Tanz und einer Jazzband am See. Sie war so begeistert, dass Kazias Worte sie trafen wie ein Schwall eiskaltes,
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