Mutter des Monats
Kanne Kaffee und ein bisschen warme Milch. Um alles andere kümmern wir uns schon selbst«, unterbrach Joanna.
Deborah blieb die Spucke weg. Faszinierend! Joanna kannte diese Person offenbar. Was bedeutete, dass Deborah das Spitzenhäubchen um zwei Ecken ebenfalls kannte! Was für wundervolle Wendungen ihr Leben gerade erfuhr. Sie genoss diese neue Tiefe, Schärfe und Bereicherung …
»Sollen wir weitermachen?«, fragte Rachel.
»Wo war ich stehen geblieben? Ach ja, das Catering. Also …«
»Hallöchen! Hab’s doch noch geschafft«, verkündete Jasmine. »Rückt mal ein Stück.«
»Tschuldige die Verspätung«, fügte Sharon hinzu. »Bea hat gemeint, sie versucht, auch noch zu kommen, aber mit ihrem neuen Job, ihr wisst schon, da …«
»… ist sie ständig am Jonglieren«, seufzte Jasmine.
»Wenn ich Premierministerin werde«, verkündete Joanna, »dürfen nur noch ausgewiesene Zirkusartisten das Wort ›Jonglieren‹ verwenden.«
»Wollen wir weitermachen?«, fragte Rachel.
»Ja, genau. Das Catering. Bea hat mir netterweise einen kleinen, aber wertvollen Tipp gegeben. Es gibt eine Cateringfirma namens Fliegender Teller , vielleicht kennt die ja eine von euch?«
»Ja, ich hab ihre Imbissbude auf dem Parkplatz neben der Autobahn gesehen«, antwortete Joanna.
»Da hast du sicher was verwechselt, hm? Aber schön, dass du dich einbringst, Joanna. Bea hatte was von einer Verbindung zu unserer Schule gesagt. Gehören die Besitzer vielleicht zur Gemeinde von St. Ambrose?«
»Ich wette, sie meint Pam, die Köchin, erinnert ihr euch? Der alte Rektor hat sie wegen irgendwas rausgeschmissen. Wurde ziemlich unter Verschluss gehalten, die Sache«, warf Clover ein. »Auf deine Verantwortung, wenn du meine Meinung wissen willst. Auf deine Verantwortung.«
»Ach, das kann ich mir nicht vorstellen.« Deborah wurde langsam echt sauer. »Bea wird mir wohl kaum jemanden empfehlen, auf den man sich nicht verlassen kann. Denn niemand, absolut niemand kümmert sich mehr um diese Schule und das Wohlergehen unserer Kinder als Bea.« Herrschte hier auf einmal eine Menge negative Energie, oder bildete sie sich das nur ein? Deborah reagierte sehr sensibel auf negative Energie. Wenn Bea nur endlich käme. »Hat denn jemand im Rahmen von privaten Empfängen mit anderen Cateringunternehmen zu tun gehabt? Gibt es Empfehlungen?«
»Private was?«, fragte Joanna.
» LOL !«, japste Sharon.
» ROFL !«, quietschte Jasmine.
»Dann ist die Sache wohl entschieden.« Hier musste ein Machtwort gesprochen werden. »Wir beauftragen den Fliegenden Teller . So, weiter im Programm. Musik. Hat jemand Vorschläge?«
Schweigen. Dann sprang Joanna plötzlich auf. »Wisst ihr was?«, prustete sie, wobei sie unzählige Krümel im Raum verteilte. »Ich würde glatt meinen Hintern vergessen, wenn er nicht so riesig wäre! Wayne natürlich! Wayne ist mein Kumpel«, erklärte sie Georgina. »Echt lieber Kerl. Kümmert sich im Heim rührend um seine Mutter, die alte Gewitterziege. Bei dem habe ich noch was gut.« Dann wandte sie sich wieder an die Runde: »Ja, Wayne ist okay. Klarer Fall. Der macht das.«
»Fantastischer Beitrag. Danke, Joanna!« Deborah hätte gern etwas mehr erfahren, aber bei Joanna hielt sie sich lieber zurück. Die hatte Haare auf den Zähnen. »Könnte ich jemanden dafür gewinnen, mit, ähm, Wayne Kontakt aufzunehmen? Fragen, ob er Zeit hat? Könnte das vielleicht jemand stemmen ?«
»Jetzt hör mal genau zu!« Da! Hatte sie es doch geahnt: Haare auf den Zähnen. »Wenn ich sage, Wayne macht das, dann macht Wayne das. Klar? So langsam geht mir das hier auf den Wecker!«
»Sorry. Gut. Großartig. Wayne macht das. Weiter. Unter welches Motto stellen wir den Ball?« Bei diesem Thema fühlte sich Deborah tatsächlich am sichersten. Bei Mottos war sie einfach unschlagbar. Das war ihr Ding. Bei jeder Gelegenheit. Beim letzten indischen Essen hatte sie einen Sari getragen, und in der Küche hatte es ausgesehen wie in Kerala. Das war richtig dufte gelaufen.
Komischerweise verlor Deborah genau bei diesem Thema die Kontrolle über das Meeting. Sie entglitt ihr einfach, die Kontrolle. Komplett. Schon kurz nach der Einleitung, als sie ihr persönliches Wunschmotto, nämlich Strand und tropisches Paradies vorstellte, weil sie ja eigentlich einen Sommerball geplant hatte, und das damals ihre Vision, ja, ihr Traum gewesen war – wenn man eine Vision hat, soll man sie auch verfolgen, und wenn man einen Traum hat, soll man ihn nicht
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