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Mutter des Monats

Mutter des Monats

Titel: Mutter des Monats Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gill Hornby
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oder?«
    »Moment mal. Welche Hühner?«
    »Die ich gekauft habe. Die netten Nachbarn ein paar Häuser weiter haben versprochen, mir einen Hühnerstall zu zimmern. Die brauchen bestimmt nicht lange dafür. Dann hast du etwas Beschäftigung.«
Montag, 15.15 Uhr: Schulschluss
    Heather war sehr in Eile, doch Deborah hielt sie auf.
    »Heather, hast du kurz Zeit?«, wollte Deborah fragen, doch ihre Lippen waren so schmerzhaft geschwollen, ja geradezu deformiert, dass ihre Worte klangen wie »E’er hafu urf Eih?«
    »Herrje, Deborah, was ist denn mit dir passiert? Hat dich was gestochen?« Heather war erschrocken stehen geblieben. Auf Krankheiten und dergleichen reagierte sie äußerst sensibel. Man wusste ja nie ...
    »Neih. Alef klar. Mit meihen Liffen is nichth.«
    »Doch, ist es wohl!« Heather hatte die Stimme erhoben und sprach besonders deutlich. »Ich habe Fenistil in meinem Notfallpack.« Guy hatte ihr eingeschärft, nie ohne kleine Notfallapotheke aus dem Haus zu gehen. Sie wühlte in ihrer Handtasche herum.
    »Nein, wirklich nicht. Am ersten Tag ist das völlig normal. Meine Lippen machen mir keine Sorgen, sondern der Ball. Dieser Weihnachtsball. Ehrlich gesagt hatte ich gehofft, dass Bea ihn mit mir zusammen organisiert. Wir sind offensichtlich völlig kompatibel, und ich dachte, wir könnten uns ein bisschen dabei amüsieren.«
    Heather bemerkte das »wir«. Sie wünschte, sie wäre auch dabei. Deborah war gerade erst fünf Minuten dabei und schon ein fester Wir-Bestandteil.
    »Aber jetzt hat sie wegen ihres neuen Jobs abgesagt, und ich soll stattdessen eine Arbeitsgruppe ins Leben rufen! Dabei kenne ich hier doch noch niemanden! Oder nur ein paar Leute. Du hast das mit dem Flohmarkt so klasse hingekriegt. Könntest du bei meiner Arbeitsgruppe mitmachen? Bitte?«
    Es war noch nicht lange her, da hatte Heather bitten und betteln müssen, um überhaupt in die Nähe einer Arbeitsgruppe zu gelangen. Letztes Jahr hatte Bea noch gemeint, es sei »wahrscheinlich am besten«, wenn sie sich bei den Versammlungen um die Getränke kümmerte. Hach, wie sich ihr Standing seit Sonntag verändert hatte! Heather war nicht nur mit im Boot, sie hatte ein Ruder in der Hand!
    »Aber sicher. Gerne. Aber jetzt muss ich los. Beas Kinder sind zum Abendessen bei mir.«
    Rachel hatte die Hände tief in den Taschen ihrer Fliegerjacke vergraben. Es war knackig kalt heute, und jetzt, am Nachmittag, schon dunkler als letzte Woche. Ein Teller heiße Suppe zum Abendessen, dachte sie. Genau das Richtige. Mach schon, Poppy, beeil dich, bevor ich hier anfriere.
    »Ahel!« Das kam von Deborah. Nein, doch nicht. Da sprach eine Karikatur von Gerald Scarfe, oder? Sie hatte aufgequollene Lippen wie Mick Jagger und versuchte krampfhaft, Rachel etwas mitzuteilen, doch die verstand nichts außer dem Wörtchen »Komitee« – das allerdings laut und deutlich.
    Nein, hätte ihre unmissverständliche Antwort vor der Psychositzung im Bienenstock gelautet. Vielleicht auch »Tut mir leid, aber ich bin schon künstlerische Beraterin für die Einrichtung der Bibliothek. Mehr kann ich nicht übernehmen.« Doch jetzt fühlte sie sich verpflichtet, möglichst schnell an irgendetwas teilzunehmen, und sei es nur, um ihrer Mutter das Maul zu stopfen. Es war vielleicht zu spät, mit den Pfadfindern um den Fliegenpilz zu tanzen, aber sie könnte, wenn auch schweren Herzens, bei Deborahs beklopptem Ball helfen.
    Also lautete ihre Antwort: »Ja, gern.«
    »Prima! Treffpunkt Kupferkessel . Am Freitag. Wenn wir die Kinder zur Schule gebracht haben.«
    »Wie schön«, log Rachel. Und ganz im Geist von Glasnost fragte sie: »Haben sich deine Kinder schon eingewöhnt?«
    Da war Deborah nicht mehr zu bremsen: Alles wunderbar. Jetzt war es offiziell: Milo und Martha waren die glücklichsten Kinder und St. Ambrose die beste Schule der Welt. Die davor war nur was für Snobs und überhaupt ganz mies gewesen. In St. Snob hatte man nämlich behauptet, Milo sei ein »Problemkind«. Dabei war er einfach nur hochbegabt. Für besondere Kinder war eine staatliche Grundschule einfach unschlagbar. Die Lehrer waren wunderbar, die anderen Kinder so nett. Die ganze Familie war einfach ganz, ganz, ganz begeistert. So viele ihrer Freundinnen hätten gemeint, hallo? Auf eine staatliche Schule? Ob sie denn verrückt sei? Wo alle so unerzogen seien und Schimpfwörter und dergleichen benutzten?
    »Ach, schau«, sagte Rachel, »da ist meine Tochter!« Und machte sich schleunigst aus dem

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