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Mutterliebst (German Edition)

Mutterliebst (German Edition)

Titel: Mutterliebst (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antoinette van Heugten
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Richterin …“, protestiert Langley.
    „Der Zeuge darf seine Meinung darüber wiedergeben, welche Art Instrument die Verletzungen, die er vorgefunden hat, verursacht haben könnte, aber das ist alles. Wenn Sie mehr wollen, dann finden Sie das Beweisstück oder berufen Sie einen richtigen Zeugen, der aussagen kann, was er oder sie gesehen hat. Sie können es jedenfalls nicht durch diesen Zeugen versuchen. Haben wir uns verstanden?“
    „Jawohl, Euer Ehren“, seufzt Langley.
    Die Richterin winkt ihrem Gerichtsbeamten. „Schicken Sie die Geschworenen für den Fall, der heute Nachmittag angesetzt ist, nach Hause. Es ist offensichtlich, dass wir heute nur mit dieser Anhörung beschäftigt sein werden.“ Sie wendet sich wieder an Langley. „Fahren Sie fort.“
    „Dr. Smythe, würden Sie bitte die Verletzungen beschreiben, die Sie während der Obduktion von Jonas Morrison an seinem Körper vorgefunden haben?“
    Smythe, der einen schwarzen Nadelstreifenanzug mit weißem, gestärktem Hemd und grauer Krawatte trägt, umgibt eine Aura ruhiger Autorität. Er richtet seine Brille und blickt kurz auf den Bericht, der auf seinem Schoß liegt. „Am späten Nachmittag des 20. Juni habe ich eine Obduktion an Jonas James Morrison durchgeführt, männlich, siebzehn Jahre alt. Die ersten Verletzungen, die ich untersucht habe, waren zahlreiche Stichwunden an den Unter- und Oberarmen, an den Oberschenkeln und im Lendenbereich des Verstorbenen. Es gab Blutungen in Nase und Mund sowie petechiale Blutungen im Weiß des Auges. Die Oberschenkelschlagader und die Oberschenkelvene waren beide durchstochen.“
    Langley tritt an den Zeugenstand heran. „Doktor, waren Sie in der Lage, die Anzahl der Stichwunden am Körper des Jungen zu zählen?“
    Smythe schaut auf. „Ich habe ungefähr dreihundertfünfzig solcher Stichwunden gezählt.“
    Ein Keuchen geht durch den Gerichtssaal. Sevillas dreht sich um, damit er die Reaktion besser abschätzen kann. Marianne, in einem dunklen Hosenanzug, schluchzt. Die Reporter, die hart darum gekämpft haben, einen Sitz neben ihr zu ergattern, haben die Arme um sie gelegt und trösten sie. Wimperntusche läuft über ihr Gesicht wie dunkler Zuckerguss über einen weißen Kuchen. Als Sevillas sich wieder nach vorne wendet, wirft ihm Richterin Hempstead einen harten Blick zu.
    Langley hält inne, um Marianne mitfühlend anzuschauen, während er Smythes Aussage eine Weile wirken lässt. „Was würden Sie sagen, Doktor, wie groß sind diese Stichwunden?“
    Smythe nimmt seine Brille ab und reibt sich die Augen, ganz so, als habe allein die Aufgabe, all die Wunden zu zählen, seine Augen überfordert. „Es sind immer fünf Stichwunden in Serie, die mindestens drei bis sechs Millimeter breit sind.“
    „Was meinen Sie mit fünf Stichwunden in Serie?“
    „Ich meine damit, dass das Instrument, das benutzt wurde, um die Stichwunden herbeizuführen, fünf Zinken hatte, und jeder dieser Zinken war etwa drei bis sechs Millimeter breit.“ Er veranschaulicht das Ganze, indem er den Abstand mit den Fingern anzeigt. „Ungefähr so.“
    „Das heißt also, wann immer das Instrument in die Haut gerammt wurde“, folgert Langley betont langsam, „hinterließ es fünf nebeneinander liegende Stichwunden?“
    „Das ist korrekt.“
    Langley lehnt sich gegen den Zeugenstand. „Doktor, können Sie uns sonst noch etwas über die physische Beschaffenheit des Objekts sagen, das die Verletzungen verursacht hat?“ Hempsteads Augen verengen sich zu Schlitzen, während sie auf die Antwort wartet. Sevillas beugt sich in seinem Stuhl vor.
    „Ich kann sagen, dass es mindestens zehn Zentimeter breit war und vermutlich aus einer Art Metall bestand. Darauf deuten die klaren Schnitte hin, die es hinterließ“, erwidert Smythe. „Angesichts der Tiefe der Wunden würde ich sagen, dass es vermutlich fünfzehn bis zwanzig Zentimeter lang war.“
    „Einspruch, Euer Ehren.“ Sevillas erhebt sich halb von seinem Sitz.
    „Das ist eher spekulativ denn sachlich begründet.“
    „Stimmt, aber ich lasse es zu“, entgegnet die Richterin. „Ich bin keine der Geschworenen, Mr Sevillas, und es scheint eine vernünftige Schlussfolgerung, die der Gerichtsmediziner aufgrund seiner Untersuchungsergebnisse anstellt. Fahren Sie fort, Mr Langley.“
    „Doktor, was haben Sie als Jonas Morrisons Todesursache festgestellt?“
    „Viele der Stichwunden waren nur oberflächlicher Natur. Diese allein hätten nicht den Tod des Jungen verursacht.

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