Mutterliebst (German Edition)
würden, um einander in den Rücken zu stechen, sind legendär.
Georgia nimmt Danielle die Zigarette aus der Hand und drückt sie aus. „Nun, das Unmögliche ist geschehen. Sie haben zusammen eine Flasche Single-Malt geköpft – und bis über beide Ohren gegrinst.“
Es braucht keinen Hellseher, um zu ahnen, was da vor sich geht. Ihre Abwesenheit hat E. Bartlett so stinksauer gemacht, dass er zugestimmt hat, Lymans Kandidaten zu unterstützen. Danielle wickelt sich fester in ihren Pullover. „Das gefällt mir gar nicht.“
„Das glaube ich dir“, entgegnet Georgia. „Ich habe auch gehört, wie einer von Lymans Lakaien sagte, dass Lyman E. Bartlett nicht für fünf Cent über den Weg traut. Es würde zu E. Bartlett passen, Lyman die große Freundschaft vorzugaukeln und ihn dann bei der Versammlung der Partner gnadenlos in die Pfanne zu hauen.“
Danielle fühlt, wie ein Funke Hoffnung in ihr aufkeimt. Sie greift nach Georgias Hand. „Das würde ihm wirklich ähnlich sehen, nicht wahr?“
„Schon.“ Georgia drückt zwar kurz Danielles Hand, doch irgendetwas stimmt nicht mit ihrer Stimme. „Aber leider ist E. Bartlett nicht dein einziges Problem. Es gibt Gerede, dass sich die Partner vergangene Woche getroffen und entschieden haben, angesichts finanzieller Engpässe und niedriger Arbeitsstunden vielleicht einige der Gesellschafter zu feuern.“
„Was?“
„Das Ziel ist, vier von uns bis Januar loszuwerden“, erklärt sie leise.
Danielles Herz krampft sich angstvoll zusammen, bis sie die Zahlen im Kopf durchgeht. „Nun, zumindest haben du und ich nichts zu befürchten. Wir sind die Spitzenproduzenten in der ganzen verdammten Abteilung.“
„Genau – und deshalb sind wir auch die teuersten.“ Georgia seufzt und reicht ihr ein Blatt Papier. „Da ist noch mehr. Ich habe eine Kopie der neuesten Gedankengänge der Partner, die bei dem gestrigen Treffen besprochen wurden – aus dem Papierkorb von E. Bartletts Sekretärin.“
Danielle enthält sich eines Kommentars zu Georgias Methoden. „Und?“
„Und …“ Georgia holt tief Luft. „Du darfst dir keinen Schnitzer erlauben – oder du fliegst raus.“
9. KAPITEL
Danielle sitzt in einem abgenutzten Plastikstuhl, der sich mit einem hydraulischen Mechanismus hochfahren lässt, sodass die Friseurin mit dem knallroten Lippenstift und der toupierten Haarmähne einen besseren Blick auf sie werfen kann. Country-Musik dringt aus den Lautsprechern, während die Frau eine Kaugummiblase zerplatzen lässt und ihr Urteil fällt.
„Schneiden.“ Sie wirbelt Danielle herum. „Und eine Dauerwelle.“
Danielle sieht die Augen der Frau im Spiegel. Sie wirken so groß und wild wie die einer religiösen Fanatikerin, die ungebeten auf der Türschwelle erscheint und für dein Seelenheil beten will. Oh, zum Kuckuck, denkt sie, drastische Zeiten erfordern drastische Maßnahmen. Mit einem Kopfnicken gibt sie ihre Zustimmung.
Nachdem Georgia gegangen war, hatte Danielle wie eine Verrückte gearbeitet – Kunden angerufen, eidesstattliche Erklärungen bearbeitet und Rechnungen geschrieben. Georgias Besuch hat sie in Panik versetzt. Sie muss unbedingt zur Partnerin befördert werden. Wenn sie es nicht schafft, weiß sie nicht, wie sie die horrenden Kosten der Klinik bezahlen soll, geschweige denn die Privatschulen und weitere Behandlungen, die Max vielleicht brauchen wird.
Als Marianne schließlich auftauchte und sie fragte, ob sie nicht für eine Weile entfliehen möchte, hatte Danielle schon ganz eckige Augen. Schnell schnappte sie sich ihre Handtasche und kletterte in Mariannes Wagen. Auf der Fahrt quer durch die Stadt plaudern und lachen sie. Über der Tür des Schönheitssalons hängt der Namenszug „Pearl“, dessen rote Buchstaben schon ganz verblasst sind. Danielle genießt die Zeit dort so sehr, dass sie sich von Marianne nach der Pediküre davon überzeugen lässt, auch den Rest ihres Äußeren ernsthaft in Angriff zu nehmen. Außerdem möchte sie so gut wie möglich aussehen, wenn sie am Abend mit Tony zum Dinner geht. Sie führt eine kurze Unterredung mit Pearl, lässt sich auf einen Stuhl fallen und überlässt sich den Händen der Friseurin.
Die Schere bewegt sich mit süßer Endgültigkeit durch ihr Haar. So wahrhaftig und schlicht. Die Säurelösung auf ihrem Kopf empfindet sie als schockierend kalt. Unter dem Trockner verfällt sie in eine Art Trance. Plötzlich ist sie wieder schwanger mit Max und sieht ihn durch die hauchdünne Haut ihres
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