Mutterliebst (German Edition)
einem Mal verliert sie die ohnehin nur mit äußerster Mühe gewahrte Fassung. Georgia schlägt die Hände vors Gesicht, während sie von heftigen Schluchzern geschüttelt wird. Danielle hält ihre Freundin fest im Arm, bis die sich allmählich wieder beruhigt. Verzweifelt blickt Georgia auf. „Was soll ich nur tun? Was mache ich mit Melissa?“
„Wo ist sie jetzt?“
„Ich hab sie ins Auto gepackt und ins Haus meiner Mutter in der Bronx gebracht, dann bin ich hierhergekommen.“ Georgias Gesicht sieht noch immer absolut blutleer aus. „Ich wusste nicht, was ich sonst tun sollte.“
Danielle tätschelt ihre Hand. „Du hast das Richtige getan. Kannst du ein paar Tage bleiben?“
Georgia schüttelt den Kopf. „Ich muss heute Mittag wieder fahren. Am Freitag beginnt mein Prozess im Simmons-Fall.“
„Was für ein Timing.“
„Das kannst du laut sagen.“
Danielle holt ihren Schlüsselbund vom Schreibtisch und löst einen der Schlüssel von dem Metallring. „Bleib so lange in meiner Wohnung, wie du willst. Wenn ich zurückkomme, könnt ihr beide das Gästezimmer haben. Wir finden eine Lösung. Im Moment musst du dich auf Melissa und den Fall konzentrieren.“
Georgia nimmt den Schlüssel mit dankbarem Blick entgegen und wischt sich die Tränen fort. „Es kann sein, dass ich deine Wohnung nur zwischendurch mal nutze, um aus dem Büro herauszukommen. Ich brauche unbedingt ein bisschen Ruhe und Frieden.“ Sie seufzt. „Melissa und ich werden bei meiner Mutter wohnen, bis ich entschieden habe, was ich tun werde. Gott sei Dank ist Mom im Ruhestand und Melissa noch nicht in der Schule.“ Sie holt tief Luft. „Okay, genug zu mir. Wie läuft es mit Max? Wie hältst du dich?“
„Oh, Gott, Georgia, bitte nicht.“ Sie hört die Anspannung in ihrer Stimme.
„Okay“, erwidert Georgia mit einer Geduld, die Danielle nicht besitzt. „Ich will keine hässlichen Details hören. Sag mir nur eins. Wann kommst du nach Hause?“
Danielle schiebt einen Aschenbecher voller Zigarettenkippen quer über den Couchtisch. „In einer Woche, vielleicht auch in zwei.“
„Du kommst doch zur Versammlung der Seniorpartner zurück, oder?“
„Natürlich. Ich will Max nicht allein lassen, aber ich werde ganz sicher nicht meine Partnerschaft aufs Spiel setzen.“
„Das ist mein Mädchen. Du wirst die erste weibliche Seniorpartnerin sein. Wie können sie jemanden übergehen, der einen Fünfzehn-Millionen-Dollar-Fall vor dem Supreme Court gewonnen hat? Trotzdem solltest du dich besser bald mal im Büro blicken lassen.“
Danielle schüttelt den Kopf. „Jetzt nicht. Die Ärzte haben Schwierigkeiten, Max’ Medikamente richtig einzustellen, und er braucht mich hier. Jedes Mal, wenn ich auch nur leise andeute, dass ich nach New York zurück muss, um zu arbeiten, wirkt er vollkommen panisch.“
„Wie oft siehst du ihn?“
„Morgens und nachmittags.“
Georgia blickt sich in dem Hotelzimmer um. „Was tust du die restliche Zeit über?“
Hinter Danielles linkem Auge braut sich ein dumpfer Kopfschmerz zusammen, der sich leicht zur Migräne auswachsen könnte. „Ich arbeite. Nein, das stimmt nicht wirklich. Ich versuche zu arbeiten.“
Georgia lehnt sich zurück. „Nun, das ist gut, denn die Lage im Büro verschärft sich.“
„Was meinst du damit?“
Ihre blauen Augen verdunkeln sich. „Das ist ein weiterer Grund, weshalb ich hierhergekommen bin. Du musst wissen, was da vor sich geht. Dieser heuchlerische Kriecher, Gerald Matthews, macht sich in seiner üblichen salbungsvollen Art an alle Partner heran und flüstert ihnen ein, dass er die natürliche Wahl für deine Position wäre.“
„Ach, um den mache ich mir keine Gedanken.“ Danielle klingt unbekümmert.
„Nun, aber über das hier solltest du dir Gedanken machen.“ Georgia wirft ihr einen bedeutungsvollen Blick zu. „E. Bartlett heckt irgendetwas aus, und es ist nichts Gutes.“
Danielle verstummt. E. Bartlett schon wieder. Sein wenig einnehmendes Gesicht taucht vor ihrem inneren Auge auf. Die letzten paar Jahre waren hart gewesen für Danielle, die als sein offizieller Lakai fungieren musste. Sie weiß, dass einige der Mächtigen da oben insgeheim gehofft haben, sie würde aufgeben und woanders hingehen – natürlich nachdem sie genug Geld mit ihr verdient hatten. Aber sie kennen sie nicht und wissen nicht, dass sie niemals aufgibt. Langsam und widerwillig hatte E. Bartlett ihr Talent anerkennen müssen. Auch wenn er es nie zugeben würde, sie ist
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