Mutterschuldgefuehl
nächste Studie im Umlauf ist, die die späte Einschulung propagiert, ist mein Ruf eh wieder dahin. Dann gelten wir alle, die wir hier kämpfen, als überehrgeizige Mütter, die ihre Kinder dem Leistungswahn opfern.
Wir suchen die perfekte Schule
Herdentrieb hat für mich zunehmend einen schalen Beigeschmack. Es ist ja auch nicht schöner, zusammen zur Schlachtbank zu traben. Die anderen Mütter von Kann-Kindern und ich haben jetzt diesen gequälten Ausdruck im Gesicht, wenn wir über Schule reden. Diese Diskussionen, diese Zweifel, das Damoklesschwert einer missratenen Schulkarriere, eines unglücklichen Kinderlebens. Wir können das Wort »Einschulung« schon kaum mehr hören, dabei hat die Sache an sich ja noch gar nicht angefangen.
Denn jetzt geht sie ja erst richtig los, die Schullaufbahn. Und damit wären wir bei dem zweiten Ansatz zu versuchen, ein Kind zu den gewünschten Leistungen zu bringen: Wir schicken es auf die perfekte Schule. Wir schicken es auf die Schule, die seine Potenziale bestmöglich ausbaut und die Defizite effizient ausbügelt. Wir suchen die Lehranstalt, die profundes Wissen und höchstmögliche Bildung verspricht.
Es ist unnötig zu sagen, dass die Suche nach dieser besten aller möglichen Schulen um einiges belastender ist als die Suche nach dem perfekten Kindergarten. Denn es geht ja nicht nur darum, als eine Art Kunde Schulen zu prüfen. Sondern jetzt geht es ans Eingemachte, jetzt zeigen wir Flagge. Es gibt bald Noten für die Leistungen unserer Kinder und wenn man so will, ernten wir Mütter jetzt die Früchte unseres jahrelangen Einsatzes. Wird unser Kind im Schulsystem bestehen? Ist es selbstständig genug? Kann es Frustration tolerieren? Wird es auch schön lernen wollen? Es wird sich bald zeigen. Die berüchtigten ersten fünf Jahre sind vorbei, in der wir die optimalen Grundlagen legen sollten. Das Einzige, was wir jetzt vor der Einschulung noch tun können, ist, die Schule zu finden, die auch ohne unser individuelles Coach-Programm einen bestmöglichen Start garantiert.
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Früher musste ein Kind die Schule besuchen, die seinem Wohnort am nächsten war. Diese Regelung gilt heute nicht mehr. Heute geht das Kind in den meisten Fällen in die Schule, die den Eltern am besten gefällt. Diese Schule aber
zu finden, ist recht knifflig, weil Schulen heutzutage einem steten Wandel unterworfen sind.
Schulreformen und Grundschulprogramme
Wenn ich ein Buch über Schulreformen schreiben wollte, wären die vielen innovativen Schulprogramme der letzten Jahre Stoff genug für mehrere Bände. Und dies nicht nur, weil sich die Schulpolitik von einem Bundesland zum anderen Bundesland gehörig unterscheidet. Nein, das Thema »Wie mache ich die beste Bildung mit möglichst wenig Geld?« ist ein sehr komplexes Gebilde, auf das unzählige Pädagogen und Experten angesetzt sind und welches wahrscheinlich in seiner Schwerfälligkeit und Unüberschaubarkeit Grund ist für viele nette kleine Depressionen im Land. Wer einmal in einer GroÃstadt auf einer Informationsveranstaltung zum Thema »Frühzeitige Einschulung« war, weiÃ, wovon ich spreche. Viele Gremien und Ausschüsse zerbrechen sich jahrelang den Kopf, präsentieren stundenlang das, worauf sie sich letztendlich nach unzähligen zähen Diskussionen und Sitzungen einigen konnten, und der Laie denkt, das hätte er auch in 15 Minuten erzählen können. Bildungspolitik ist eine sehr undankbare Aufgabe.
Es gibt äuÃere Schulreformen, die auf die Ãnderung von Schulformen hinzielen (wie etwa die Einführung von Ganztagsschulen), die Ãnderung des Einschulungsalters, das Einführen von Vergleichsarbeiten, die Regelungen der Versetzung oder die Ordnung der Leistungsbewertungen. Und es gibt innere Schulreformen, die auf der Ebene einzelner Schulen erfolgen, wie der verstärkte Einsatz von Projektarbeiten, die Verminderung des Frontalunterrichts, klassen-übergreifende Lehre oder bilinguale Ausrichtung. In den meisten Bundesländern hat jede Schule die Pflicht, ihr eigenes Schulprogramm zu entwickeln, ihr Profil zu definieren und zu beschreiben. Diese Schulprogramme sollen von verantwortungsvollen Eltern gelesen und schlieÃlich bewertet werden.
Grundschulprogramme werden aber nicht von allen Eltern studiert. Da machen wir uns besser gar nichts vor. Einige Familien wissen mit theoretischen
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