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Mutterschuldgefuehl

Titel: Mutterschuldgefuehl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Hartmann
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Lehrerleben. Schlechte Noten, schlechtes Lehrerleben.
    Alle lernen für die Tests. Und man merkt gleich: Der Druck, bei internationalen Vergleichsstudien besser abschneiden zu müssen, kann Lehrer und Politiker heutzutage die Freude an ihrer Arbeit gründlich verderben. Und dies erklärt, warum alle Lehrer und Bildungspolitiker in Deutschland es lieber als je zuvor sehen, wenn die lieben Kleinen gute Zensuren in der Schule haben. Ja, man könnte sogar von einem gewissen Leistungsdruck auf die Kinder sprechen, Höchstleistungen zu bringen nicht mal ausschließlich um der Zukunft der Kinder willen, sondern auch um der Zukunft einzelner Lehrer und Politiker willen.
    Nun gibt es natürlich verschiedene Ansätze, ein Kind dazu zu bekommen, die aus verschiedenen Gründen erwünschten Leistungen zu erbringen. Der erste Ansatz ist der, den Experten
in den letzten Jahren verschärft seit den allerzartesten Anfängen eines Kindes verfolgt haben: Sie instruieren die Mütter.

Wann ist der richtige Zeitpunkt zur Einschulung?
    Ich als Mutter, jetzt kurz vor Schulanfang meiner Tochter, habe bereits etliche Jahre Mütterbelehrungen hinter mir. Belehrungen, die mir immer wieder freundlich und bestimmt eintrichtern, wie ich zu sein habe, damit mein Kind wird, wie es zu sein hat. Und nun, kurz bevor ich meinen Nachwuchs fix und fertig der öffentlichen Hand mit Dokumentation der Kita für die Schullaufbahn übergebe, ist eine meiner letzten Aufgaben, hier an diesem wichtigen Wendepunkt dieses jungen Lebens zu entscheiden, wann meine Tochter denn überhaupt eingeschult werden soll.
    Der Zeitpunkt der Einschulung ist überaus wichtig für die gesamte zukünftige Entwicklung meines Kindes. Ein Schulkind muss die nötigen körperlichen, geistigen, sprachlichen, emotionalen und sozialen Voraussetzungen mitbringen, um Spaß am Lernen zu haben. Sonst hat es von Anfang an die Nase voll und die Noten sind schlecht. Ein »Special Einschulung« 2006 der Stiftung Warentest mahnt eindringlich.
    Â 
    Â»Alle Eltern müssen sich die Frage stellen: Ist unser Kind schulfähig und schulbereit? (…) Die ersten Lern- und Schulerfahrungen prägen die gesamte Schullaufbahn - oft negativ. Folge: Viele Kinder lehnen Schule und schulisches Lernen frühzeitig und dauerhaft ab.«
    Â 
    Mir als erfahrene Mutterschuldnerin wird bei diesem Gedanken schon ganz flau. Ich sehe die Besserwisser-Kommentare von Familie, Freunden und anderen Müttern direkt vor mir, wenn mein Kind keine Lust hat, in die Schule zu gehen:
    Â»Ich habe dir doch gleich gesagt, du hast das Kind zu früh/ zu spät eingeschult! Das war doch absehbar, dass das nicht klappen kann!«

    Vor einigen Jahren hätten Eltern eine derart gelagerte Verantwortung auf das Bundesland abschieben können, aber merkwürdigerweise war es damals kaum Thema. Ein Kind musste mindestens sechs Jahre alt sein, bis es in die Schule gehen konnte, auf Antrag auch älter. Das war dann die ganze Diskussion. Diese Altersgrenzen gibt es heute nicht mehr. Kinder dürfen bei entsprechender Eignung in vielen Bundesländern bis zu einem bestimmten Stichtag im Jahr auch schon mit fünf Jahren eingeschult werden, denn es gilt, das Kind mit seinen Fähigkeiten, sozialen Kompetenzen und Begabungen dort abzuholen, wo es steht. Und diese neue Regelung heißen einige Eltern, Politiker und Arbeitgeber sehr willkommen. Kommt sie doch dem Profil des idealen Bewerbers mancher Unternehmen entgegen, der optimalerweise mit 25 Jahren fünf Sprachen spricht, sportlich-schlank ist, Berufs- und Auslandserfahrung hat und einen Doktortitel vorweisen kann. Je früher die Kleinen anfangen, desto besser sind die Chancen, vielleicht sogar tatsächlich einmal einen solchen idealen Arbeitnehmer darzustellen.
    Allerdings sind Kinder für diesen kleinen Wettbewerbsvorteil nicht so einfach zu verplanen, wie man es gerne hätte. Die Experten sind sich generell nicht recht einig, ob eher eine Einschulung mit fünf oder sechs Jahren oder eine späte mit sechs oder sieben Jahren von Vorteil ist - es gibt immer wieder in einigen Abständen interessante Studien zu diesem Thema, die sich gerne gegenseitig widersprechen. Aber offenbar sind sich alle einig, dass der falsche Zeitpunkt verheerende Folgen haben kann, welcher auch immer das individuell sei.
    So, und wie bekommen wir den falschen Zeitpunkt heraus? Unsere Tochter ist im September geboren und

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