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Muttersoehnchen

Muttersoehnchen

Titel: Muttersoehnchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silke Fink
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Maik, und sie war fordernd. Ihr persönlicher Ehrgeiz und ihre kompromisslos romantischen Vorstellungen an eine Beziehung schufen ein explosives Gemisch aus emotionalen Reaktionen. Was Samstag noch in Ordnung war, war Sonntag schon falsch. Meldete sich mein Sohn zu selten, gab es Ärger, rückte er ihr zu sehr auf die Pelle, auch. Wenn sie Maik brauchte, emotional oder zur Unterhaltung, musste er da sein. Da sie aber selbst nicht so genau wusste, wann das sein würde, sollte er sich besser im Standby halten. Sie war nur liebreizend, wenn sie etwas wollte, und ansonsten sehr eifersüchtig auf seine Musik und seinen Kumpel Jannick. Glück, so empfand sie es wohl, durfte nur in ihrer Nähe stattfinden. Und ihr Recht auf ungeteilte Aufmerksamkeit wollte sie einklagen können. Sie selbst aber dokumentierte mit der kurzfristigen Absage von Verabredungen ihre Unabhängigkeit.
    Zeichen der Zuneigung ohne garantiertes Widerrufsrecht fielen Nora schwer. Sie operierte, als müsste sie sich schon mal vorsorglich gegen männliche Unterdrückung schützen. Der Beziehungsfilm war in ihrem Kopf schon längst abgedreht, so als wisse sie genau, wie es zu laufen hat, wenn es überhaupt etwas werden sollte. Der junge Alltag blieb aber hinter ihrer Märchenwelt zurück, und deshalb schrieb sie jeden Tag nach Lust und Laune das Drehbuch um.
    Der Druck auf meinen Jungen war enorm. Das Männchen Maik wurde zum Server, der das Betriebssystem Bedien’ mich! 2.01 dem anspruchsvollen Weibchen Nora auf die Festplatte spielte. Aus einer
gegenseitigen liebevollen Körperkunde wurde die Vermessung ihres und die Generalinspektion seines Körpers. Die Frage nach der Länge treibt männliche Vertreter seit jeher um. Aber mein Sohn fragte sich darüber hinaus, ob er auch lange genug hielt. Länger als der Langmut seiner Freundin. Sie erwartete das verbindliche Angebot, allabendlich in den Sonnenuntergang zu reiten, und er versprach ihr nur das unverbindliche Glück bis zum nächsten Morgen.
    Nora ist ein Einzelfall, glaubte ich, so sind nicht alle. Ich musste aber feststellen, dass mindestens Noras Freundinnen auch so waren. Wenn sie eine Freundin mitbrachte, wurde es so richtig anstrengend für Maik. Im Doppelpack machten die Mädchen sich lustig über die Begriffsstutzigkeit von Jungen im Allgemeinen und deren dämliche Vorliebe für endlos lange Computerspiele im Besonderen. Zeigten sie sich tolerant, waren sie in Wirklichkeit desinteressiert, weil sie was Besseres vorhatten. Es schien ihnen egal zu sein, was die darüber dachten, über die sie ihre Witze rissen. Ihnen fiel nicht auf, dass ihre Sprüche unreflektiert männerfeindlich waren, eine Haltung, die sie nur übernommen haben konnten, möglicherweise von ihren Müttern und ganz bestimmt von der veröffentlichten Meinung. Sie kannten keine Chauvi-Sprüche mehr und auch nicht den Dummerchen-Satz: Davon verstehst du nichts. Mit den Waffen einer Frau zahlten sie den Nachgeborenen sprücheweise die Unterdrückungen und Demütigungen heim, die ihre Mütter vielleicht noch im Ansatz erlebt hatten, sie selbst aber bestimmt noch nie.
    In den Augen dieser Mädels schien es lediglich zwei Typen von Männern zu geben: das Arschloch und das Weichei. Das Arschloch würde sie verletzen und das Weichei wollten sie nicht haben. Letztlich lief es immer nur auf die Frage hinaus, wer emotional oben lag.
    Nach neun Monaten war Schluss mit Nora. Obwohl auch Maik Ermüdungserscheinungen zeigte, war sie es, die das Ende setzte. Als sein zartes Männerherz brach, hörte ich es kaum. Ich sah es nur an unserer Telefonrechnung, die nach Noras Ferien mit ihren Eltern auf Gomera bei uns eintrudelte. 153 Minuten abgehende Verbindungen ins Ausland ohne Billigvorwahl, in denen er versucht hatte, sie umzustimmen.
    Zum Trost verdoppelte Maik morgens seine Portion Schokopops, das klebrig-süße Cornflakes-Derivat, und abends den Konsum
der Alkopops, die genauso klebrigen branntweinhaltigen Limonaden. Wir Großen verstanden ihn nur zu gut, denn wir hatten in der Liebe zu Latte Macchiato und Baileys im Kakao unsere flüssigen Tröster entdeckt. Und beides wurde deshalb im Glas serviert, damit wir uns mit beiden Händen daran festhalten konnten wie einst in der seligen Räucherstäbchenzeit am aromatisierten Tee. Süßes war mal Weiberkram, Klares reine Männersache. In der modernen Kaffeekultur aber finden sogar Emanzenweiber und Bankbubies zueinander. Die gleichberechtigte Welt ist auf alle Fälle süß und klebrig.
    Mit den

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