Mutti ist die Bestie: Die heimliche Diktatur vieler Mütter (German Edition)
Königstein und Bad Soden – die »Taunus-Mamis«, wie die Frankfurter Allgemeine Zeitung sie in einem im September 2010 erschienenen Artikel nennt – hatten in der Regel einen gut bezahlten Job als Ärztin, Beraterin bei McKinsey oder Werbefrau. Spätestens nach der Geburt des ersten Kindes haben sie ihren Beruf jedoch aufgegeben. Stattdessen engagieren sie sich ehrenamtlich und halten auf dem gesellschaftlichen Parkett die Fäden in der Hand. So verfügen sie über eigenen Status und Einfluss; für das lästige, aber eben notwendige Geldverdienen ist ihr gut funktionierender Mann zuständig. Wieder ein Beispiel dafür, dass es stimmt: Frauen verdienen weniger als Männer. Und das hat seine Gründe. Es wird allerdings immer so dargestellt, als würden die Frauen aus niedrigen Motiven von den Fleischtöpfen der Wirtschaft ferngehalten. Das stimmt sicherlich auch. Mir fehlt aber in der öffentlichen Diskussion ein wichtiger Punkt: Muttis machen genau das, was sie selbst wirklich wollen. Sie bleiben daheim und kümmern sich ums Haus, um ihre Hobbys, ihre sozialen Kontakte und – soweit vorhanden – Kind, während der Mann für das Finanzielle zuständig ist. Der Mikrozensus des Statistischen Bundesamts nennt Zahlen für 2010: In Deutschland leben über 23 Millionen Frauen im erwerbsfähigen Alter. 52 Prozent von ihnen haben keine Kinder. Von diesen sind nur 63 Prozent aktiv erwerbstätig, über ein Drittel kommt also ganz ohne Job aus. Hinzu kommen all jene Frauen, die auch ohne Kind Teilzeit arbeiten, immerhin 32 Prozent der kinderlosen, aktiv erwerbstätigen Frauen. Unterm Strich heißt das: Nur 43 Prozent der kinderlosen Frauen im erwerbsfähigen Alter arbeiten Vollzeit. In den meisten Fällen bringt der Mann das Geld nach Hause. Die bewusste Entscheidung für null oder 20 Wochenstunden kann natürlich auch andere Gründe haben als zum Beispiel den Wunsch, dem Mann den Rücken frei zu halten. Die Frau kümmert sich um ein erkranktes Familienmitglied, oder sie findet keine Vollzeitstelle und arbeitet notgedrungen Teilzeit. Diese Lebensläufe fallen aber anscheinend statistisch nicht so sehr ins Gewicht.
Nicht arbeiten, obwohl sie könnten – das dürfen Frauen natürlich, denn in einer Partnerschaft ist schließlich alles eine Sache der Absprache. Mich stört nur, dass Muttis so tun, als ob sie die Opfer einer frauenfeindlichen Gesellschaft oder gar einer verschworenen Männermafia seien.
Dass selbst Frauen, die mit hoher Bildung und Kompetenz gute Chancen auf eine eigene Karriere haben, diese Karriere gern zugunsten der Hausfrauen- und Mutterrolle aufgeben, widerspricht vollkommen der herrschenden Wahrnehmung. Über Jahre wurde von den Medien immer wieder betont, dass Akademikerinnen viel zu wenig Kinder bekommen; das war das bevorzugte Erklärungsmuster der Experten, die nach Gründen für den Geburtenrückgang in Deutschland suchten. Die kinderlose Akademikerin, die viel Zeit und Energie in ihre Ausbildung und ihren Job gesteckt hat und nun Karriere machen wollte – das war die Realität allerdings nur bis Anfang der 1990er-Jahre. Professor Rainer Hufnagel vom Institut für Ökonomische Bildung an der Westfälischen-Wilhelms-Universität Münster hat genau den gegenläufigen Trend nachgewiesen. Die statistischen Daten aus den Jahren 1996 bis 2002 zeigen: Je gebildeter eine Mutter, desto mehr Kinder bringt sie auf die Welt. »Drei Sprösslinge sind die Regel, fünf nicht ungewöhnlich«, sagt auch die Frankfurter Allgemeine Zeitung in dem bereits erwähnten Artikel über die Taunus-Mamis. Und folgert: »Diese Frauen verabschieden sich vom Kampf um den beruflichen Aufstieg, um Posten oder eine Gehaltserhöhung – all das überlassen sie den Männern. Sie genießen die Freiheiten eines privilegierten Lebens.«
Ist das die ganze Wahrheit? Jetzt will ich es genau wissen: Die aktuellen Daten des Statistischen Bundesamtes von 2012 zeigen zunächst, dass immer weniger Frauen Kinder bekommen. Erst einmal einfach nur, weil es aufgrund der demografischen Negativspirale der letzten Jahrzehnte immer weniger Frauen im gebärfähigen Alter gibt. Aber unter diesen Frauen, die ein Kind bekommen könnten, ist der Anteil der Frauen, die kinderlos bleiben, in den letzten Jahrzehnten dramatisch angestiegen. Lag der Anteil kinderlos gebliebener Frauen zur Mitte des letzten Jahrhunderts noch bei ungefähr 10 Prozent, so verdoppelte er sich bei den in den 1960er-Jahren geborenen Frauen auf über 20 Prozent; Tendenz
Weitere Kostenlose Bücher