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Mutti ist die Bestie: Die heimliche Diktatur vieler Mütter (German Edition)

Mutti ist die Bestie: Die heimliche Diktatur vieler Mütter (German Edition)

Titel: Mutti ist die Bestie: Die heimliche Diktatur vieler Mütter (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torsten Milsch
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ein soziales Netz muss an mehreren Eckpunkten befestigt sein, damit es trägt.
    Doch Mutti duldet niemanden neben sich. Sie will diejenige sein und bleiben, zu der ihre Kinder mit allen Sorgen und Nöten kommen. Sie mischt sich in jeden Lebensbereich ihrer Sprösslinge ein, auch wenn diese längst volljährig sind. Partnerwahl, Berufswahl, Lebensstil – bei allem gibt sie nicht nur ihren mütterlichen Rat, sondern erwartet auch, dass er dankbar befolgt wird. Denn Mutti weiß es am besten. Sie hat die Kinder schließlich von der ersten Lebensminute an begleitet und kennt sie in- und auswendig. Das soll gefälligst respektiert werden.
    Für Mutti ist es lebensnotwendig, der einzige, jedenfalls der stabilste Bezugspunkt im Leben ihrer Sprösslinge zu sein. Denn ihr ist klar: Wenn die Kinder anderen Menschen Zeit und Aufmerksamkeit schenken, bleibt weniger für sie übrig.
    Also versucht Mutti, die Beziehungen ihrer Kinder zu kontrollieren: die Beziehung zum Vater, zu Freunden, zur Partnerin. Sie sorgt dafür, dass an allen diesen Stellen entweder schwache Personen sitzen, die ihr nicht gefährlich werden können, oder solche, die genauso ticken wie sie selbst und ihre Position unterstützen und dankbar begrüßen. Auf diese Weise gibt es im Kosmos der Kinder keine Alternative. Es kann nur eine Sonne geben. Doch weder die Mutti noch ihr Kind realisieren, dass dieser Absolutheitsanspruch, diese von Mutti forcierte und mit Zähnen und Klauen verteidigte totale und enge Bindung das völlige Gegenteil von echter Liebe ist.
    Dabei täte eine zunehmende Selbstständigkeit des Kindes auch der Mutter gut. Endlich wieder mehr Freiräume für sich selbst! Wenn das Kind auf eine Wochenendfreizeit fährt, kann sie endlich mal wieder allein etwas unternehmen. Wenn der Teenager mehrmals in der Woche auch nachmittags Schule hat oder nach der Schule direkt zu seinen Freunden oder den verschiedenen Freizeitaktivitäten geht, könnte die Mutter ihre Berufstätigkeit wiederaufnehmen oder aufstocken. Wichtiger als eine Rund-um-die-Uhr-Bereitschaft, um dem Bild einer treu sorgenden Mutter zu entsprechen, ist die verlässliche Bereitschaft, wenn es hart auf hart kommt, zu seinem Kind zu stehen.
    Die Mutter könnte also dem Kind einen Hausschlüssel in die Hand drücken und sagen: »Wenn du vor mir zu Hause bist, kannst du dir ja eine Ladung Spaghetti kochen – und mach gleich auch noch welche für mich!«
    So weit die Theorie. In der Praxis fällt es vielen Müttern schwer, ihre Kinder ziehen zu lassen und ihr eigenes Leben wieder in die Hand zu nehmen. Denn für eine Mutti ist jedes Anzeichen dafür, dass ihre Kinder sie nicht mehr ständig brauchen, sich immer öfter auch ohne sie wohlfühlen, eine Zurückweisung. Wenn der Sohn anfängt, selbst zu kochen, fragt sie sich: Schmeckt ihm mein Essen nicht mehr? Wenn er lieber mit Freunden in die Ferien fährt als mit den Eltern, denkt sie: Wird ihm unsere Gesellschaft langweilig? Bin ich nicht mehr gut genug?
    Mutti braucht ständige Bestätigung durch ihre Kinder, weil es ihr an dem nötigen Selbstbewusstsein fehlt, auch ohne Lob von außen zu beschließen: »Das habe ich gut gemacht!« Sie drängt den Kindern ihre Nähe auf, weil sie selbst sie braucht. Sie bietet Nestwärme, weil sie selbst nur dann Wärme erlebt, wenn ihre Kinder greifbar und dankbar sind. Sie braucht es, dass andere Menschen von ihr abhängig sind – weil sie selbst abhängig ist von anderen. Erst die Gewissheit, gebraucht zu werden, gibt ihr Stabilität.
    Muttis halten sich an ihren Kindern fest und lassen sie nicht gehen. Wenn sie ganz ehrlich wären, müssten sie sich eingestehen: Nicht um mein Kind zu stützen, halte ich es fest. Sondern um mich auf ihm abzustützen. Meine Tochter, mein Sohn braucht mich immer weniger, aber ich brauche sie immer noch genauso. Das ist der Grund, warum Muttis ihre Kinder so schwer loslassen können. Nur starke Menschen können loslassen. Schwache Menschen klammern.
    Die Angst vor der Leere
    Ich bin überzeugt davon, dass Muttis ihre Kinder daran hindern, ein vielseitiges Beziehungsnetz aufzubauen, weil sie selbst keins haben. Ihre einzige stabile Beziehung ist die zu ihren Kindern. Wenn die wegfällt oder sich abschwächt, weil ihre Kinder aus dem Haus gehen, wird Mutti plötzlich ganz schön einsam. Davor hat sie Angst. Die meiste Zeit verbringt Mutti schließlich mit ihren Kindern. Frühstück, Mittagessen, Nachmittage voller Fahrdienst und Hausaufgabenbetreuung, die abendliche

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