My Story - Streng geheim - Kein Kuss fuer Finn
als plötzlich der Vorhang zur Seite geschlagen wurde und Mehli vor uns stand.
»Was ist denn hier los?« Sein Blick blieb an Lukasâ Fingern hängen, die sich immer noch in meinen Arm krallten. Sofort zog Lukas die Hand zurück. Es kostete mich einige Mühe, mir den schmerzenden Arm nicht zu reiben.
»Lukas hat ein Problem mit seinem Kostüm.« Obwohl ich mich am liebsten hinter Mehli verkrochen und ihn gebeten
hätte, Lukas ordentlich zu verdreschen, zwang ich mich zu einem Grinsen. »Er findet seine Hosen zu pluderig.«
Mehli betrachtete mich einen Moment lang derart argwöhnisch, dass ich schon fürchtete, er würde mir kein Wort glauben. Dann seufzte er: »Mann, Richter, deswegen heiÃen sie Pluderhosen.«
»Ein Zitronenfalter faltet auch keine Zitronen - also ist es wohl kein geschriebenes Gesetz, dass Pluderhosen pluderig sein müssen!« Lukas machte auf dem Absatz kehrt und verschwand in einem bühnenreifen Abgang hinter dem Vorhang.
»Der hat echt einen an der Waffel«, meinte Mehli, kaum dass Lukas verschwunden war. »Zu schade, dass er einen so hervorragenden Romeo abgibt, sonst hätten wir bestimmt längst einen Weg gefunden, ihn aus der AG zu werfen.«
Lukas war tatsächlich verdammt gut. Er schaffte es nicht nur, seine Rolle überzeugend zu spielen, sondern auch seinen Text innerhalb kürzester Zeit intus zu haben. Und es sah sogar so aus, als würde ihm die Schauspielerei Spaà machen. Leider führte er sich auch auf wie eine Diva und trieb uns alle damit in den Wahnsinn. Mal war es zu zugig in der Aula, dann hämmerten ihm die Kulissenbauer zu laut, während er versuchte, sich auf seinen Text zu konzentrieren. An den Kostümen hatte er sowieso immer was zu meckern, wenn er nicht gerade durstig war und einen Dummen suchte, der loszog, um ihm etwas zu trinken zu holen. Die Einzigen, die sich von ihm nicht herumscheuchen lieÃen, waren Finn und Herr Müller.
Solange es offizielle Proben waren, bei denen Herr Müller anwesend war, hielt sich Lukasâ Terror in Grenzen. Richtig ungemütlich wurde es meistens dann, wenn wir uns auÃerplanmäÃig, ohne Herrn Müller, trafen, um am Stück zu arbeiten.
In den nächsten Wochen standen neben den Theaterproben auch noch einige Schulaufgaben an. Da wir uns während der letzten Wochen recht wenig um Unterricht und Hausaufgaben gekümmert und uns stattdessen die meiste Zeit in der Aula herumgetrieben hatten, hingen wir mit dem Stoff hoffnungslos hinterher. Umso begeisterter war ich, als Finn mich ein paar Tage nach dem Zusammenstoà mit Lukas fragte, ob wir zusammen lernen wollten. Nur er und ich, denn Mehli hatte anderen Stoff und andere Schulaufgabentermine.
»Klar!«, rief ich sofort, vielleicht ein wenig zu begeistert.
»Prima.« Finn zögerte kurz, dann fragte er: »Macht es dir was aus, wenn wir bei dir lernen? Ich hab zu wenig Platz.«
Ob es mir etwas ausmachte? Nicht die Bohne! Von mir aus konnte er gleich mit Sack und Pack bei mir einziehen! »Das ist schon okay. Ich hab einen groÃen Schreibtisch.«
Er grinste zufrieden. »Dann komme ich nach der Schule gleich mit zu dir.« Plötzlich zögerte er. »Oder ist es deiner Mutter vielleicht nicht recht? Ich meine, ich kann auch etwas später kommen, falls du noch Mittagessen willst, oder so.«
Warum war er auf einmal so nervös? Hatte er etwa Angst vor seiner zukünftigen Schwiegermutter? Dabei kannte er Mom noch gar nicht.
»Unsinn!« Marius brachte auch ständig irgendwelche seiner Skater-Kumpel zum Essen mit. Diesmal war eben ich dran. »Mom hat bestimmt nichts dagegen, wenn du bei uns mit isst. Dann bleibt uns auch mehr Zeit zum Lernen.«
»Prima!«, sagte er noch einmal.
Je näher der Schulschluss an diesem Tag rückte, umso mehr wuchs meine Aufregung. Seit wir in München waren, hatte ich noch nie jemanden mit nach Hause gebracht. Dass ausgerechnet ein Junge der Erste war, würde meine Eltern
bestimmt neugierig machen. Ich hoffte, dass sie sich alle - besonders Marius - genug im Griff hatten, keine Kommentare darüber abzugeben, was für ein hübscher Junge Finn doch war oder ob er nicht mit mir ausgehen wolle. Wenn sie damit wenigstens warten würden, bis Finn wieder fort war, wäre ich schon zufrieden.
Abgesehen davon wurde ich allmählich nervös. Wir hatten in den letzten Wochen viel Zeit miteinander
Weitere Kostenlose Bücher