My Story - Streng geheim - Kein Kuss fuer Finn
geschlagen gebe?«
»Ziemlich wahrscheinlich.«
Ich öffnete die Tür und sah auf den Gang hinaus, um sicherzugehen, dass Mom nicht in der Nähe war. Als ich sie in der Küche hantieren hörte, schloss ich die Tür wieder. »Setz dich«, sagte ich zu Finn und deutete auf den Korbsessel in der Ecke.
Sobald er saÃ, zog ich meinen Schreibtischstuhl heran und hockte mich darauf. »Du musst mir erst versprechen, niemandem davon zu erzählen«, verlangte ich.
»Ich schweige wie ein Grab«, erwiderte er grinsend und fügte dann noch »Ehrenwort« hinzu.
Ich seufzte. »Das alles war ein hervorragend ausgeklügelter Plan ⦠der dann irgendwie doch in die Hose gegangen ist.«
Ich hatte vorgehabt, ihm in aller Kürze von meinem »Zurück nach Einbeck«-Vorhaben zu erzählen. Stattdessen erwischte ich mich dabei, wie ich ihm alles haarklein in schillernden Farben berichtete. Von Sophies und Mariusâ Verrat, Jennys Benehmen, das mir immer fremder geworden war, und meinem Bestrafungsoutfit. Es tat unglaublich gut, mir endlich alles von der Seele zu reden. Die Sache mit Sophies iPod und Lukasâ Erpressung lieà ich allerdings unter den Tisch fallen.
»Du wolltest wirklich wieder von hier fort?«, fragte er, als ich endlich fertig war.
Ich nickte.
»Zurück in dein Kaff?«, hakte er ungläubig nach. »Und auf meine charmante Gesellschaft verzichten?«
Wie war das nun wieder gemeint? Ich betrachtete ihn eingehend und versuchte zu erkennen, ob er einen Scherz gemacht hatte oder womöglich herauszufinden versuchte, welche Wirkung er auf mich hatte. Leider war ich schlecht darin, in Gesichtern zu lesen. Mehr als sein Grübchen-Grinsen konnte ich nicht entdecken. Und das brachte mich - abgesehen davon, dass es mir Herzklopfen bescherte - nicht entscheidend weiter.
»Japp«, sagte ich deshalb nur.
Sein Grinsen wurde breiter und noch immer verstand ich nicht, was er mir damit sagen - ob er überhaupt etwas damit sagen wollte.
»Und wenn du deine Eltern genug bestraft hast, wirfst du den ganzen Goth-Kram wieder weg?«
»Eine Weile werden sie wohl noch leiden müssen.«
»Ich fände es schade, wenn du dich von den Sachen trennst«, meinte er dann. »Sie stehen dir.«
Jetzt war ich platt. »Du wirfst ganz schön mit Komplimenten um dich.«
»Bin eben groÃzügig.« Er trank einen Schluck von seiner Cola, wobei er mich über den Glasrand hinweg beobachtete. Als er es wieder abstellte, sagte er: »Wusstest du, dass ich Kurzgeschichten und Gedichte schreibe?«
Kurzgeschichten konnten meine Hirnwindungen noch verarbeiten. Beim Rest wurde es schon schwieriger. »Gedichte?«, wiederholte ich erstaunt.
»Kein Liebeskram, eher witziges Zeug«, erklärte er schnell. »Ich würde gerne ein Theaterstück schreiben. Etwas, das dann in der Schule aufgeführt wird.«
»Im Ernst? Hast du damit schon angefangen?«
»Ein bisschen herumgekritzelt. Aber mir fehlt noch die zündende Idee.«
Ich weià nicht, was mich mehr beeindruckte: dass er schrieb oder dass er mir davon erzählte. Wenn das mein Hobby wäre, würde ich alles tun, damit nie jemand etwas davon erfuhr. Nicht auszudenken, was er sich alles würde anhören müssen, wenn Typen wie Lukas davon Wind bekämen.
Lukas! Heilige Salzkartoffel, das war die Lösung meines Problems! Ich war plötzlich so aufgeregt, dass ich alle Hände voll zu tun hatte, Finn nichts davon merken zu lassen.
Nachdem wir unsere Geheimnisse ausgetauscht hatten, wurde es Zeit, endlich unsere Nasen in die Schulbücher zu stecken. Die nächsten Stunden schafften wir es tatsächlich, uns ohne Ablenkung - wenn man mal von Cola und Bienenstich absieht - auf Mathe und Physik zu konzentrieren.
Als Finn später aufs Klo verschwand, um seine Cola fortzutragen, blätterte ich hastig seinen Ordner durch. Tatsächlich fand ich zwischen einigen Arbeitsblättern ein lose eingelegtes Papier mit seiner Handschrift. Ein rascher Blick genügte, um zu sehen, dass es sich dabei nicht um Lösungen,
sondern um etwas anderes handelte. Ob es ein Gedicht oder eine Geschichte war, konnte ich auf die Schnelle nicht erkennen. Das würde ich noch früh genug herausfinden. Ehe Finn wieder ins Zimmer kam, nahm ich den Zettel aus dem Ordner und lieà ihn in meiner Schreibtischschublade verschwinden.
Obwohl mich mein Gewissen
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