My Story - Streng geheim - Sechs Kuesse für Lulu
her zu torkeln, aber das reichte schon.
Und dann kamen wir bei den Nilpferden vorbei und Moritz war noch mehr begeistert. Die Nilpferde hatten nämlich auch ein Baby. Von dem man allerdings nicht viel mehr zu sehen bekam, als ab und zu seinen kleinen runden Kopf, wenn es in dem grünbraunen Brackwasser nach Luft schnappte. Aber Moritz war trotzdem begeistert. Das Hörnchen auf seiner Stirn leuchtete inzwischen vor Begeisterung wie ein rotes Ampelmännchen. Und Moritz war natürlich absolut davon überzeugt, dass die Eisbären auch ein Baby hätten.
»Sie müssen einfach ein Baby haben«, plapperte er aufgeregt vor sich hin. »Alle haben Babys, seht ihr ja. Und das Eisbärenbaby ist garantiert noch besser als die anderen Babys! Und dann machen wir erst mal jede Menge Fotos und das beste Foto schicken wir an die Fernsehzeitung und kriegen das neue Mercedes-Cabrio!«
»Was?«, fragte mein Vater. »Wieso an die Fernsehzeitung? Und was für ein Mercedes-Cabrio?«
»Da gibt es so einen Fotowettbewerb«, plapperte Moritz weiter. »Und da muss man nur irgendein Foto von einem Tierbaby hinschicken, egal von welchem, und dann kriegt man ein Mercedes-Cabrio. Aber ich habe mir überlegt, dass das natürlich auch noch andere Leute machen! Also kriegen sie da bei der Fernsehzeitung jede Menge Fotos von kleinen Hunden und kleinen Katzen und kleinen Hamstern und so, und wir müssen schon mit was Besonderem kommen, wenn wir gewinnen wollen! Und ein Foto von einem kleinen Eisbären ist was Besonderes, oder? Was ganz Besonderes sogar!«
Moritzâ Hörnchen leuchtete mittlerweile so sehr, dass ich befürchtete, es würde gleich platzen.
»Und du glaubst nicht, dass auch noch andere Leute auf die Idee kommen, das Eisbärenbaby zu fotografieren?«, fragte ich vorsichtig. Nur um zu vermeiden, dass mein kleiner Bruder sich schon mit Tempo 220 in seinem neuen Cabrio über die Autobahn brettern sah.
»Aber keiner kriegt ein Foto hin, wo gerade ein kleiner Junge und ein kleiner Eisbär nebeneinander mit einem Köpper ins Wasserbecken springen!«, erklärte Moritz ernsthaft.
»Ich glaube nicht, dass du zu den Eisbären ins Gehege klettern solltest«, gab mein Vater leicht genervt zu bedenken. »Ich fürchte auch, das würde dir nicht sonderlich gut bekommen...«
»Mann, Papa, ich bin doch nicht blöd!«, beschwerte sich Moritz und schien es nicht fassen zu können, dass wir keine Ahnung von gar nichts hatten. »Ich muss doch überhaupt nicht ins Gehege. Ich gehe einfach morgen ins Freibad, und da machen wir ein Foto, wie ich ins Wasser springe. Und heute fotografieren wir schon mal den Eisbären, wie er springt. Und dann müssen wir nichts weiter machen, als die beiden Fotos übereinanderzukopieren und zack!, haben wir das Bild, mit dem wir das Cabrio gewinnen!«
Er guckte uns der Reihe nach triumphierend an.
»Also so ein Mercedes-Cabrio würde mir ja schon gut gefallen«, meinte meine Mutter.
Und ich war wieder mal in meinen Grundfesten erschüttert. Ich meine, meine Mutter ist Mathelehrerin! Aber scheinbar konnte sie trotzdem nicht zählen. Noch nicht mal bis vier! Denn jeder halbwegs normale Mensch weiÃ, dass ein Cabrio nur zwei Sitze hat.
Es sei denn, überlegte ich weiter, dass meine Mutter das Cabrio tatsächlich nur für sich haben wollte. So was soll es ja geben. Dass Leute mit fortschreitendem Alter immer egoistischer werden. Ich hatte bisher nur nicht gedacht, dass es auch bei meiner Mutter schon so weit sein könnte. Ich war mir jedenfalls nicht ganz sicher, welche Version mir lieber wäre. Irgendwie waren beide Alternativen nicht besonders erfreulich. Entweder ich hatte eine Mathelehrerin als Mutter, die noch nicht mal bis vier zählen konnte, oder meine Mutter war eine egoistische Ziege, die es glatt fertigbrachte, Mann und Kinder mitten auf der StraÃe stehen zu lassen, während sie sich in ihrem Cabrio den Wind um die Ohren wehen lieÃ. Von Tutnix mal ganz zu schweigen. Also nicht dass der sich auch den Wind um die Schlappohren wehen lassen konnte, nein, er würde nur zusammen mit mir und meinem kleinen Bruder und unserem alten Vater noch eine letzte Abgaswolke ins Gesicht geblasen kriegen und das warâs dann â¦
»Ein Cabrio ist lächerlich«, riss mich mein Vater aus meinen Gedanken. »Ein Cabrio ist nur was für Spinner, die sich wichtigmachen
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