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My Story - Streng geheim - Traumtaenzer gesucht

Titel: My Story - Streng geheim - Traumtaenzer gesucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beatrix Mannel
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langen Haarsträhnen um den Zeigefinger und zuckt mit den Schultern, »dann lass es doch einfach und werde, wie deine Mutter vorgeschlagen hat, Bibliothekarin oder Lehrerin.«
    Sie beendet ihren Vortrag mit einem unverschämten Feixen, das mich zum Lachen bringt. »Okay, du hast gewonnen. Was sind das für Übungen?«
    Â»Die mail ich dir später. Mama könnte jeden Moment reinkommen, also lass uns lieber weiterquatschen, jedenfalls so lange, bis sie mich erwischt, ja? Kannst du endlich deine Julia-Szene auswendig?«
    Ich nicke, greife aber vorsichtshalber nach dem Reclamheft, das auf meinem Schreibtisch neben dem Laptop liegt, und schlage die Seite auf.
    Â»Dann los, spiel’s mir vor!«
    Â»Was, jetzt, einfach so?«
    Sonny stöhnt wieder, diesmal völlig angenervt. »Nein, in
drei Jahren oder in zehn. Mach schon, wer weiß, wie lange wir noch Zeit haben.«
    Ich werfe einen letzten Blick auf den Text, räuspere mich ein paar Mal und fange dann an:
    Julia!
»Du weißt, die Nacht verschleiert mein Gesicht,
Sonst färbte Mädchenröte meine Wangen
Um das, was du vorhin mich sagen hörtest.
Gern hielt ich streng auf Sitte, möchte gern
verleugnen, was ich sprach; doch weg mit Form.
Sag, liebst du mich? Ich weiß, du wirsts bejahn...«
    Â»Stopp, stopp!«, kreischt Sonny am anderen Ende der Welt und klingt schrecklich nah. »Nele, das ist ja gruseliger Scheiß!«
    Â»Für den Text kann ich doch nichts!«
    Â»Nicht der Text, du bist schrecklich!«
    Am liebsten würde ich meinen Laptop ausschalten. Das sind genau die Kommentare, die ich jetzt noch brauche.
    Â»Danke, sehr freundlich.«
    Â»Es klingt so aufregend, als würdest du Kochrezepte vorlesen!«
    Â»Wär ja auch mal’ne originelle Idee für das Vorsprechen: Zwei Pfund Zucker, eine Prise Salz...«
    Â»Willst du es nicht kapieren oder tust du nur so? Nele, man muss da mehr Gefühl reinlegen.«
    Â»Hab ich doch!«
    Â»Wenn das deine Gefühle sind, dann rede ich offensichtlich gerade mit einer Leiche! Ich hab dich auf Video, ich schick’s dir per Mail, dann wird dir bestimmt klar, was ich meine.«

    Plötzlich dreht sie sich nach hinten um. Dann höre ich laute Stimmen und dann nichts mehr.
    Der Bildschirm wird schwarz. Erwischt!
    Ich stiere auf den Text. »Sag, liebst du mich? Ich weiß, du wirst’s bejahn.« Diese Julia klingt fast wie Isa. Vielleicht sollte ich mir doch ein anderes Stück aussuchen.
    Ping!
    Sonny hat mir die versprochenen Mails geschickt. Gleich zwei. Ich klicke zuerst die mit dem Videosymbol an, die Julia-Szene.
    Ich kann kaum glauben, was ich da sehe. Es ist zuuuuu schrecklich! Meine Julia ist so lebendig und ansprechend wie abgeschnittene Zehennägel.
    Jetzt kapiere ich, was Sonny gemeint hat. Jemand, der fragt: »Sag, liebst du mich?«, sollte dabei nicht wie ein verschüchtertes Eichhörnchen auf den Boden starren und vor sich hin flüstern. Außerdem habe ich beim Flüstern alles vernuschelt, man versteht die einzelnen Worte nicht.
    Puh, da muss ich aber noch sehr viel üben.
    Ich klicke sofort Sonnys Liste mit den exercises an.
    Zur Verbesserung der Aussprache soll man mit einem Korken im Mund den Text aufsagen. Ich laufe rüber in die Küche und finde in der Kruschschublade auch einen. Bevor ich den in den Mund stecke, spüle ich ihn ab. Trotzdem schmeckt er, als würde man an einer Serviette lutschen, die mit altem Rotwein getränkt ist.
    Ich laufe zurück in mein Zimmer, nehme den Text und gehe ins Bad, vor den Spiegel, denn Sonny schreibt, man soll sich dabei im Spiegel beobachten.
    Â»Hu hchaiss, iiehh hacht heheit«, ist alles, was ich von »Du weißt, die Nacht verschleiert« herausbringe, bis es mich so würgt, dass ich den Korken ins Becken spucken muss.

    Hat ja super geklappt. Nicht übel, lobe ich mich. Du wirst ein Weltstar, Nele. Ich trinke ein paar Schluck kaltes Wasser, spüle den Korken ab und stopfe ihn wieder in den Mund. Das werden wir ja noch sehen, wer da zäher ist, der Korken oder ich.
    Ich probiere es erneut, dann noch mal und noch mal und noch mal. So etwa beim zehnten Mal finde ich durchaus, dass ich es etwas besser mache. Ich atme jetzt auch anders, das ist vielleicht der Witz dabei, dann muss man auch nicht mehr würgen.
    Für heute reicht es mir. Ich spüle den Korken ab und gehe zurück in mein Zimmer, um mir die restlichen

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