My Story - Streng geheim - Traumtaenzer gesucht
auf, schaue herum und bemerke, wie alle rasch ihren Blick senken, und antworte dann mit sehr lauter, klarer Stimme: »Ja, ohne den Darm geht gar nichts!«
Die Frau nickt mir hocherfreut zu. »So isses, junges Fräulein. Ich muss jetzt raus, zu meiâm Enkel.« Sie steht auf, greift nach ihren Tüten, bringt sie durcheinander. Ich helfe und reiche sie ihr.
Das also war mein Experiment. Bravo, Nele!
Jemand setzt sich neben mich und zupft mich am Ãrmel.
Als ich aufschaue, möchte ich auf der Stelle aussteigen. Den kann ich ja jetzt überhaupt nicht gebrauchen.
»Ich muss mit dir reden«, flüstert Leo, »ganz dringend!« Er wirft mir intensive Blicke unter seiner Lockenpracht zu.
»Wo kommst du denn her?« Bei der Vorstellung, wie ich aus voller Kehle das Lied schmettere, während Leo im Bus hockt und sich wieder totlacht über die »Unscheinbare«, bin ich überglücklich, dass ich es nicht getan habe.
»Ist doch egal.« Er zupft ungeduldig an seinem roten Stirnband. »Hör mal, lass uns aussteigen und was trinken gehen, ich...«
»Nö, keine Lust, Unscheinbare sind da etwas eigen, weiÃt du. Unscheinbare hassen es, wenn sie mies behandelt werden. Also steck dir dein Angebot irgendwohin!«
»Ich verstehe, dass du sauer auf mich bist, aber du musst mir eine Chance geben, dir alles zu erklären, ja?«
Muss ich? Wenn ich daran denke, wie er vor all den Typen seine Show auf der Party abgezogen hat, mit seinem Geprahle über Unscheinbare. Pah!
Plötzlich kommt mir eine groÃartige Idee, wie ich heute doch noch meine Ãbung zu Ende bringen kann.
»Hören Sie sofort auf, mich zu begrapschen! Nehmen Sie Ihre Finger von mir!«, schreie ich, und es ist mir eine Genugtuung, zu beobachten, wie sich alle, wirklich alle, ruckartig zu uns umdrehen und Leo misstrauisch anstarren. Leo sieht mich verblüfft an.
»Jetzt tut er so harmlos! Dabei hat er eben noch obszöne Sachen zu mir gesagt!«, lege ich nach und gebe vor, mir eine Träne wegzuwischen.
Leo hebt abwehrend die Hände, wie zum Beweis dafür, dass er sie nie woanders als auf seinem Schoà hatte.
Ich höre, wie ein Murmeln durch den Bus geht. »Abscheulich... dreist... unglaublich!«
»Du Biest!«, flüstert Leo und steht auf. »Wir sehen uns bald wieder!«
»Ein Perverser!«, kreische ich. Es fällt mir absolut leicht.
Leo geht zur Tür, wo ihm bereitwillig der Weg frei gemacht wird.
Als sich die Türen hinter ihm schlieÃen, spüre ich merkwürdigerweise keinen Triumph mehr. Dabei dachte ich, das wäre eine prima Rache.
Leo sah blass aus, schon bevor ich herumgebrüllt habe. Er muss dort eingestiegen sein, wo die alte Frau ausgestiegen ist, am Krankenhaus. Vielleicht hat er dort jemanden besucht. Egal. Hauptsache, ich kann Sonny erzählen, dass ich die Ãbung gemacht habe, die Details kann ich ja weglassen.
18. Listen (Dreamgirls)
A ls ich abends nach meinem Training nach Hause komme, erlebe ich eine Ãberraschung.
Mama hat sich die Haare gefärbt, sie sind jetzt schokobraun mit kupfernen Reflexen. Sie sieht damit wunderschön aus, satte zehn Jahre jünger, und hat nichts mehr von einer Verkehrsampel.
Sie fängt mich im Flur ab und winkt mich geheimnisvoll in die Küche. »In deinem Zimmer wartet ein junger Mann.«
Ix, das wäre...! Nein, unmöglich, dann würde Mama nicht von einem jungen Mann, sondern von Ix sprechen. Oder hat sich Ix vielleicht entschlossen, mich zu überraschen? Unwahrscheinlich, warum sollte er?
Ich stürme in mein Zimmer.
Leo liegt breit auf meinem orangen Flokati und starrt die Decke an. Sofort springt er auf und breitet entschuldigend die Hände aus.
»Was soll das? Verfolgst du mich?«, fauche ich.
»Nein. Ich will nur mit dir reden, aber du gibst mir ja keine Chance. Also dachte ich, ich komm hierher. In der Musicalschule hatten sie ja zum Glück deine Adresse.«
»Ich könnte dich immer noch hochkant rauswerfen!«
Er grinst unsicher und ballt seine Fäuste demonstrativ. »Ja, könntest du, aber so stark bist du nicht, und deine Mutter
auch nicht. Das hast du mir übrigens gar nicht erzählt, dass deine Mutter die Ivana Lake war.«
»Spielt das eine Rolle?«
»Nein, schon gut. Nele, darf ich dir jetzt endlich sagen, dass es mir unheimlich leidtut, was ich auf der Party gesagt habe. Du bist nicht unscheinbar oder
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