My Story - Streng geheim - Verrueckt nach Mark
neben sie auf den Sitz fallen.
»Machen wir doch auch nicht!«, entgegnet Bine. »Wir machen
uns Gedanken wegen deiner Annonce. Hast du deiner Mutter das Geld aus dem Kreuz geleiert bekommen?«
»Ja, das habe ich«, antworte ich. »Aber wir wollten doch gemeinsam einen Text aufsetzen.«
»Na was denkst du denn, was wir jetzt machen? Wir haben dir nur schon mal ein Textbeispiel aufgesetzt.«
Sie reicht mir den Block, damit ich das Beispiel begutachten kann. Es liest sich haarsträubend:
Mark, seit ich dich gesehen habe, kann ich dich nicht vergessen. Melde dich doch! Luna
»Klingt wie aus einem Heftroman«, sage ich. Offenbar haben mir die beiden nicht richtig zugehört, als ich erzählt habe, wie ich Mark kennengelernt habe. Bei dem, was sie da schreiben, wird er sich sicher nicht angesprochen fühlen.
»Aber es ist so romantisch«, wendet Bine ein.
»Ja, aber leider nützt es mir nichts. Bei der Anzeige erkennt er sich bestimmt nicht wieder.«
»Und was würdest du schreiben?«, fragt Bine und steckt den Schreibblock mit etwas enttäuschter Miene wieder ein.
»Ich schreibe ihm einfach, dass er mir die Tasche gebracht hätte und dass ich ihn wiedertreffen möchte. Ganz einfach. So viele Leute wird es doch nicht geben, die irgendwem die Tasche wiederbringen.«
Nico grinst breit. »Oh, Berlin ist groÃ.«
»Aber nicht so groÃ, dass so was an einem Tag hundertmal passiert«, entgegne ich.
»Okay, wie du meinst«, sagt Bine, noch immer ein wenig sauer, weil ich ihren Text nicht mochte, aber ich bin mir sicher, dass das vergehen wird.
Â
Der Schultag vergeht ohne besondere Höhepunkte. Frau Sobius schafft es mal wieder nur fast, uns totzulangweilen, und
Bianca hält Ruhe. Bine kriegt sich schlieÃlich wieder ein und gibt zu, dass meine Idee doch nicht so verkehrt ist.
Nachdem ich aus dem Schulbus ausgestiegen bin, stiefele ich zur Anzeigenannahme der Lokalzeitung. Ich muss verrückt sein! Aber ich kann einfach nicht anders. Immerhin habe ich Mama das Geld abgeschnorrt, also muss ich es auch anlegen.
Die Annahmestelle ist nicht weit von unserem Haus entfernt. Eigentlich ist es ein kleiner Tante-Emma-Laden, der sich mit Annoncen und Tippscheinen über Wasser hält, denn nur selten verirren sich ein paar Leute hierher, um einzukaufen. Dafür gibt es zu viele Supermärkte in der Stadt.
Die Türglocke bimmelt laut, als ich eintrete. Sehen kann ich zunächst niemanden hier. Doch schlieÃlich taucht eine angegraute Dauerwellenfrisur zwischen den Zeitungsregalen auf.
»Na Kleene, was willste?«, sagt die Frau freundlich und kommt auf mich zu.
»Ich würde gern eine Annonce aufgeben«, antworte ich und komme mir dabei irgendwie blöd vor. Was ist, wenn die Frau den Text liest und ihn für Unfug hält?
»Sicher, Kleene, willste dein Fahrrad verkaufen?«
»Nein, ich möchte...« Beinahe hätte ich gesagt, einen Jungen suchen. Das verkneife ich mir schnell und antworte: »Ich möchte jemanden suchen. Jemanden, dem ich danken wollte, der aber zu schnell weg war.«
Die Ladenbesitzerin mustert mich prüfend, so als hätte ich eine Klappe in der Stirn, hinter der man meine Gedanken sehen kann. Dann geht sie hinter ihre Verkaufstheke und holt einen dicken Ordner raus. Als sie ihn aufschlägt, entdecke ich Vorlagen zu allen möglichen Anzeigen.
»Wie viel willste denn berappen?«, fragt sie dann.
Ja, wie viel soll man für sein Glück investieren? Ich hole meine Geldbörse aus der Schultasche und ziehe einen 10-Euro-Schein hervor.
»Würde das reichen?«
So, wie die Frau dreinschaut, reicht es ganz sicher nicht. Ich zücke vorsichtshalber schon mal den zweiten Zehner und zeige ihn der Verkäuferin.
»Für zwanzig Euro kriegste diese GröÃe.« Sie tippt auf eine der Anzeigen. Zum Glück ist es keine Todesanzeige, sondern eine kleine Kontaktanzeige. Ich hatte mich ja schon darauf eingestellt, dass sie klein sein würde, aber dass sie so klein ist, hätte ich nicht gedacht. Wahrscheinlich wird sie zwischen den anderen Anzeigen nicht auszumachen sein.
Aber mehr ist nicht drin, also nicke ich und wenig später schiebt sie mir ein Blatt rüber. Es handelt sich um die Kopie einer Anzeigemaske, in die man den Text eintragen muss. Eigentlich sollte so was doch schon per Computer gemacht werden, aber in diesem Laden ist halt alles
Weitere Kostenlose Bücher