Myanmar - Stefan Loose Reisefuehrer
Kayin-Staat. Östlich von Toungoo siedeln Angehörige der Bwe , u. a. die Karenni oder Kayah (Rote Karen) und die Karennet (Schwarze Karen).
Während der Kolonialzeit galten die Kayin als wichtige Stütze der Briten. Viele genossen eine westliche Ausbildung und machten im Militär Karriere. Als Zeichen des Respekts vor diesem Volk ernannte U Nu nach der Unabhängigkeit Generalleutnant Smith-Dun, einen Kayin, zum ersten Oberbefehlshaber. Doch bereits 1947 formierte sich die Karen National Union (KNU), um für einen eigenen Staat namens Kawthoolei zu kämpfen. Die KNU ist vor allem im thai-birmanischen Grenzgebiet aktiv, hat jedoch in den vergangenen Jahren erheblich an Bedeutung eingebüßt. Viele Kayin mussten vor der Brutalität der birmanischen Armee nach Thailand fliehen. Die Zahl der Flüchtlinge schwankt zwischen 100 000 und 150 000.
Lernen im Kloster
Michael Symes, ein britischer Abgesandter am Hof von Inwa, schrieb in einem Bericht um 1800, dass unter den Handwerkern, Bauern und Fährmännern keiner sei, der nicht lesen und schreiben könne. Bei der Volkszählung von 1901 stellten die Briten erstaunt fest, dass die Alphabetisierungsrate bei birmanischen Männern, die älter als 20 Jahre waren, bei 60,3 % lag. Unter Frauen konnten nur 5,1 % lesen und schreiben. Das relativ hohe Bildungsniveau war die Folge davon, dass seit der Bagan-Ära jedes buddhistische Kloster
(kyaung)
gleichzeitig ein Ort des Lernens war. Neben den Novizen
(koyin)
übten sich dort auch die Dorfkinder in Lesen, Schreiben und etwas Rechnen. In ländlichen Gebieten ist dies vielerorts heute noch üblich.
Begabte Schüler (Novizen wie Laien) durften später eines der regionalen Ausbildungsklöster besuchen, um das Studium der buddhistischen Texte zu vertiefen. Wer das höchste Examen erfolgreich abschloss, den belohnte der König auf großzügige Weise. Er konnte in Staatsdienste treten und seine Familie wurde von Arbeitsdiensten und Steuern befreit.
Beispiel: Inder und Chinesen
Obwohl sie einen bedeutenden Anteil in der Bevölkerung ausmachen, werden die Bewohner chinesischer und indischer Abstammung in den Statistiken nicht extra aufgeführt. Die Inder (birm.
kala)
gelangten während der Kolonialzeit nach Birma und begannen sehr bald Wirtschaft, Verwaltung und Militär zu dominieren. Auf besondere Weise profitierten die vorwiegend aus Südindien stammenden Geldverleiher, die
chettiyar
, von der Kolonialwirtschaft. Im Zuge der Erschließung des Ayeyarwady-Deltas gelangte immer mehr Land in ihren Besitz; in den 1920er- und 1930er-Jahren besaßen sie über die Hälfte aller Reisfelder im Deltagebiet. Damals bestanden auch etwa 50 % der Einwohnerschaft Rangoons aus Indern. Bereits während der japanischen Besatzungszeit kam es zu massiven Übergriffen durch die Birmanen. Viele Inder verließen daraufhin wieder das Land. Die Abwanderungswelle verstärkte sich nach der Unabhängigkeit. Die heutigen, etwa 1 Mio. zählenden Nachkommen sind relativ gut in die Gesellschaft integriert, sprechen vorwiegend Birmanisch und unterscheiden sich in erster Linie hinsichtlich ihrer Religion.
Die Zahl der Chinesen (birm.
tayok)
lässt sich nur schwer schätzen, denn mit der wirtschaftlichen öffnung des Landes seit Anfang der 1990er-Jahre ist eine wahre Migrationswelle zu beobachten.Die grenznahen Städte wie z. B. Lashio im Shan-Staat, aber auch die nordbirmanische Metropole Mandalay werden heute schon wirtschaftlich von den Chinesen beherrscht. In den Städten leben hauptsächlich Einwanderer aus den Küstenprovinzen Südchinas. Im östlichen Shan-Staat überwiegen Chinesen aus dem Yunnan. Dort siedeln zudem chinesischstämmige Volksgruppen wie die Kokang und Shan-Chinesen, Shan Tayok genannt. Schließlich gibt es noch die Panthay, muslimische Chinesen, die seit Jahrhunderten die Handelsrouten zwischen China und Birma bzw. Thailand kontrollieren und sich in einigen Städten Oberbirmas und des Shan-Staates niedergelassen haben.
Bildung – gestern und heute
Verglichen mit den Nachbarn Laos (72,7 %) und Bangladesch (55 %) ist die Alphabetisierungsrate bei den Erwachsenen recht hoch. Sie beträgt gegenwärtig laut UN-Angaben 91,9 %. Es zeigen sich aber gravierende Unterschiede zwischen Stadt und Land sowie zwischen Frauen und Männern. So ist fast jede zehnte Frau (10,8 %) weder des Lesens noch des Schreibens mächtig, bei Männern sind es 5,3 %. Das Analphabetentum ist vor allem in abgelegenen Regionen und unter Bergvölkern verbreitet, da dort Schulen
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