Myanmar - Stefan Loose Reisefuehrer
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Beispiel: Bamar
Seit dem Aufstieg Bagans im 11. Jh. dominieren die heute 35 Mio. Bamar das Land. Ihre Expansion ging auf Kosten anderer Völker, allen voran der Mon und der Rakhine. Von den Mon übernahm das möglicherweise vom Tibetplateau stammende Volk sowohl die Schrift als auch die Religion und entwickelte auf dieser Basis seine eigene kulturelle Identität. Die Bamar haben in Wirtschaft, Kultur und vor allem Politik das Sagen. Kein höheres politisches Amt ist von einem Angehörigen der Minderheiten besetzt. Die Erinnerungen an die vergangenen Kriege und teilweise brutale Unterdrückung der Völker, die ethnische Teilungspolitik während der Kolonialzeit sowie die Ohnmacht gegenüber den zahlenmäßig haushoch überlegenen Bamar erschweren oder verhindern gar die Verständigung mit den anderen Volksgruppen.
Beispiel: Rohingya
Die Nähe zu Südasien und der damit verbundene Handelskontakt hatten einen verstärkten Zuzug muslimischer Händler aus Südindien und Bengalen nach Rakhine zur Folge. Bereits vor Jahrhunderten ließen sie sich in den Städten des schmalen Küstenstreifens nieder und vermischten sich mit den Einheimischen. Nicht wenige standen als angesehene Persönlichkeiten in Diensten der buddhistischen Könige von Mrauk U. Während der Kolonialzeit verstärkte sich der Zuzug bengalischer Muslime. Nach 1948 kamen zudem nicht wenige illegal über die Grenze.
Das verlorene Buch
Wahrscheinlich bescherte die Ursprungslegende der Kayin den christlichen Baptisten-Missionaren den größten Zulauf an Konvertiten. Sie erzählt von einem „Buch des Lebens”, das der Gott Ywa seinem Sohn Kayin einst übergeben habe. Doch Kayin verlor das Buch und erfuhr deshalb Leid und Unterdrückung. Sein „weißer Bruder“ fand es, doch ging er fort und wurde nie wieder gesehen. Dessen Rückkehr erwarten viele Kayin bis heute. Die europäischen Missionare griffen die Legende auf und deuteten die Bibel als das verlorene Buch und Jesus als den zurückgekehrten „weißen Bruder“. Heute sind etwa 30 % der Kayin Christen.
Die Einwanderer entwickelten im Laufe der Zeit ihre eigene birmanisch-muslimische Identität und nannten sich Rohingya. Sie sprechen ein Gemisch aus Bengali, Rakhine und Urdu. Doch bis heute werden sie nicht als eine der 135 Volksgruppen akzeptiert, sondern wie illegale Einwanderer behandelt. Somit befinden sie sich in einem rechtsfreien Raum. In den vergangenen Jahrzehnten kam es immer wieder zu Konflikten. Als 1977 unter Ne Win alle Einwohner registriert und mit Ausweisen versehen werden sollten, wurden die Rohingya ausgenommen und als Illegale abgestempelt. Im darauf folgenden Jahr flohen infolge der damit verbundenen Repressalien über 250 000 Angehörige nach Bangladesch. Zu einer weiteren Fluchtwelle kam es 1992, als nach massiven Übergriffen weit mehr als eine viertel Mio. Rohingya nach Bangladesch flohen. Zwar sind die meisten wieder zurückgekehrt, doch nach wie vor ist ihr legaler Status völlig ungeklärt. Mit etwa 1 Mio. Angehörigen stellen sie über ein Drittel der Gesamtbevölkerung von Rakhine.
Beispiel: Kayin (Karen)
Die Kayin (Karen), mit über 4 Mio. die drittgrößte Bevölkerungsgruppe Birmas, bestehen aus etwa 20 Untergruppen. Die drei größten sind die
Pwo
, die Sgaw und die Bwe. Ihre Herkunft ist schwer zu bestimmen, da auch ihre Sprache nicht leicht einzuordnen ist. Nach eigenen Angaben sind die Kayin mit den Mongolen verwandt und lebten ursprünglich in der chinesischen Wüste Gobi, dem „Land des strömenden Sandes“
(Htee Hset Met Ywa).
Sie sollen bereits im 1. Jt. v. Chr. nach Birma eingewandert sein. Ihr damaliges Siedlungsgebiet nennen sie
Kaw Lah
(Grünes Land). Ob dies alles so stimmt, lässt sich aus heutiger Sicht nicht mehr sagen.
Vermutlich gehören die Pwo zu den ersten Kayin-Siedlern auf birmanischem Boden. Sie ließen sich im Stammland der Mon zwischen Thaton und Kyaikkami nieder. Heute sind sie vor allem im Ayeyarwady-Delta zu finden und unterscheiden sich kaum mehr von den Bamar. Eine Untergruppe der Pwo, die Pa-O, fand ab dem 11. Jh. in den umliegenden Bergen des InleSees eine neue Heimat und neue Religion, den Buddhismus. Heute leben dort etwa 200 000 Pa-O.
Die Sgaw ließen sich anfänglich zwischen den Flüssen Sittoung und Thanlwin nieder, wurden aber später von den Bamar und Mon verdrängt, sodass sie heute an unterschiedlichen Orten leben. Eine Sgaw-Untergruppe, die Pa-Ku (Weiße Karen), lebt an der thai-birmanischen Grenze im heutigen
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